Bürger helfen beim Anschieben: Die Stadt Limburg lässt ein Konzept für den Fahrradverkehr in der Domstadt entwickeln.
Von red
In der Ste.-Foy-Straße gibt es seit vielen Jahren Schutzstreifen für Radfahrer, die jedoch sehr schmal sind und quasi den Bordstein mit einbeziehen. Nach den aktuellen Standards ist der Streifen zu schmal. Foto: Stadt Limburg
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LIMBURG/DIEZ - Fahrradfahren in Limburg ist auf vielen Straßen kein Vergnügen. Dort ist oft kein Platz für sie; an anderen Stellen sind die Bedingungen durch Schutzstreifen recht gut, aber dann endet plötzlich der Schutzstreifen. Das soll nun besser werden.
Die Stadt Limburg hat deshalb ein Fachbüro damit beauftragt, ein Radverkehrskonzept zu erstellen. Das soll möglichst mit denen erarbeitet werden, die tägliche Erfahrungen auf den Limburger Straßen sammeln. Mit einem Workshop im Bürgerhaus in Eschhofen ist nun das Verfahren zur Bürgerbeteiligung gestartet. Pressesprecher Johannes Laubach von der Stadtverwaltung berichtet über die ersten Schritte:
"Das ist schon einmal ein guter Anfang, denn so voll war die Radabstellanlage am Bürgerhaus noch nie. Und dann kommen auch noch viele Fahrräder hinzu, die dort keinen Platz mehr fanden", zeigte sich der Erste Stadtrat Michael Stanke (CDU) positiv überrascht von der Resonanz auf die Einladung zum Workshop.
Er versprach, dass es die Stadt ernst meine mit dem Thema und ganz klar das Ziel verfolge, den Anteil der Radfahrer in der Stadt zu erhöhen.
Nur sichere Wege führen zum Umstieg aufs Rad
Den Auftrag zur Erstellung eines Radverkehrskonzepts erhielt das Büro "IKS Mobilitätsplanung", das von Alexander Gardyan geleitet wird. Und er machte gleich deutlich, wo mit ihm als Planer die Reise hingehe: Nur ein Angebot an sicheren Radwegen schaffe die notwendigen Voraussetzungen, damit Verkehrsteilnehmer auf das Rad umsteigen. Dabei seien grundsätzlich Kompromisse gefragt.
Allerdings müsse auch allen klar sein, dass der Platz, der dafür benötigt wird, um die Bedingungen für Radfahrer zu verbessern, aus dem bereits vorhandenen Verkehrsraum entnommen werden muss. Das gehe dann auch zu Lasten von Fahrspuren, Parkplätzen und mehr.
"Wir müssen unterscheiden zwischen den Fahrradpendlern und den Radfahrenden, die aus touristischen Zwecken unterwegs sind", machte Gardyan deutlich. Sein Fokus liege dabei auf denen, die das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel nutzen, also auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule, zum Einkaufen oder aber auch um Freizeitaktivitäten nachzukommen. Dabei hält er Mischverkehr zwischen Autos und Radlern bis zu einer zulässigen Geschwindigkeit jederzeit für möglich - wird es schneller, sind für ihn klare Trennungen notwendig. Getrennt werden sollten nach seiner Einschätzung aber auch Fuß- und Radverkehr.
Natürlich hat sich das Büro zunächst einmal die Bestandssituation in Limburg angeschaut. Nur sieben Prozent beträgt der Anteil am Verkehrsaufkommen in der Stadt, die vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) vergebene Note von 4,2 im Fahrradklimatest biete viel Luft nach oben. Grundsätzlich werde in Limburg zu viel Auto auf zu kurzen Wegen eingesetzt, selbst für Strecken von unter einem Kilometer werde das Auto genutzt. Das Rad sieht Gardyan als geeignetes Verkehrsmittel für Alltagsstrecken von zwei bis fünf Kilometern, mit E-Unterstützung sogar bis zu 20 Kilometer.
In der Bestandsanalyse ist das Büro auf zahlreiche Bereiche in Limburg gestoßen, die "als problematisch einzustufen" seien. Grundsätzlich mache Radfahren auf so stark befahrenen Straßen wie der Frankfurter Straße oder der Diezer Straße keinen Spaß. Aber auch dort, wo es Schutzstreifen gibt, werde es für Radler oft unangenehm, da Mindestbreiten nach heutigem Standard nicht eingehalten würden. Einbahnstraßen, die zwar gegenläufig befahren werden dürfen, aber zu wenig Platz bieten, "Autosperren" auf Wirtschaftswegen, Unterführungen und Brücken, die schlecht oder schwierig zu passieren sind, fehlende Abstellanlagen oder auch nicht vorhandene Einfärbungen der Wege für Radfahrer in Einmündungsbereichen von Straßen: All das sei von dem Büro aufgenommen worden.
Gardyan ließ auch keinen Zweifel daran, dass er die grundsätzliche Öffnung der Fußgängerzone für Radfahrer sehr kritisch sieht.
Der Auftakt des Beteiligungsverfahrens diente dazu, Grundlagen zu vermitteln. Dazu gehören auch erste Überlegungen, um die Radverbindung zwischen Diez und Limburg zu verbessern. Der Verkehrsexperte schlägt dazu zwei Varianten vor: Seine Vorzugsvariante führt durch das Wohngebiet mit Unterheide, Rheinstraße, Annastraße und Parkstraße, wobei dort dann auch Fahrradstraßen ausgewiesen werden müssten.
Gleichzeitig sollten Verbesserungen entlang der Diezer Straße angegangen werden; allerdings reiche die Straßenbreite an einigen Stellen nicht aus, um die Mindestbreiten für Auto-, Rad- und Fußgängerverkehr zu berücksichtigen. Zudem würden fast alle Parkplätze am Straßenrand entfallen.
Von den Anwesenden gab es die Aufforderung, auch den Weg über die Schaumburger Straße weiter mit einzubeziehen oder auch als Radwegeverbindung stärker auf die Industriestraße zu setzen. Der Weg durch das Wohngebiet parallel zur Diezer Straße scheide für viele in Fahrtrichtung Diez aus, da die Streckenführung doch mit erheblichen Steigungen verbunden sei. In der Diskussion wurde deutlich, dass auch Radfahrer unterschiedliche Interessen haben.
"Es wird uns nicht gelingen, alle Zielkonflikte aufzulösen", machte Gardyan deutlich, der für die Frankfurter Straße auch einen Verkehrsversuch ins Spiel brachte. Zwischen der Abfahrt zum Wohngebiet Meilenstein und dem Abzweig in die Eisenbahnstraße sollte mit einem sogenannten Pop-up-Radweg einmal versucht werden, ein Angebot für Radfahrer zu machen.
Die Lebensqualität in der Stadt steigern
In der Diskussion gab es zahlreiche Anregungen, wie sich die Bedingungen für Radfahrer verbessern lassen. Allerdings gibt es bezüglich der Ziele auch eine große Übereinstimmung: Die Aufenthalts- und Lebensqualität sollen sich erhöhen, eine Steigerung des Radverkehrsanteils durch Verlagerung von Wegen mit Kraftfahrzeugen auf das Fahrrad sei ein wichtiges Ziel, ebenso die Erhöhung des Komforts und der subjektiven und objektiven Sicherheit für alle Radfahrer.
Dazu gehörten kontinuierliche und attraktive Führungsformen und die Trennung des Rad- vom Fußgängerverkehr; attraktive Pendlerrouten seien zu entwickeln und eine Radkultur gelte es zu etablieren und auszubauen.
Im weiteren Prozess können die Teilnehmer nun digital Anmerkungen zu den Bestandsanalysen und Trassenvorschlägen machen, weitere Schwachpunkte hinzufügen oder auch konkrete Verbesserungsvorschläge machen.
Diese würden gesammelt, vom beauftragten Büro bewertet und in die weitere Planung aufgenommen. In einem zweiten Workshop, der für Anfang Dezember geplant ist, soll es dann mit konkreten Vorhaben in die nächste Runde gehen. Am Ende wird das Büro in einem Konzept verschiedene Vorschläge zu Verbesserungen der Limburger Stadtpolitik vorschlagen.