Ende Januar endete die Abgabefrist, aber die Stadt hat erst Daten für 15 Prozent ihres Grundbesitzes übermittelt. Warum das so ist und was private Eigentümer erwartet.
Mainz. Während die meisten Bürger und Unternehmen, die über Grundstücke oder Immobilien in Mainz verfügen, die vom Staat geforderte Grundsteuererklärung bis zum Ablauf der Frist am 31. Januar 2023 den Finanzämtern übermittelt haben, hinkt die öffentliche Hand deutlich hinterher. Das betrifft nicht nur Bundesländer wie Rheinland-Pfalz, das bislang erst für etwa 20 Prozent ihres Grundbesitzes diese Erklärung eingereicht hat, sondern auch die Stadt Mainz.
Die Landeshauptstadt hat bis kurz vor Fastnacht erst etwa 15 Prozent der städtischen Liegenschaften den Finanzämtern gegenüber deklariert, räumt Sarah Heil, Pressesprecherin der Stadt Mainz, auf Anfrage dieser Zeitung ein. Das sind etwa 850 Grundstücke. Dem gegenüber liegt die Quote für die knapp 78.000 Grundstücke in Mainz, die zum großen Teil in der Hand von privaten Eigentümern und Unternehmen sind, laut Auskunft des für das Finanzamt Mainz zuständigen Landesamtes für Steuern bei knapp 85 Prozent. Die Erklärungen sind notwendig, da auf Grundlage dieser Daten die ab 2025 zu zahlende Grundsteuer neu berechnet wird.
Warum aber hat die Stadt beim Großteil ihres Grundbesitzes die festgelegte Frist nicht eingehalten? Dazu heißt es von der städtischen Pressestelle: „Die Ermittlung der zur Grundsteuererklärung erforderlichen Daten ist sehr komplex und zeitintensiv. Seitens der Finanzämter wurden leider, auch auf Nachfrage hin, keine digitalen Datenbestände bereitgestellt, sodass durch die Verwaltung zunächst die analogen Ausfüllhilfen digitalisiert und die erforderlichen Daten extrahiert und strukturiert werden mussten.“ Vieles musste und muss manuell nachbearbeitet werden. Daher habe sich der Deklarationsprozess verzögert. Auch mussten für etwa 60 Prozent der Grundstücke, die in der Regel steuerbefreit sind, fehlende Aktenzeichen beim Finanzamt nachgefordert werden. Diese seien erneut analog zur Verfügung gestellt worden und mussten daher digital aufbereitet werden, so die Pressesprecherin. Steuerbefreit sind städtische Flächen wie Straßen und Plätze oder Immobilien wie Schulen und Kitas, die öffentlichen Belangen dienen. Städtische Immobilien, bei denen zum Beispiel über Vermietungen Einnahmen erzielt werden, indes sind steuerpflichtig.
Vielen Privatleuten und Firmen dürfte der Vorgang bekannt sein: Zahlreiche Daten liegen dem Finanzamt zwar vor, sie müssen dennoch bei der Grundsteuererklärung online eingegeben werden. Was für den Privathaushalt und Unternehmen ärgerlich und teils auch sehr zeitaufwendig ist, stellt die Stadt mit mehreren tausend Grundstücken vor eine noch viel größere Aufgabe.
Erste Immobilieneigentümer haben Bescheide erhalten
Wer frühzeitig seine Erklärung eingereicht hat, der hat womöglich bereits ein Schreiben des Finanzamtes im Briefkasten gehabt, in dem der neue Steuermessbetrag genannt wird. Dieser Messbetrag, der sich in Rheinland-Pfalz aus Faktoren wie Grundstücksgröße, Wert des Grundstücks, Gebäudebaujahr oder Nutzung der Immobilie ergibt, ist die Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer B ab dem Jahr 2025.
Dabei wird der Steuermessbetrag multipliziert mit dem Hebesatz, den der Stadtrat festlegt und der derzeit bei 480 Punkten liegt. Dazu zwei Beispiele: Für ein Reihenendhaus, dessen alter Messbetrag bisher bei 99 Euro liegt, ergibt sich durch den Hebesatz von 480 Prozent ein Betrag von 475,20 Euro, der alljährlich als Grundsteuer zu zahlen ist. Nach der Neuberechnung mit den neuen Daten liegt der Messbetrag für diese Immobilie nun bei 152 Euro. Damit würde die Grundsteuer bei Beibehaltung des Hebesatzes von 480 Prozent auf 729,60 Euro ab dem Jahr 2025 steigen. Beim zweiten Beispiel, einer etwa 60 Quadratmeter großen Zwei-Zimmer-Wohnung, würde sich die Grundsteuer um etwa 20 Euro auf knapp 240 Euro im Jahr erhöhen. In Mietwohnungen legt der Vermieter in der Regel die Grundsteuer auf den Mieter um.
Die Ampelkoalition im Stadtrat hatte 2019 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass die zum 1. Januar 2025 in Kraft tretende Grundsteuerreform für die Stadt aufkommensneutral umgesetzt werden soll. Sprich: Einige zahlen mehr, andere weniger. Die Stadt werde das durch die Anpassung des Hebesatzes sicherstellen, so Pressesprecherin Sarah Heil. Hierzu müssten der Stadt jedoch erst alle Daten vom Finanzamt vorliegen.
Die SPD-Stadtratsfraktion verspricht, sie wolle sich dafür einsetzen, dass die Grundsteuerreform aufkommensneutral sein soll, sagt Fraktionschefin Jana Schmöller. „Das heißt: Die Stadt wird nach der Reform nicht mehr und nicht weniger als vor der Reform einnehmen.“ Auch wenn der Messbetrag für eine Wohnung oder ein Haus steige, bedeute das nicht zwangsläufig, dass ab Start der Reform im Jahr 2025 hierfür mehr Grundsteuern fällig werden“, so der finanzpolitische Sprecher Andreas Behringer. „Sobald ausreichend Daten für Mainz vorliegen, werden wir die Stadtverwaltung beauftragen zu analysieren, wie sich die Messbeträge durch die Reform in der Stadt insgesamt verändert haben. Danach ist es, spätestens 2024, Aufgabe des Stadtrats, den Hebesatz entsprechend anzupassen.“ Sollten die Messbeträge in Mainz insgesamt steigen, werde sich die SPD-Fraktion für eine Senkung des Hebesatzes stark machen. Unter anderem die CDU hatte bereits bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes 2023/24 eine Reduzierung des Hebesatzes gefordert.