Der Wetzlarer Verein "Netz Bangladesch" will künftig den Einsatz gegen den Klimawandel verstärken. Bei der Mitgliederversammlung wurde auch ein neuer Vorstand gewählt.
WETZLAR. Für Menschen in Armut, Kinder ohne Schulbildung und Billiglohnarbeiter in Entwicklungsländern wie Bangladesch sind nicht nur das Coronavirus selbst, sondern die wirtschaftlichen Folgen existenz- und lebensbedrohlich - weil dringend benötigte Sozialsicherung fehlt. "2020 ist ganz besonders herausfordernd für diejenigen, die bereits gegen Armut, Ungerechtigkeit und strukturelle Ausbeutung und Ausgrenzung kämpfen müssen", erklärte Shahidul Islam, Direktor im "Netz"-Büro in Bangladeschs Hauptstadt Dhaka in einer Videobotschaft an die Vereinsmitglieder, die sich zu ihrer Jahreshauptversammlung in der Jugendherberge Frankfurt getroffen haben.
Versorgung mit Nahrung, Masken und Medikamenten
Genau hier habe "Netz Bangladesch" in diesem Jahr bereits ein großes Stück Arbeit geleistet: Pandemie-Nothilfe für 100 000 Menschen im Nordwesten Bangladeschs haben "Netz" und seine lokalen Partner angesichts der drastischen Auswirkungen der Corona-Pandemie in Bangladesch geleistet. Familien wurden mit Nahrungsmitteln, Schutzmasken und wichtigen Medikamenten versorgt. Daneben habe der Verein wie schon seit Jahren Grundschulunterricht für Tausende Mädchen und Jungen aus Familien in Armut vor Ort ermöglicht, die Menschenrechtsarbeit und die Zivilgesellschaft in Bangladesch gestärkt und in Deutschland zu den Themen Klimagerechtigkeit und Textilindustrie aufgeklärt.
Neben der Corona-Pandemie galt es für "Netz Bangladesch" in diesem Jahr auch, Menschen angesichts massiver Überflutungen in den flussreichen Regionen Nordbangladeschs zu unterstützen. Tausende Menschen seien seit Juni infolge von wochenlangem Hochwasser obdachlos, verloren Vieh und Nahrungsmittelvorräte. Mit Unterstützung durch den Wetzlarer Verein, der Fördermittel und Privatspenden für seine Arbeit einwirbt, konnten die Betroffenen ihre Existenzen nach der Flut wieder aufbauen. "Der Klimawandel bleibt neben der Corona-Pandemie eine der größten Gefahren für die Menschen vor Ort", erklärt "Netz"-Geschäftsführer Max Stille, der zuletzt im Februar dieses Jahres in Bangladesch war und Betroffene besucht hat. "Wir werden unseren Einsatz verstärken, um Menschen vor Ort beim Kampf gegen die fatalen Folgen des Klimawandels noch mehr unterstützen zu können."
Bei den Vorstandswahlen wurden zwei neue Vorstandsmitglieder bestimmt. Zunächst wurden Lena Boeck und Jana Schubert aus dem Gremium verabschiedet. Auch der langjährige Geschäftsführer Peter Dietzel, der im Mai die Geschäftsführung von "Netz" abgegeben hatte, wurde nochmals von den Mitgliedern geehrt. Zum Vorstand bestimmten die Mitglieder Manfred Krüger (Vorsitz), Bernhard Höper und Juliane Rytz (Stellvertretender Vorsitz), Martina Herzog (Finanzvorstand) sowie neu dabei Dagmar Leboch und Ingo Ritz.
Zusammenarbeit mit Bremer Verein
Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung war Unterstützung für den Verein aus dem Norden: Murat Çil, Augenarzt und Vorsitzender des Bremer Vereins "Kinder in Bangladesch", berichtete über deren bisherige Arbeit. Der Verein fördere eine Sekundarschule in dem südasiatischen Land und verbessere die Infrastruktur in der Nähe von Schulen. Nun kündigte Çil an, die Arbeit von "Kinder in Bangladesch" künftig für "Netz" zu bündeln: Bereits im September habe der Bremer Verein beschlossen, sein Engagement nach Beendigung des aktuellen Bildungsprojekts in anderer Form fortzuführen und sich "Netz" anzuschließen. Die Wetzlarer sollen dabei unterstützt werden, weitere Schulen im Nordwesten des Landes aufzubauen: 44 Dorfschulen sollen so finanziert werden. Über 1300 Kindern, die sonst keine Chance darauf hätten, soll Bildung und ein Grundschulabschluss ermöglicht werden.