Im Minutentakt wächst im Lahn-Dill-Kreis die Zahl der ehrenamtlichen Helfer, wenn es um die Unterstützung von Hilfsbedürftigen in der Corona-Krise geht: online und offline.
. Wetzlar/HERBORN/DILLENBURG/Leun/Asslar/Hüttenberg. Fast im Minutentakt wächst die Zahl der ehrenamtlichen Helfer, wenn es um die Unterstützung von Hilfsbedürftigen in der Corona-Krise geht: online und offline. Ein Ausschnitt, wie sich die Menschen im Lahn-Dill-Kreis derzeit gegenseitig helfen.
Lahn-Dill-Kreis
Seit Freitagabend organisiert sich eine "Corona-Nachbarschaftshilfe" für den Lahn-Dill-Kreis. Mehr als 1700 Menschen sind bereits Teil einer Facebook-Gruppe, die in Zeiten des Coronavirus ein Ziel verfolgt: Zusammenhalt.
"Man sollte sich vorstellen, wie viele Menschen niemanden haben, der für sie da ist, und sich in diese hineinversetzen. Die Verunsicherung ist bei Jüngeren und Gesunden ja schon groß genug. Wie müssen sich dann die Menschen der sogenannten Risikogruppe fühlen?", fragt Dirk Pfahl.
Der 35-Jährige aus Dillenburg hat die Gruppe ins Leben gerufen - und damit offene Türen eingerannt. Er habe nicht damit gerechnet, dass es so viele Leute gibt, die helfen möchten, erzählt der ehemalige Kölner, der seit 2018 in der Oranienstadt lebt. Die Idee ist einfach: Jeder kann in der Gruppe seine ganz konkrete Hilfe für Personen anbieten, die zur Coronavirus-Risikogruppe gehören - zum Beispiel Einkäufe, "Gassi-", Post- oder Apothekengänge.
Die Hilfe richtet sich an alle Menschen mit Einschränkungen oder Vorerkrankungen - unabhängig vom Alter und egal, ob die Einschränkung für Außenstehende auf den ersten Blick sichtbar ist.
Alles ist in der Gruppe nach Orten sortiert. Bisher engagieren sich vor allem Personen aus dem nördlichen Teil des Lahn-Dill-Kreises. Herborn, Dillenburg und Haiger sind stark vertreten - aber auch Kommunen im Süden wie beispielsweise Wetzlar, Aßlar und Leun. Das Angebot soll möglichst viele Menschen erreichen - und das keineswegs nur online.
Deshalb gibt es einen "Hilfe-Zettel" zum Ausdrucken, den die Mitstreiter ausfüllen und den Nachbarn in den Briefkasten werfen können. Wer andere unterstützen möchte, kreuzt auf dem Zettel einfach an, wie er helfen kann, und hinterlässt seinen Namen und eine Telefonnummer.
Der Großteil der Hilfsangebote dreht sich um das Einkaufen oder Botengänge. Eine Unterstützung, die bei Betroffenen hervorragend ankommt. Eine Frau schreibt in der Gruppe etwa: "Es beruhigt unheimlich, zu wissen, dass man, falls nötig, Hilfe bekommen kann."
"Wir haben wahnsinnig viel Feedback von Menschen, die dankbar und beruhigt sind, dass es so etwas noch in unserer Welt gibt. Das sollte jedem zu denken geben", berichtet Pfahl. Allein damit leiste die Gruppe - und damit jeder der mehr als 1700 Mitstreiter - bereits sehr viel. Gerade in diesen Tagen müsse die Gesellschaft zusammenrücken.
Auch die politischen Jugendorganisationen im Kreis packen an. So hat die Junge Union (JU) die Seite www.die-einkaufshelden.de an den Start gebracht, an dem sich auch die JU Lahn-Dill beteiligt. Gleiches gilt für die Jusos Lahn-Dill, die ihre Hilfe per Mail an vorstand@jusos.-lahn-dill.de anbieten.
Leun
Helfen will auch Marco Böhm aus dem Leuner Ortsteil Stockhausen: "Alle, die ich angesprochen habe, waren sofort bereit, mitzumachen", erzählt er. Er ist der Initiator der Nachbarschaftshilfe "Stockhäuser für ihre Bürger". Die Gruppe will für Bewohner des Ortes Einkäufe sowie Post-, Apotheken und Behördengänge erledigen oder auch mal mit dem Hund Gassi gehen. Gedacht ist auch dieses Angebot für jene, die aufgrund ihres Alters oder ihres Gesundheitszustands zur Risikogruppe gehören.
Aber auch wer aufgrund seiner Arbeit oder beispielsweise durch die Kinderbetreuung stark beansprucht wird, bekommt geholfen. Die Idee zur Nachbarschaftshilfe kam Böhm, als er sich überlegte, wie er den Alltag für seine Familie organisieren kann. "Mein Schwiegervater gehört absolut zur Risikogruppe, er ist über 70 Jahre alt und hat zudem eine chronische Erkrankung.
Dabei ist mir bewusst geworden, dass wir hier in Stockhausen viele Menschen haben, die aufgrund ihres Alters eben zur Risikogruppe gehören. Als "echtes Dorfkind" habe er dann sofort die Idee gehabt, ehrenamtlich etwas auf die Beine zu stellen. Thomas Immel und Andreas Schmidt, die er zuerst ansprach, waren sofort bereit, die Aktion zu unterstützen. Begeistert waren auch der Leuner Bürgermeister Björn Hartmann (CDU) und die Mitglieder der Vereinsgemeinschaft, auch viele Stockhäuser Jugendliche wollen helfen.
Wer auf das Angebot zurückgreifen will, kann sich bei den Organisatoren melden. Das Ganze läuft ohne persönlichen Kontakt. So werden Waren beispielsweise vor der Tür abgestellt, der Empfänger kurz vorher informiert.
Die Gruppe will alle Wünsche so gut es geht erfüllen. Einzige Ausnahme: "Wir dürfen uns nicht ausgenutzt fühlen", sagt Böhm. Sprich: Bierkästen für die Hausparty wird das Team nicht bringen. "Ein Bier oder mal einen Sekt zum Geburtstag, das machen wir natürlich schon." Anfragen können Interessenten aus Stockhausen an Marco Böhm, Telefon 0 15 78-7 00 02 82 oder info@marcoboehm.de richten.
Aßlar
In Sachen Corona-Pandemie tut sich auch in Aßlar einiges, um die Ausbreitung des Virus auszubremsen und zu verlangsamen. Neben offiziellen Maßnahmen, die von der Stadtverwaltung um Bürgermeister Christian Schwarz (parteilos) umgesetzt werden, wurde auf die Idee von Melanie Donner hin, die am Montag in der Facebook-Gruppe "Du bist Aßlar wenn,..." einen Aufruf zur Nachbarschaftshilfe postete, von den Administratoren Heidi Späth und Hennes Steih mittlerweile eine beispielhafte Aktion auf breite Füße gestellt.
Unter asslarstehtzusammen@gmail.com kann sich jeder melden, damit Angebote und Gesuche koordiniert werden können. Schlussendlich wird dann eine Liste erstellt und den Nutzern per Handzettel Ansprechpartner mit Telefonnummern genannt.
Auch der Bürgermeister ist begeistert und hat das Ganze unter den #asslarstehtzusammen gestellt. Die Stadt hat mittlerweile ein Bürgertelefon für Fragen zum Corona-Virus geschaltet, das unter 0 64 41-8 03 53 von montags bis freitags täglich zwischen 10 und 14 Uhr erreichbar ist.
Hüttenberg
Hilfe gibt es aber auch von Kirchen, Parteien und anderen Institutionen. So hat sich in der Gemeinde Hüttenberg eine Initiative von Kirchen und Gemeinden zusammengeschlossen, um Menschen zu Helfen und auch Trost zu spenden. "Coronahilfe Hüttenberg" heißt die Webseite auf der es unter anderem auch eine Gebetspinwand, eine Audio-Podcast oder eben ganz praktische Hilfe gibt.
Entstanden ist die Idee für die Seite nachdem eine Vielzahl von Veranstaltungen abgesagt wurden. "Als Reaktion kam der spontane Gedanke auf, dass wir als Kirchen und Gemeinden nicht tatenlos zusehen, sondern vereint mit allen Hüttenbergen diese Krise aktiv anpacken und bewältigen wollen.", heißt es auf der Seite. Die Plattform soll außerdem permanent weiterentwickelt und ausgebaut werden. Ideen, Mitarbeiter und Helfer sind willkommen.