Wertkauf, Walmart, Real und nun „mein real“: Bis 2025 soll der Standort am Hörnsheimer Eck komplett modernisiert werden. Der neue Geschäftsleiter sucht nach Fachkräften.
Wetzlar. Am Hörnsheimer Eck bleibt auf den ersten Blick alles beim Alten, auf den Zweiten aber ist eine große Veränderung im Gange: Nachdem die Schließung abgewendet ist, bleibt der Real-Markt erhalten und wird für einen Millionenbetrag saniert und umgebaut. Die Kunden werden das SB-Warenhaus bald nicht wiedererkennen. 2025 soll alles fertig sein.
Die erste Veränderung haben die Verbraucher bereits bemerkt: Aus Real ist „mein real“ geworden. So jedenfalls ist es auf Fahnen und Schildern nachzulesen. Der neue Titel soll mehr sein als ein Symbol für den Neustart des Unternehmens: In einer Pressemitteilung ist von „nicht weniger als einer Neuerfindung der Märkte“ die Rede.
Rückblick: Im Sommer 2020 wird die Real GmbH, die bis dahin zum Metro-Konzern gehört, vom Investor SCP übernommen und zerschlagen. Ein Großteil der 276 Märkte, vor allem die profitablen Standorte, gehen an Edeka, Kaufland und Globus.
Übrig bleiben Standorte, die zuvor rote Zahlen geschrieben haben, unter anderem der Markt in Wetzlar.
Nachdem sich für die defizitären Häuser kein Käufer findet, werden Schließungen verkündet: In Wetzlar soll Ende Januar 2022 Schluss sein. Dann allerdings übernimmt Sanierer Sven Tischendorf ein Paket von insgesamt 62 Märkten, die weiterbetrieben werden und seit dem 10. Oktober „mein real“ heißen.
Regionale Sortimente und digitale Angebote sind neu
Neuer Partner des Unternehmens ist die Rewe-Gruppe, deren Eigenmarken nun in den Regalen von „mein real“ zu finden sind. Alle Standorte sollen bis 2025 ein neues Ladenkonzept erhalten. Regionale Produkte sollen in den Fokus gerückt, der Einkauf durch digitale Angebote wie eine App einfacher und individueller gemacht werden.
Auch in Wetzlar ist die Veränderung bereits zu sehen: Obst- und Gemüse tragen Rewe-Aufkleber und im Zentrum der rund 6.300 Quadratmeter Verkaufsfläche stehen Paletten mit Produkten der Rewe-Eigenmarke „Ja“.
Für den Markt am Hörnsheimer Eck verantwortlich ist Andreas Mickert. Der Geschäftsleiter des Wetzlarer Standorts lebt in der Nähe von Weilmünster und ist aktuell ein viel beschäftigter Mann. Den laufenden Betrieb organisieren, mit regionalen Händlern sprechen und den Umbau des Marktes planen, das sind die derzeitigen Aufgaben. „An allen Standorten sind wir massiv am Umplanen. Es gibt ständig Meetings mit den Eigentümern. Es wird überall gearbeitet“, berichtet Mickert. „Wir möchten diesem Standort neues Leben einhauchen und dem Kunden genau das bieten, was er möchte“, umreißt er das Ziel. Trotz vieler Wettbewerber sehe er Real in Wetzlar gut aufgestellt. „Das Unternehmen ist im Kern gesund. Und es gibt viele Fans.“
Mickert ist am Standort ein alter Bekannter: Am 2. Januar 1992 trat er am Hörnsheimer Eck seinen ersten Job nach der Ausbildung an – in der Elektroabteilung von Wertkauf. Auch die Walmart-Zeit hat er miterlebt, wechselte später aber ins Rhein-Main-Gebiet. Sei Mai ist er für die Operation Neuaufbau in Heimatnähe zurück.
2025 soll hier ein hochmodernes SB-Warenhaus stehen.
Einiges hat sich bereits verändert: Neue Kassen wurden installiert, eine neue EDV ist im Einsatz. Logistik und Warenbeschaffung erledigt Rewe. „Wir machen aber unser eigenes Sortiment“, hält Mickert fest. „Alles, was ich mag“, lautet der neue Slogan. Und der Marktleiter erklärt: „Wir wollen dem Kunden das anbieten, wo er sich wiederfindet und sagt: Das ist, was ich haben möchte.“
Alle Sortimente sollen überarbeitet, der gesamte Markt in kleinen Schritten umgebaut werden. „2025 soll hier ein hochmodernes SB-Warenhaus stehen“, hält Mickert fest. Dazu gehört unter anderem ein neuer Bereich für Snacks mit einer deutlichen ausgebauten, heißen Theke.
Bildergalerie
Obst- und Gemüseabteilung werden an den Eingang gerückt, der Tiefkühlbereich vor die Kassen versetzt. Im hinteren Teil des Marktes sollen Metzgerei und Frischebereich den „Charme der Siebziger“ verlieren. Ein neues Element ist bereits zu sehen: Am zentralen Marktplatz soll es Saison- und Trendware geben, die Kunden kurz verweilen können. Elektronische Preisauszeichnungen und eine Einkaufsapp sollen eingeführt werden.
Ein Schwerpunkt des künftigen Angebots sollen regionale Produkte bilden: Eier und Kartoffeln aus Leun werden bereits verkauft, für 2023 verhandelt Mickert gerade über regionale Kürbisse. „Wir wollen der Partner sein, der auch dem kleinen Unternehmer vor Ort eine Chance gibt, seine Produkte anzubieten.“ Durch die Kunden würden regionale Produkte stark nachgefragt.
Auch im neuen Konzept ist eine Konzessionärszone geplant, es soll also im Gebäude Filialen etwa von Friseur oder Zeitschriftenhandel geben. Verhandlungen mit mehreren Bäckereien liefen aktuell.
Ein hoher einstelliger, wenn nicht sogar zweistelliger Millionenbetrag werde in den Standort investiert, berichtet der Geschäftsleiter. Ganz genau lasse sich das noch nicht sagen, weil die Pläne noch im Fluss sind. „Wir werden den Umbau im laufenden Betrieb erledigen.“ Nur für den Aufbau der neuen Kassen war der Markt drei Tage lang geschlossen.
Aktuell arbeiten laut Mickert knapp 40 Menschen im Markt. In Spitzenzeiten waren es über 70, als im vorigen Jahr die Schließung verkündet wurde, noch 55. „Für das, was wir vorhaben, brauchen wir händeringend Leute. Vor allem Fachleute für die Frischetheke und Metzger.“ Künftig wolle man am Standort dann wieder selbst ausbilden.