Biedenkopfer Firma Metallbearbeitung Becker spart konsequent Strom und Kosten
Viele reden derzeit von E-Mobilität, in der Biedenkopfer Firma Metallbearbeitung Becker ist sie bereits seit über einem Jahr im Einsatz - und zwar um Kunden im Hinterland mit Waren zu beliefern. Die Antwort von Firmenchef Frank Becker, warum er auf diese Zukunftstechnologie setzt, fällt denkbar knapp aus: "Weil es sich rechnet", sagt er.
Von Hartmut Bünger
Redakteur Biedenkopf
Über rund 6000 Quadratmeter erstreckt sich die Dachfläche der Metallbearbeitung Becker GmbH in Biedenkopf. Mit den dortigen Photovoltaik-Anlagen deckt die Firma 43 Prozent ihres Strombedarfs. Geschäftsführer Frank Becker versteht nicht, wieso so viele Firmendächer in Biedenkopf leer bleiben. Foto: Hartmut Bünger
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BIEDENKOPF - Viele reden derzeit von E-Mobilität, in der Biedenkopfer Firma Metallbearbeitung Becker ist sie bereits seit über einem Jahr im Einsatz - und zwar um Kunden im Hinterland mit Waren zu beliefern. Die Antwort von Firmenchef Frank Becker, warum er auf diese Zukunftstechnologie setzt, fällt denkbar knapp aus: "Weil es sich rechnet", sagt er.
Wer mit Becker ins Gespräch kommt über Umweltbewusstsein und ökologisches Handeln in der Wirtschaft, merkt schnell: Die beiden E-Mobile - ein Citroën Berlingo und ein Renault Twizy - sind nur ein Mosaikstein einer Haltung, die das gesamte Unternehmen durchdringt. Wobei Becker sich gar nicht als Öko sieht, sondern als wirtschaftlich denkenden Menschen: "Man muss kein Öko sein", sagt er im Gespräch mit dem Hinterländer Anzeiger, "um so zu handeln; man muss nur die Zahlen vergleichen und logisch denken."
Daher sind die Dächer der Hallen übersät mit Photovoltaik-Anlagen. Fast 50 Prozent ihres Strombedarfs deckt die Firma durch selbstproduzierten Strom. Wohlgemerkt im Jahresmittel. Wenn die Sonne im Frühjahr stärker wird, kommen die Tage, an denen die Firma den ganzen Tag über mit dem eigenen Strom auskommt. Erst im Herbst und im Winter muss sie Strom zukaufen. Und auch hier achtet Becker genau darauf, wo der Strom herkommt. "Wir kaufen nur echten Ökostrom", unterstreicht er. Und "echt" bedeutet: von deutschen Lieferanten, deren Ökostrom auch tatsächlich in Deutschland hergestellt wird und die nachhaltig handeln.
GESCHICHTE
Die Metallbearbeitung Becker GmbH (mbb) ist 1996 in Dautphetal gegründet worden.
Fünf Jahre später entstand der Neubau in der "Wolfskaute" in Biedenkopf. 2007 und 2010 kamen zwei weitere Hallen hinzu; sie wurden 2015 nochmals erweitert.
Die Zahl der Mitarbeiter ist von neun im Jahr 2001über 38 im Jahr 2007 auf derzeit über 80 gestiegen. Der überwiegende Teil arbeitet im gewerblichen Bereich, zehn in Verwaltung, Einkauf und Arbeitsvorbereitung. Hinzu kommen acht Auszubildende und ein Jahrespraktikant.
Etwa die Hälfte der belieferten Firmen arbeitet im Maschinenbau; darüber hinaus spielen Kunden aus dem Kraftfahrzeug-, Gießerei- und Optik-Bereich eine große Rolle.
65 Prozent der Kunden sind in einem Umkreis von 50 Kilometern zu finden, 80 Prozent in einem Umkreis von 200 Kilometern.
Der Geschäftsführer der Biedenkopfer Firma kann nur schwer verstehen, dass andere es ihm nicht nachtun. "Der selbst hergestellte Strom ist günstiger als der gekaufte", sagt er. Umso mehr wundert er sich, dass er auf Biedenkopfer Firmendächern nicht viel mehr Solarstromanlagen sieht. "Die Leute machen da etwas nicht richtig", ist er überzeugt.
Lampen rechnen sich innerhalb weniger Jahre
Dass er einen so hohen Anteil des eigenen Strombedarf selbst deckt, liegt auch daran, dass die Firma sparsam mit dem Strom umgeht. Die alten Quecksilberdampflampen in der Produktion sind längst einer modernen LED-Beleuchtung gewichen. Über den Daumen gepeilt macht das den Jahresverbrauch von zehn durchschnittlichen Haushalten aus.
Die Lampen, weiß Becker, hätten sich innerhalb weniger Jahren amortisiert, seitdem spart die Firma. Hinzu kommen intelligente Systeme: "Wenn Sie ins Lager gehen, geht das Licht an, wenn sie das Lager verlassen, geht es wieder aus", erklärt Frank Becker. Bewegungsmelder machen es möglich. Lichtsensoren sorgen darüber hinaus dafür, dass niemand mehr in den Betriebsstätten die Lichtschalter im Auge behalten muss. Abhängig von der Außen- und Umgebungshelligkeit werden die Lampen mit dem Start der ersten Schicht am frühen Morgen um 5 Uhr automatisch geregelt. Geschaltet nach Maschinengruppen, damit nicht Licht brennt, wo gar keins gebraucht wird.
Während Becker erklärt, wie er so schon seit fast zwei Jahrzehnten in der Firma Umweltbewusstsein lebt, fallen immer wieder die gleichen Sätze. "Das ist doch eine vollkommen natürliche Vorgehensweise", sagt er beispielsweise. Oder noch kürzer: "Das ist doch nur logisch." Es ist aber nicht nur der Strom, bei dem das Biedenkopfer Unternehmen sparsam mit den Ressourcen umgeht. In einer Ecke der Versandabteilung liegt zum Beispiel ein hoher Berg gebrauchter Kartons.
Die landen bei Becker nicht im Altpapier, sondern werden nochmals für den Versand genutzt. "Weiterverwendung" nennt Mitarbeiterin Melanie Balzer das - in ihren Augen ein noch besserer und direkterer Weg als Wiederverwertung per Recycling. Um etwa die Hälfte hat sie den Verpackungseinkauf so heruntergefahren. "Wir sparen also Geld", erklärt sie, "nur weil wir genauer danach gucken, wie wir verpacken."
Regenwasser landet in der Zisterne
Wasser ist ein weiteres großes Thema. Seit 2002 wird das Regenwasser von den Dachflächen in eine große Zisterne geleitet. So wird kein Trinkwasser benötigt für das Wasser, das in der Produktion für die Kühlung gebraucht wird.
Mit Nachdruck hat Metallbearbeitung Becker auch daran gearbeitet, die Abwärme aus der Drucklufterzeugung sinnvoll zu nutzen. Sie dient dazu, den kompletten Neubau zu heizen. Als fertiges Produkt habe es das nicht gegeben, erzählt Frank Becker, deshalb habe man die Steuerung der Warmwasserspeicher selbst entwickelt und gebaut.
Auf viele andere Details achtet das Unternehmen: So kauft die Firma nur Handwaschpaste, die ohne Mikroplastik auskommt. Mitarbeiter, die am Getränkeautomaten einen Mehrwegbecher nutzen, zahlen fünf Cent weniger. Und ein Getränkeautomat, der Plastik- statt Glasflaschen nutzt, kam dem Geschäftsführer gar nicht erst ins Haus. Ebenso wenig wie Plastikklebeband - Papierklebeband tue es genauso gut, sind Melanie Balzer und er überzeugt. Auf eins aber komme es vor allem an: Nicht nur reden, sondern tun. "Man muss es einfach machen", sagt Becker.