Der Förster der Gemeinde Mengerskirchen, Winfried Bachl, ist ratlos, wenn sein Blick über abgestorbene Fichten und Buchen schweift. Und die sind nicht seine einzigen Sorgenkinder.
Von Ulrike Sauer
Redakteurin Weilburg
Am Knoten stehen noch einige abgestorbene Buchen. Erkennbar sind sie an den trockenen Kronen. Foto: Ulrike Sauer
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MENGERSKIRCHEN - Die Fichte ist das Sorgenkind Nummer eins der Förster gewesen. Doch jetzt gesellen sich noch die Buche und die Esche dazu. Und als nächstes könnte es Probleme mit den Eichen geben. Winfried Bachl, Gemeindeförster des Marktfleckens Mengerskirchen, wird es schwer ums Herz, wenn er durch "seinen" Wald streift.
"Ich weiß nicht, wie es ausgeht", sagt der erfahrene Förster. Zwei trockene Jahre haben nicht nur der Fichte ordentlich zugesetzt. 5370 Festmeter Holz hat Bachl allein davon aus dem Wald entfernen lassen. Im Mengerskirchener Gemeindewald sind zudem in den vergangenen Wochen etliche Buchen gefällt worden, die ebenfalls Opfer der Trockenperiode geworden sind - bis zu 1000 Festmeter sind es in diesem Jahr. Sie bekommen einen trockenen Kern und brechen ohne Vorwarnung einfach ab.
Keine Vorwarnung von den Bäumen
"Sie geben kein Seufzen oder Knacken von sich als Vorwarnung", sagt der Förster. Eine große Gefahr für alle, die sich in der Nähe dieser Buchen aufhalten. "Es geht zunächst um die Verkehrssicherung", sagt Winfried Bachl. Deshalb ließ er als erstes alle betroffenen Buchen an den Wegesrändern fällen. Einen großen Einschlag hat es beispielsweise rund um das Heiligenhäuschen bei Dillhausen gegeben. Zu erkennen sind sie an der abgestorbenen Baumkrone. "Diese Buchen sind klinisch tot." Einige davon sind noch am Knoten, im Buchwald, zu finden.
Dabei ist besonders wichtig, dass die gefällten Buchen schnell verkauft und weiterverarbeitet werden. Denn ist das Innere des Baumes weißfaul, kann sich das schnell auf den Rest des Baumes ausbreiten und es wird wie Löschpapier und zerfällt. Bohlen können aus diesen Stämmen nicht mehr geschnitten werden. "Das Buchenholz entwertet sich innerhalb eines Vierteljahres", sagt der Förster. Dann sei es nicht mehr brauchbar - außer als Brennholz.
Bis jetzt habe er jede gefällte Buche verkaufen können, auch die mit beginnender Weißfäule oder dem Schleimfluss, der als schwarze Flecken im Stammesinneren zu erkennen ist. Die Firmen hätten das Holz sofort abgefahren. "Ich schätze, dass die Katastrophe mit der Buche noch viel größer sein wird als bei der Fichte. Es werden riesige Holzmengen auf den Markt kommen", schätzt Bachl. Er rechne mit dem gleichen Preisverfall wie beim Fichtenholz.
Das konnte der Förster mithilfe der Fürstlichen Rentkammer Braunfels vermarkten, mit der die Gemeinde schon seit vielen Jahren eine Vermarktungskooperation geschlossen hat. Dabei sei es ihnen gelungen, noch Marktpreise um die 40 Euro pro Festmeter zu erzielen. Hessen Forst habe ihnen allerdings massiv ins Handwerk gepfuscht, sagte er in der jüngsten Sitzung der Gemeindevertreter.
Die Landesanstalt hätte ihr Fichtenholz, über 100 000 Festmeter, mit gut 30 Euro pro Festmeter auf den Markt gebracht. "Dazu müssen Sie sehen, dass Sie 20 Euro Werbungskosten pro Festmeter haben", sagte er Ende Oktober. Besonderes Glück hatte Mengerskirchen, dass auch 600 Festmeter Fichte nach China verkauft werden konnten, zu einem Preis von 45 Euro pro Festmeter.
Das Holz sei direkt in einen Container verladen worden, der von Andernach aus verschifft wurde, erst über den Rhein nach Rotterdam und von dort aus Richtung Fernost.
Mit Sorge erfüllt den Förster nun auch das Eschensterben. "Sie werden von den Triebspitzen her trocken, dafür sorgt das ,Falsche Weiße Stängelbecherchen'. Ein Pilz, der wie der Borkenkäfer oder Rindenruß, Trittbrettfahrer ist", sagt Bachl. Zuerst setzt die Trockenheit dem Baum zu, die Schädlinge tun danach ihr Übriges. Er zeigt eine große Fläche Eschen am Knoten, die sich nach dem Orkan Wiebke 1990 selbst dort angesiedelt hat.
"Die Esche und der Bergahorn gehören zum Westerwald", sagt der Förster. Und nun sind beide Baumarten befallen. Denn auch der Bergahorn hat mit der Rindenrußkrankheit zu kämpfen. "Dabei hatte ich mich sehr gefreut, dass die Natur sich dort in den vergangenen Jahren von allein erholt hat."
Denn nach diesem Grundsatz versucht er, den Mengerskirchener Wald zu bewirtschaften: Immer mit der Natur arbeiten, nicht gegen sie. An vielen Stellen des Waldes, wo sich bereits selbst kleine Bäume gen Himmel kämpfen, will er abwarten, sagt Bachl. Einige Flächen, die er hat mulchen lassen, müssen allerdings wieder aufgeforstet werden.
Und damit möchte er noch in diesem Herbst beginnen. Anfang November hat er sich bereits Baumsetzlinge in einer großen Baumschule angesehen. "Ich steige jetzt um auf Pflanzen, die getopft sind. Die sind zwar etwas teurer, aber der Anwuchserfolg ist hoffentlich größer." 1,10 Euro pro Stück kostet das, wurzelnackte Pflanzen kosten hingegen zwischen 80 und 90 Cent.
Fraglich ist noch, ob im kommenden Jahr noch genügend Baumsetzlinge zu kaufen sein werden. Denn die Bäumchen, die jetzt im Handel sind, sind mindestens fünf Jahre alt. Und damals haben die Baumschulen diese große Nachfrage nicht vorhersehen können. Fan von Saatgut aus anderen Gebieten Europas ist Bachl nicht: "Es wird zwar immer versucht, die Bäume aus ähnlichen Bedingungen zu züchten, aber am Ende stimmen die nicht zu 100 Prozent überein. Die Bäume werden dann nicht alt."
Er hat allerdings bereits vor einigen Jahren begonnen, Douglasien zu setzen. Denn die sind robust den trockenen Bedingungen gegenüber. Und bei dieser Baumart lässt er schon erste jüngere Exemplare fällen, was ungewöhnlich sei. Er wolle aber dafür sorgen, dass sich keine Nährstoffkonkurrenz entwickele.
Ob sein Plan am Ende aufgeht, werde er wohl nicht mehr erleben, sagt Bachl. "Ein Förster muss in einem Zeitraum von mindestens 50 Jahren denken."