Sie bewerben einen Lebensstil und oft auch Produkte: Influencer sind einflussreich und verdienen Geld mit ihrer Social-Media-Präsenz. Ein neuer Trend wirkt dem entgegen.
Wetzlar. Die Boomer-Generation spricht gern von der Influenza, wenn sie eigentlich Influencer meint. Ganz ehrlich: Vollkommen daneben liegen sie damit nicht. Natürlich gibt es auch viele Positiv-Beispiele. Zum Beispiel Aktivisten-Accounts, die wichtige Themen wie den Klimawandel einem jungen Publikum näher bringen. Doch ein bisschen „krank” ist dieses Phänomen durchaus. Denn die meisten Influencer kommen aus Themengebieten wie Mode, Make-up und Fitness – und da kann es nicht nur ganz schnell toxisch werden, sondern auch kommerziell. Umso besser, dass es inzwischen eine Gegenbewegung gibt: Die Deinfluencer.
Während Influencer vorwiegend für Produkte werben, weil sie dafür bezahlt werden, ist bei Deinfluencern genau das Gegenteil der Fall: Sie bekommen – soweit das zumindest aktuell bekannt ist – kein Geld von der Konkurrenz dafür, wenn sie ein Produkt schlecht bewerten. Und das machen Deinfluencer aktiv – sie raten vom Kauf ab und werben mit Ehrlichkeit.
Denn tatsächlich kommt es nicht selten vor, dass insbesondere auf den Plattformen Instagram und Tiktok Produkte von einflussreichen Menschen beworben werden, die daraufhin im Warenkorb ihrer Follower landen. Nicht umsonst arbeiten zahlreiche Marken-Unternehmen mit „Influencer-Marketing”: Accounts mit vielen Followern und der entsprechenden Zielgruppe, zum Beispiel modebewusste junge Erwachsene, werden kontaktiert und bekommen das zu bewerbende Produkt kostenlos zur Verfügung gestellt – teilweise gibt es auch eine zusätzliche Vergütung.
Follower bekommen dann nicht selten einen (meist geringen) Rabatt mittels personalisiertem Gutschein: „Mit dem Code LISA-5 bekommst Du fünf Prozent Rabatt” lautet beispielsweise die Caption unter dem Instagram-Feed. Die Gefahr für viele Follower: Die Werbung kommt als persönliche Empfehlung des Influencers daher, mit dem der User sympathisiert und dem er ein Stück weit vertraut – und schon ist das Produkt gekauft. Schließlich ist der Influencer erfolgreich und davon würde sich vermutlich jeder gern eine Scheibe abschneiden.
Doch auch Beiträge mit dem Hashtag #deinfluencing sind immer häufiger zu finden, insbesondere auf Tiktok. Deinfluencer raten gezielt von Produkten ab. Vita Wirt ist eine von ihnen. Zwei Produkte einer Luxus-Beautymarke sind ihrer Meinung nach zum Beispiel überteuert. „Eins kostet 40 Euro, das muss man sich nicht unbedingt kaufen – vor allem dann nicht, wenn man noch jung ist und nur ein Taschengeld bekommt”, sagt die 27-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Und auch ein gehyptes Lippenöl für rund 40 Euro kann sich nicht jede TikTok- oder Instagram-Zuschauerin leisten.
Von solchen Aussagen kann es gerne viel mehr geben. Denn gerade junge Menschen sollten dazu angeregt werden, Spontankäufe zu meiden und genau zu überlegen, ob sie ein Produkt wirklich brauchen. Das Thema Finanzen wird leider immer noch nicht an Schulen unterrichtet und auch im Elternhaus wird der Umgang mit Geld nicht immer beigebracht. Wobei es dafür natürlich nicht nur Deinfluencer gibt: Auch gemeinnützige Organisationen wie Stiftung Warentest haben mittlerweile den Dreh raus, wie man das junge Publikum in den Sozialen Medien erreicht: Immerhin 155.000 Accounts erreicht die Stiftung auf Instagram. Ein Aufstieg der Deinfluencer „gefällt mir”.