Ums klar auf den Punkt zu bringen: Der CDU-Kreisvorsitzende Hans-Jürgen Irmer ist ein Verschwörungserzähler. Er verbreitet beim Thema Klimawandel Verschwörungsmythen. Er...
Ums klar auf den Punkt zu bringen: Der CDU-Kreisvorsitzende Hans-Jürgen Irmer ist ein Verschwörungserzähler. Er verbreitet beim Thema Klimawandel Verschwörungsmythen. Er leugnet den menschengemachten Klimawandel, den Temperaturanstieg durch von Menschen verursachte CO2-Emissionen. Dabei blendet er aus, dass dies längst eine wissenschaftlich bewiesene Erkenntnis, ein gesicherter Fakt ist. Von Zehntausenden wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Klimawandel sind - je nach Auswertung - 97 Prozent bzw. 99 Prozent dieser Ansicht. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Fakt in sein Klimaschutzurteil aufgenommen.
Irmer sät Zweifel an Fakten, er spricht in der Kreispolitik von "Hysterie", in seinem Gefolge eine andere CDU-Kreispolitikerin von "Schwarzmalerei". Und in seinem "Wetzlar Kurier" führte Irmer jüngst eine veraltete Studie zum schwankenden Einfluss der Sonnenstrahlung auf das Klima an. Ohne zu erklären, dass diese Auswirkungen vergleichsweise marginal sind und dass die Durchschnittstemperatur seit Jahren kontinuierlich steigt, die Intensität der Sonnenstrahlung aber nicht. Als Kronzeugen für seine Klimawandel-Kritik führte er einen "Professor Ameling" an. Ohne zu erwähnen, dass Dieter Ameling ein Ingenieur und Ex-Präsident der deutschen Stahlindustrie, also ein Lobbyist, war.
Man könnte gnädig sagen: "Lasse mer ihm halt sei Meinung. Schadet doch nix." Das ist offenbar auch die Haltung innerhalb der CDU Lahn-Dill, wo Irmers Thesen öffentlich unwidersprochen bleiben. Aber: Doch, es schadet. Erstens ist das "Ob" des menschengemachten Klimawandels keine Meinung, sondern ein wissenschaftlich belegter Fakt. Es ist also eine Frage, wie man in der Politik mit Fakten und wissenschaftlichen Erkenntnissen umgeht. Das zeigte sich ja auch beim Thema Corona. Zweitens kann man auf einem selbst zusammenzementierten Fakten-Fundament eine politische Argumentation aufbauen. Dann ergibt sich eben eine andere Dringlichkeit von Themen und Prioritätensetzung in der Politik. CO2-senkende Maßnahmen? "Schlecht für die Industrie." Klimaproteste von Schülern? "Die schwänzen die Schule." Es folgt die Entscheidung, ob Politik unbequeme Wahrheiten und Einschnitte in den Alltag bietet oder bequeme, für Wähler leichter verdauliche Antworten. Bloß: Irgendwann wird Bilanz für Versäumnisse und Fehleinschätzungen gezogen. Das spüren bei einem anderen Thema aktuell SPD-Politiker wie Steinmeier, Gabriel und Schröder.
Von Jörgen Linker