Geldautomat in Mainz gesprengt – Audi zurückgelassen

Der gesprengte Geldautomat in der Marc-Chagall-Straße in Mainz-Drais. Foto: Sascha Kopp
© Sascha Kopp

Mit einem enorm lauten Knall ist am frühen Dienstagmorgen in Drais ein Geldautomat gesprengt worden. Es folgte eine wilde Flucht der Täter.

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MAINZ. Bislang unbekannte Täter haben am frühen Dienstagmorgen gegen 3.50 Uhr einen Geldautomaten in einem frei stehenden Servicehäuschen der Mainzer Volksbank (MVB) in der Marc-Chagall-Straße im Stadtteil Drais gesprengt. Die Detonation, die nach derzeitigem Erkenntnisstand wohl durch Festsprengstoff herbeigeführt wurde, sei noch einige Kilometer entfernt zu vernehmen gewesen, berichtet die Polizei, etwa auf dem Lerchenberg. Nach der Sprengung gingen in der Leitstelle zahlreiche Notrufe ein – von Personen, die durch das laute Knallgeräusch aufgeschreckt wurden, zudem von Zeugen, die die nach aktuellem Stand vermutlich drei Täter bei der Sprengung sowie auf der anschließenden Flucht mit einem dunklen Fahrzeug der Marke Audi beobachtet hatten.

Der gesprengte Geldautomat in der Marc-Chagall-Straße in Mainz-Drais.
Der gesprengte Geldautomat in der Marc-Chagall-Straße in Mainz-Drais.
Der gesprengte Geldautomat in der Marc-Chagall-Straße in Mainz-Drais.
Der gesprengte Geldautomat in der Marc-Chagall-Straße in Mainz-Drais.
Selbst Autofenster gingen aufgrund der Druckwelle bei der Sprengung zu Bruch.
Selbst Autofenster gingen aufgrund der Druckwelle bei der Sprengung zu Bruch.
Selbst Autofenster gingen aufgrund der Druckwelle bei der Sprengung zu Bruch.
Selbst Autofenster gingen aufgrund der Druckwelle bei der Sprengung zu Bruch.

Die Kriminellen erbeuteten nach Polizeiangaben Bargeld in nicht näher bezifferter Höhe. Auf der Flucht fuhren sie durch Drais und Finthen, kollidierten wiederholt mit am Straßenrand geparkten Fahrzeugen. Später ließen sie den durch die Zusammenstöße beschädigten Audi in der Waldthausenstraße in Finthen zurück. Die genauen Umstände sind nicht abschließend geklärt. Gleiches gilt für die Frage, auf welche Weise sie ihre Flucht fortsetzten. Ob mit einem weiteren Fahrzeug, zu Fuß oder mit anderen Verkehrsmitteln. Auch die Option, dass sie sich in der näheren Umgebung versteckten, war nicht auszuschließen.

Großfahndung auch mit Hunden und Hubschrauber

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Unmittelbar nach der Sprengung wurde eine groß angelegte Fahndung mit diversen Streifenwagen, Hubschrauber und Fährtenhunden eingeleitet. Stundenlang suchte die Polizei die Umgebung ab, errichtete Kontrollstellen auf Autobahnen. Zudem wurde die Bevölkerung gebeten, im Bereich der Mainzer Stadtteile Finthen, Gonsenheim und Drais, der Ingelheimer Ortsteile Wackernheim und Heidesheim sowie an der A60 keine Anhalter mitzunehmen und auffällige Personen umgehend über den Notruf den Behörden zu melden.

Im Laufe des Morgens stieß die Polizei auf den in Finthen zurückgelassenen Fluchtwagen, bei dem weiterer Sprengstoff gefunden wurde. Gegen 8.30 Uhr wurde der Sprengstoff von hinzugezogenen Entschärfern des rheinland-pfälzischen Landeskriminalamtes (LKA) noch vor Ort kontrolliert gesprengt und vernichtet. Die Detonation sorgte erneut dafür, dass diverse Notrufe in der Leitstelle eingingen.

Spuren vor Ort gesichert

Derweil übernahm die Kriminalpolizei die weiteren Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat. Wie üblich wurde auch das LKA hinzugezogen, das seit einiger Zeit jegliche in Rheinland-Pfalz verübten Geldautomatensprengungen bündelt, um Zusammenhänge zwischen Taten frühzeitig zu erkennen. Kriminaltechniker sicherten am Tatort in Drais Spuren. Das Geldautomatenhäuschen wurde durch die Detonation erheblich beschädigt. Das genaue Ausmaß der Zerstörungen sowie die Schadenshöhe müssten Sachverständige in den kommenden Tagen feststellen, so die Polizei.

Laut LKA kam es in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz bislang zu 26 Geldautomatensprengungen, darunter zwei in Mainz sowie weitere unter anderem im Gensingen, Nackenheim, Stromberg, Ockenheim und Kirn. Bei zehn Taten blieb es beim Versuch. In 23 Fällen wurden die Detonationen mit Festsprengstoff herbeigeführt, bei zwei Taten mit einem Gasgemisch. In einem Fall konnte das Sprengmittel nicht zweifelsfrei identifiziert werden. Im vergangenen Jahr war es in Rheinland-Pfalz insgesamt zu 23 Geldautomatensprengungen gekommen, davon zwei in Mainz. In 2020 wurden landesweit 35 Geldautomaten gesprengt.

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Zuletzt war es in Mainz am 8. März dieses Jahres gegen 4.10 Uhr in Weisenau zur Sprengung eines Geldautomaten gekommen. Abgesehen hatten es die unbekannten Täter im Heiligkreuzweg ebenfalls auf einen in einem frei stehenden Servicehäuschen untergebrachten Geldautomaten der MVB. Ihnen gelang trotz überregionaler Großfahndung die Flucht. Die Höhe der Beute ist nicht bekannt. Zuvor war in der Nacht auf den 31. Dezember 2021 ein Geldautomat im Westring in Mombach gesprengt worden, Anfang Dezember ein Automat auf dem Gelände der Johannes-Gutenberg-Universität.

Auch Banken rüsten auf

Ob es sich bei den Tätern im aktuellen Draiser Fall um Mitglieder organisierter Gruppierungen oder Einzeltäter handelt, ist nun Gegenstand der Ermittlungen. Über Jahre wurden Geldautomaten von Kriminellen meist mit Gas zur Detonation gebracht. Nachdem Banken die Geräte zusehends mit Gaserkennern und entsprechenden Absaugvorrichtungen ausstatteten, stiegen die Kriminellen vermehrt auf Festsprengstoff um. In 2021 wurden bundesweit bei 205 von 392 Geldautomatensprengungen Festsprengstoffe verwendet.

Das Phänomen ist generell vergleichsweise jung: Ab 2015 war die Anzahl der Geldautomatensprengungen in Deutschland enorm angestiegen. Hinter einem großen Teil der Taten, laut Behörden über 60 Prozent, stecken Mitglieder niederländisch-marokkanischer Banden. Es soll sich dabei um ein loses Netzwerk von mehreren Hundert Personen handeln. Das Banden-Geflecht betreibt laut Ermittlern Lagerhallen, aus denen sich Mitglieder bedienen, sich dort mit Tatkleidung, Gasflaschen oder Sprengstoff, Werkzeug, hochmotorisierten Fluchtfahrzeugen und gestohlenen Nummernschildern ausstatten. Vereinzelt sind auch osteuropäische Gruppierungen sowie Nachahmungstäter aktiv.

 
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