Der 14-jährige Alexander Heidger spielt die Kirchenorgel in Niederselters. Dabei hat er mit dem Orgelunterricht erst vor einem Jahr begonnen.
Von Andreas E. Müller
Alexander Heidger an der Kirchenorgel in Niederselters. Fot o: Andreas E. Müller
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SELTERS- NIEDERSELTERS - Er ist Herr über 168 Tasten auf drei Manualen, ein Pedal mit 30 Tasten und ungefähr 2500 Orgelpfeifen. Seit etwas über einem Jahr lernt der 14-jährige Alexander Heidger aus Niederselters Kirchenorgel spielen.
Fröhlich romantische Klänge in vollem Orgelsound entlockt er der Königin der Instrumente mit dem Stück "Sortie in Es-Dur" des französischen Komponisten Louis Lefébure-Wély. Verschmitzt erzählt Alexander Heidger, dass der Komponist angeblich nach der Aufführung des Stückes seinen Job los war. Aber natürlich liegen auch Noten des musikalischen "Übervaters" aller Organisten, Johann Sebastian Bach, auf dem Pult. Alexander blättert und sucht das wohl bekannteste Orgelstück Bachs heraus, die "Toccata und Fuge in d-Moll".
Alle Achtung, wie er das nach nur gut einem Jahr Unterricht schon meistert. "Bach ist reine Übungssache", meint er dazu ganz cool.
Alexander scheint mit Kantor Michael Harry Poths aus Haintchen den idealen Orgel-Lehrer gefunden zu haben. Seine Liebe zur Musik hat Alexander schon in seiner Kindheit entdeckt. "Mein Mann und ich sind beide völlig unmusikalisch", erzählt Mutter Vanessa. "Die musikalische Begabung muss Alexander über Umwege von seinen Urgroßeltern geerbt haben." Sein Uropa sei Sänger gewesen und seine Urgroßmutter habe Klavier gespielt.
Mit vier Jahren hat Vanessa Heidger ihren Sohn in der Musikschule Bad Camberg zum Singen angemeldet. Dort habe er auch Ukulele gelernt, das sei aber gar nicht sein Ding gewesen. Gefunkt hat es dann wohl in der Limburger Tilemannschule. Alexanders Musiklehrerin Anke Bartel habe ihn in den Schulchor geholt und ihn musikalisch gefördert. Vor etwa zweieinhalb Jahren hat Alexander dann bei Michael Harry Poths zunächst Klavierunterricht genommen. Mit seinem großen Talent ist es ihm schnell gelungen, seinen eigenen Gesang auf dem Klavier zu begleiten. Seine Eltern haben ihm zuerst ein E-Piano gekauft, dann auch noch eine kleine Heim-Orgel mit einem Pedal über eine Oktave.
"Ich finde die Orgel als Instrument sehr interessant", sagt Alexander. "Das Spielen auf dem Pedal war erst einmal ungewohnt, mit dem entsprechenden Schuhwerk habe ich mich aber daran gewöhnt. Das ist genau mein Instrument", ist er sich sicher. Zum Üben kommt Alexander trotzdem wenn möglich täglich in die Kirche. Die Orgel dort hat einfach mehr Möglichkeiten. Natürlich würde er daher auch gerne einmal auf der Limburger Domorgel spielen und vor allem auch auf der Orgel im Dom zu Passau, der größten Kirchenorgel der Welt.
Unter den Barock-Komponisten ist Bach sein Favorit, er spielt aber auch gerne Orgelmusik der Romantik oder versucht sich an neuer Orgelliteratur. Nun spielt er auch schon regelmäßig die Orgel im Gottesdienst in der Katholischen Kirche in Niederselters. Im Gesangbuch der Gemeinde ist nur die Melodie verzeichnet. Die passende Bass-Begleitung sucht Alexander sich selbst. Und weil die Gemeinde wegen Corona nicht singen darf, macht er das eben auch dort solistisch.
Pilot oder doch lieber Kirchenmusiker?
Im kommenden Jahr möchte Alexander mit der C-Prüfung für Organisten beginnen. Das dauert zwei Jahre. Die eigentlich vorgeschaltete D-Prüfung will er überspringen. Ebenfalls im kommenden Jahr wird er alle zwei Wochen als Organist in Wetzlar in Gottesdiensten spielen. Wenn er dann 2023 die schriftliche und praktische C-Prüfung besteht, könnte Alexander Kirchenmusik studieren. Ob er das macht, weiß er noch nicht. Sein Traumjob wäre nämlich Pilot. Auch dafür trainiert er regelmäßig an einem eigenen Flug-Simulator. "Kirchenmusik wäre die Alternative, mal sehen", sagt er.