Die Tour, die das Lahn-Marmor-Museum in Villmar angeboten hat, bot viel Spannendes von Fossilienfunden bis zu Taufbecken. Bernold Feuerstein erzählt, was es zu sehen gibt.
Von Kerstin Kaminsky
Mit Schautafeln zur Geologie, Erdgeschichte und Industriekultur untermauert Bernold Feuerstein (links) seine Erklärungen während der Tour. Foto: Kerstin Kaminsky
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VILLMAR - Zu einer geführten Frühlingswanderung auf dem Natura-Trail durch die Lahntalhänge zwischen Aumenau und Villmar hatte das Lahnmarmor-Museum am Sonntagnachmittag eingeladen. Auf der knapp neun Kilometer langen Strecke erfuhren die Gäste eine Menge über die Gesteinsvorkommen und deren Entstehung, Abbau, Transport und Verarbeitung.
Sie erfreuten sich ebenso an Frühblühern und tollen Ausblicken. Der eine oder anderen konnte sogar am Wegesrand kleine Zeugnisse der Erdgeschichte, wie ein versteinertes Schneckenhaus oder ein Marmorbröckchen mit deutlich erkennbaren Einschlüssen von prähistorischen Korallen aufsammeln.
Am Steilhang gedieh früher sogar Rotwein
Von Villmar ging es mit dem Zug zum Bahnhof Aumenau, dem einst größten Umschlagplatz für Erze. Nach dem Überqueren der Brücke führte der Wanderweg lahnabwärts, wo auf dem rechts gelegenen Steilhang über Jahrhunderte hinweg Rotwein gedieh. Wanderführer Bernold Feuerstein erklärte, dass es sich bei der stufig gestalten Landschaft um Flussterrassen handelt, die im Laufe der Jahrmillionen von der Lahn eingeschnitten worden seien.
Der Beschilderung "LW" folgte der Weg in ein Waldstück. Hier ließen lila Veilchen, weiße Buschwindröschen, gelbes Scharbockskraut oder die dunkelgrünen Blätter des Aronstabs keinen Zweifel daran, dass der Frühling nun Einzug hält. Leider war der Abstecher zum ehemaligen Marmorbruch "Spitzwinkel" von umgestürzten Bäumen versperrt. Doch die Rampe zur Verladestation - wie auch ein ehemaliges Hafenbecken in der Lahn - ließen sich gut erkennen.
"Der hier gewonnene Marmor hat eine wunderschöne rot-weiße Maserung", erklärte Feuerstein. Vier Säulen des Biebricher Schlosses sind aus diesem Material, und auch für den Katharinenaltar des Trierer Doms und die Taufsteine der Villmarer und Arfurter Kirche wurde es verwendet. Doch wie war es möglich, die tonnenschweren Blocks zu transportieren? Über Land wären bis zu 40 Ochsen nötig, um einen entsprechenden Karren zu ziehen, deshalb sei schon zur Römerzeit die Lahn als Transportweg genutzt worden, obwohl sie nur wenige Wochen im Jahr den geeigneten Wasserstand hatte.
Mit Schalstein, der sich aus verfestigter Vulkanasche bildete, und dem vulkanischen Diabas hat die Lahnmulde ihr eigenes Gestein entwickelt, wie Feuerstein immer wieder auf dem Weg zeigen konnte. Bei einem Haufen bröseligen weißen Materials erklärte er, dass man sich nun mitten in einem Ringofen der bis in die 1960er-Jahre hier ansässigen Kalkbrennerei befinde. Bei den weißen Steinen handele es sich um gebrannten Kalk vom Steinbruch Auerberg, der von der Witterung wieder abgelöscht worden sei. Die Fundamente des etwa 30 Meter langen und 15 Meter breiten Ringofens sind noch gut auszumachen. "Auerberg war einer der größten Kalksteinbrüche der Region. Der dunkle Stein hatte einen hohe Reinheit und war deshalb ideal zum Brennen", so Feuerstein. Dem Kalkwerk sei übrigens auch der Bahnhaltepunkt Arfurt zu verdanken, den es bei Eröffnung der Bahnstrecke noch gar nicht gab.
Ein Taufbecken aus Spitzwinkel-Marmor
Nach einer beschwerlichen Steigung auf den Arfurter Weinberg machte die Gruppe in der Arfurter Kirche Halt und bewunderte das aus Spitzwinkel-Marmor gefertigte Taufbecken und den Hauptaltar aus Villmarer Bongard. Bei einem Abstecher auf den historischen Friedhof gab es alte Marmor-Grabsteine zu entdecken, deren Inschriften immer noch gut lesbar sind.
Nun ging es dem "LW" folgend wieder abwärts zur Bahnlinie und am Fuße des Arfurter Felsens entlang. Dieser Felsen zeichnet sich durch einen außergewöhnlichen Bewuchs aus. "Solche Moose würde man eher im Mittelmeerraum vermuten", weiß Feuerstein. Interessant sei auch, dass sich mitten im Schalstein immer wieder Lavabrocken und Kalkstein finden lassen. Dieses Durcheinander könne nur durch ein Erdbeben entstanden sein.
Auf einem asphaltierten Weg vorbei am Campingplatz führte ein letzter Aufstieg wieder Richtung Villmar. Etwa 200 Meter vor der Landstraße zweigte der Wanderweg links ab in einen von alten Eichen gesäumten Wiesenweg. Hier gab es noch einen Leckerbissen für das Auge: der Blick von der Höhe des Arfurter Felsens hinab in das sanfte Tal "Strut" mit der Arfurter Lahnschleife. "Wer hier im Mai oder Juni ist, bekommt ein tolles Froschkonzert zu hören, das vom Altwasser der Lahn heraufschallt", erzählte Feuerstein.
Zum Abschluss der Wanderung zeigte sich, dass auch ein bergab führender Pfad herausfordernd sein kann. Die Mühe des teils mit Stufen gesicherten steilen Waldwegs wurde mit dem Blick auf Hunderte blaue Blüten des unter Naturschutz stehenden Lungenkrauts entschädigt.
Nach gut drei Stunden war die Wandergesellschaft wieder am Bahnhof Villmar angekommen.