Pallottinerbruder verabschiedet sich nach über 50 Jahren von der Orgel
Egbert Kinner ist vor 68 Jahren dem Kloster in Limburg beigetreten und stand dort seinen Mann, wo immer er gebraucht wurde. Nun ist er verabschiedet worden.
Von Dieter Fluck
Abschied für Bruder Egbert Kinner an der Orgel in der Pallottinerkirche St. Marien und in der Limburger Justizvollzugsanstalt nach 55 Jahren: Im Namen der Organisten dankt Frank Sittel (rechts) dem 87-Jährigen für seine zuverlässigen treuen Dienste. Foto: Dieter Fluck
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LIMBURG - Beständigkeit und Zuverlässigkeit sind die Markenzeichen von Egbert Kinner. Vor 68 Jahren hatte er sich um die Aufnahme bei der Norddeutschen Pallottinerprovinz in Limburg beworben und stand als Bruder im Kloster seinen Mann, wo immer er gebraucht wurde. Sei es in seinem erlernten Beruf als Gärtner im Blumen- und Zierpflanzenbau in der legendären Gärtnerei, oder als Landschaftsbauer sowie später in der Verwaltung.
Doch viel bekannter war der aus Schlesien stammende Klostermann wegen seiner Leidenschaft für die Musik, die ihn jahrzehntelang mit dem Orgelspiel verband. Jetzt wurde der heute 87-Jährige in seiner Funktion als Organist verabschiedet.
Orgelspiel auch ohne komplizierte Prüfung
Im Namen der Kirchenmusiker der Pallottinerkirche sowie als Vorsitzender des Beirats der Limburger Justizvollzugsanstalt (JVA) dankte Frank Sittel dem scheidenden Kollegen für seine treuen Dienste in der Pfarrkirche St. Marien wie auch in der JVA. Der Rektor des Missionshauses, Pater Alexander Holzbach, und die JVA-Leiterin Anja Müller zollten dem Senior ihren Respekt.
Obwohl Bruder Egbert weder Musik studiert noch ein Diplom erworben hatte, zogen ihn von Jugend an die Klänge der Instrumente in ihren Bann. Lange bevor er sich für das Kloster entschied, war er von der Musik und dem Theaterspiel fasziniert und schloss sich als junger Bursche im Münsterland einer weithin bekannten Sing- und Spielschar an. Kinner erlernte das Gitarrenspiel und musizierte bei der Christlichen Arbeiterjugend in der Tanzkapelle "Teddy Boys".
Bruder Egbert erhielt Musikunterricht beim Limburger Pfarrorganisten Theodor Lebeda - zunächst an einem Harmonium, später an der alten Orgel in der Kirche St. Marien. Fortan begleitete er Klosterbrüder und Gläubige der Pfarrei morgens als "Frühspieler" an Sonn- und Feiertagen in den ersten Gottesdiensten, spielte zu Requien und aushilfsweise im Konventamt.
Sittel stellte in der kleinen Abschiedsfeier fest, dass der Pallottinerbruder ein gutes Beispiel dafür sei, "dass man auch ohne die komplizierten, anstrengenden und langatmigen Prüfungsordnungen des Bistums während der Feier der Heiligen Liturgie recht anständig musizieren kann". Wenn einer der etatmäßigen Organisten auch mal kurzfristig eine Vertretung gebraucht habe, sei Egbert Kinner immer hilfsbereit und freundlich zur Stelle gewesen.
Eine plötzliche Erkrankung im vergangenen Jahr bedeutete für den rüstigen Senior den Abschied von seinem geliebten Instrument. Das bedeutete zugleich einen herben Verlust für die Limburger JVA, wo Bruder Egbert einmal pro Woche ganz selbstverständlich erschien, um auch dort die Gottesdienste mit seinem Orgelspiel zu begleiten. Und das bereits weit über ein halbes Jahrhundert.
Einen Nachfolger hat die JVA noch nicht gefunden
Mal spielte der Pallottiner für katholische, mal für evangelische Gefangene oder auch zu ökumenischen Anlässen. "Kinner hat so einfühlsam und schön die Orgel gespielt, dass er nie in Haft genommen werden musste", sagte Sittel augenzwinkernd.
Vor der Jahrtausendwende vergütete ihm die Justizvollzugsanstalt seinen Dienst mit dem irdischen Lohn von monatlich 39,04 Mark an die Missionsanstalt der Pallottiner. Als ihr Organist sodann das Rentenalter erreichte, stellte Justitia die Zahlungen ein und Bruder Egbert spielte ab diesem Zeitpunkt für Gotteslohn. Einen Nachfolger hat die JVA noch nicht gefunden.