Energie: Was Politiker empfehlen – und Experten dazu meinen

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Ein Energiespar-Tipp lautet "kalt duschen". Bringt das was? Archivfoto: dpa
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Alle reden vom Energie sparen, auch unsere Bundespolitiker. Vorhänge zu oder kalt duschen – bringt das wirklich was? Das haben wir Mainzer Energieexperten gefragt.

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MAINZ. Robert Habeck (Grüne) zieht die Gardinen zu und dreht die Heizung runter, Thomas Huber (CSU) spült die Toilette mit Regenwasser und das Wirtschaftsministerium rät zum Tausch der Duschköpfe. Der Mainzer Energieberater Christoph Amann und Hans Weinreuter, Fachbereichsleiter Energie und Bauen, von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz stellen die Tipps der Bundespolitiker auf den Prüfstand.

Christoph Amann: Diese Aussage ist mit Vorsicht zu genießen. In verschiedenen Räumen herrschen normalerweise unterschiedliche Temperaturen – im Schlafzimmer zum Beispiel 18 Grad Celsius und im Badezimmer bis zu 22 Grad. Wenn nun feuchtwarme Luft aus dem Bad in einen kühlen Raum wie das Schlafzimmer kommt, ist es wahrscheinlich, dass die Feuchtigkeit aus der Luft an kalten Stellen im Raum ausschlägt, wodurch es zu Schimmelbildung kommen kann. Das kann man durch Schließen der Türen aber verhindern. Schimmelbildung beugt man durch regelmäßiges Lüften und auch Heizen vor.

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Hans Weinreuter: Räume, in denen man sich selten aufhält, können durchaus weniger geheizt werden. Man muss beim Heizverhalten aber auch immer zwischen Altbauten und gut gedämmten Neubauten unterscheiden, weil die Behaglichkeit nicht nur von der Raumlufttemperatur, sondern auch von der Oberflächentemperatur der Außenbauteile abhängt.

Christoph Amann: Das ist nicht unbedingt zu empfehlen. Durch den verdeckten Heizkörper kann sich der Raum nicht gleichmäßig erwärmen. Besser ist es, die Rollläden zu schließen, da besonders bei alten Fenstern der Wärmeschutz deutlich über fünf Prozent verbessert werden kann.

Hans Weinreuter: Durch das Zuziehen der Gardinen spart man nicht fünf Prozent, sondern eher ein Prozent Energie ein – und auch nur dann, wenn die Gardinen dicht schließen. Dabei ist es immer wichtig, um welche Art von Gardinen es sich handelt: Sind sie bodenlang oder kürzer? Denn durch bodenlange Vorhänge wird der Heizkörper verdeckt und der Wärmeaustausch erschwert.

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Christoph Amann: In regenreichen Regionen kann es Sinn machen, das Regenwasser neben der Gartenbewässerung auch für die Toilettenspülung oder Waschmaschine zu nutzen. Durch die geringe Härte eignet sich Regenwasser sehr gut zum Waschen, wodurch auch weniger Waschmittel notwendig wird. Regenwasser sollte jedoch nicht von allen Dächern genutzt werden. Das qualitativ beste Regenwasser liefern geneigte Dächer mit harter Dachhaut aus Ziegel, Dachsteinen, Schiefer, Zink- oder Edelstahlblech. Tipp: Mit Regenwasser kann man auch die Photovoltaik-Anlage gut reinigen, da keine Kalkflecken entstehen. Zudem kann die Anlage im Sommer damit gekühlt werden, was den Wirkungsgrad der Anlage um fünf bis zehn Prozent verbessern kann. Vorteil: Das Regenwasser fließt über die Dachrinne wieder zurück in die Zisterne.

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Hans Weinreuter: Diese Verwendung einer Zisterne hat nichts mit dem Energiesparen zu tun. Trinkwasserressourcen werden dadurch allerdings eingespart.

Christoph Amann: Ja, das ist sinnvoll, denn je kühler und kürzer man duscht, desto weniger Energie wird für die Warmwasserbereitung benötigt.

Hans Weinreuter: Das ist richtig. Am meisten Energie kann man einsparen, wenn man nicht nur fünf Minuten duscht, sondern zusätzlich auch das Wasser während des Einseifens abstellt und zudem Sparduschköpfe verwendet.

Christoph Amann: Das ist richtig. Allerdings dürfen Räume auch nicht zu kalt sein, da sonst das Schimmelrisiko steigt. Leicht umsetzen kann man hier die Nachtabsenkung der Heizung, die an der Heizungssteuerung einfach eingestellt werden kann. Hier sollte aber ein Fachkundiger, beispielsweise ein Energieberater, hinzugezogen werden und das Objekt zuvor prüfen, um festzustellen ob es für eine Nachtabsenkung geeignet ist.

Hans Weinreuter: Hier spielt es eine Rolle, dass die Temperatur wirklich in allen Räumen konsequent reduziert wird. Aber frieren hängt mit mehreren Faktoren zusammen: Wie gut ist das Haus gedämmt? Ist es alter Bestand oder ein Neubau? Dieses Behaglichkeitsempfinden steht in Zusammenhang mit dem Dammstandard des Hauses und dem individuellen Kälteempfinden.

Christoph Amann: Richtig, mittlerweile gibt es eine gute Auswahl an wassersparenden Duschköpfen. Bei Duschen können aber auch Durchflussbegrenzer angebracht werden, an Wasserhähnen Perlatoren (Strahlregler). Möglich ist eine Wassereinsparung um bis zu 50 Prozent. Man spart nicht nur Wasser, sondern auch Energie für die Warmwasserbereitung.

Hans Weinreuter: Das ist sinnvoll.

Von Pauline Schottler