Viele Menschen aus der Ukraine sind auf der Flucht vor der russischen Invasion. Wie Mittelhessen sie jetzt unterstützen können, beantworten Hilfsorganisationen aus der Region.
Von Natascha Gross
Online-Redakteurin
In Stuttgart wird bereits für ukrainische Geflüchtete vorgesorgt. Auch in Mittelhessen gibt es Stellen, die Spenden entgegen nehmen und Helfer benötigen. Foto: Andreas Rosar/dpa
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MITTELHESSEN - Mehr als 500.000 Ukrainer sind laut UN bereits jetzt vor der russischen Invasion in benachbarte Länder geflohen. Wie viele Geflüchtete in Deutschland zu erwarten sind, ist laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) noch nicht abschätzbar. 1.800 Ukrainer seien seit Kriegsbeginn bereits in die Bundesrepublik eingereist (Stand: 28. Februar). Wie können Bürger jetzt Hilfe leisten? Wir haben mit Hilfsorganisationen in Mittelhessen darüber gesprochen.
Auf der Flucht wird vieles benötigt: Kleidung, Lebensmittel, Medikamente, Hygieneartikel und auch Zelte gehören dazu. Die Flüchtlingshilfe Mittelhessen weiß aber auch: "In Polen sind die Lager prall gefüllt mit Hilfsgütern", sagt Sprecherin Bettina Twrsnick. Sie rät davon ab, als Privatperson auf eigene Faust mit einem Transporter an die ukrainische Grenze zu fahren. Sprachprobleme, Kälte und unkoordiniertes Handeln würden eher zu Frust führen. Wer Kleidung spenden möchte, könne dies an den üblichen Stellen wie beispielsweise Kleiderkammern und Second-Hand-Läden tun. Diese kommen den Menschen dann zugute, wenn sie hier angekommen sind. In der jetzigen Situation sei es aber wichtiger, die Menschen zu unterstützen, die Verwandte aus der Ukraine nach Deutschland holen wollen. "Wir unterstützen diese Familien finanziell, denn nicht jeder kann sich die Fahrt und die Versorgung der Verwandten leisten", sagt Bettina Twrsnick. Deshalb seien Geldspenden derzeit am hilfreichsten. Wer die Flüchtlingshilfe Mittelhessen unterstützen möchte, kann über das allgemeine Spendenkonto mit dem Stichwort "Ukraine" helfen.
WAS KANN ICH NOCH TUN?
Demonstrieren: "Mahnwachen stärken das "Wir-Gefühl", sagt Bettina Twrsnick von der Flüchtlingshilfe Mittelhessen.
Social Media: Beiträge teilen, welche Organisationen Hilfe für Geflüchtete anbieten. "Wir teilen außerdem Informationen, wo Schwarze nicht über die Grenze gehen sollten, weil sie dort sonst aufgrund ihrer Hautfarbe zusammengeschlagen werden", sagt Bettina Twrsnick.
Private Unterkünfte werden benötigt
Bettina Twrsnick hofft aber auch, dass die Hilfsbereitschaft auch dann noch da ist, wenn die große Flüchtlingswelle in Deutschland angekommen ist. Ersthilfe würden zurzeit Verwandte leisten, erste Geflüchtete seien bereits in Berlin und Görlitz angekommen. Aber der Großteil der Menschen würde sich derzeit in den Auffanglagern in Polen und Ungarn befinden. "Das hat eine Wellenfunktion, der Westen Deutschlands wird erst später betroffen sein", sagt sie. Doch auch wenn die Welle erst spät kommt - die staatlichen Unterkünfte würden nicht ausreichen. "Wir schaffen das auf gar keinen Fall. Afghanistan hat schon eine riesen Welle hervorgerufen", sagt Bettina Twrsnick. Es werden also auch private Unterkünfte benötigt. Wer Wohnraum in Wetzlar zur Verfügung stellen kann, wird von der Flüchtlingshilfe in eine Liste eingetragen. Alle anderen Angebote sollen an die jeweilige Gemeindeverwaltung oder an den Kreis gemeldet werden.
"Hilfe für die Ukraine sollte nicht punktuell und situativ sein, sondern nachhaltig und wirkungsvoll."
Veronika Klum, Caritasverband Limburg
Für langfristige Hilfen spricht sich auch der Caritasverband Limburg aus. Zum jetzigen Zeitpunkt soll erst einmal Ruhe bewahrt werden. "Hilfe für die Ukraine sollte nicht punktuell und situativ sein, sondern nachhaltig und wirkungsvoll", sagt Pressesprecherin Veronika Klum. Wer etwas tun möchte, soll deshalb an Caritas international oder das Bündnis "Aktion Deutschland Hilft", zu der auch die Caritas gehört, spenden. Außerdem hat das Hessische Innenministerium eine Hotline eingerichtet und bietet Informationen.
Für die sogenannten "Anziehpunkte", die Kleiderkammern der Caritas, soll keine Kleidung speziell für die Ukraine abgegeben werden. "Wir haben keine Kapazitäten, um diese zu lagern oder weiter zu transportieren", sagt Veronika Klum.
Stattdessen sei langfristige Unterstützung benötigt. Die Sozialbüros in Limburg, Weilburg, Hadamar, Elbtal, Bad Camberg und Mengerskirchen suchen ehrenamtliche Berater. "Auch die 'Anziehpunkte' in Limburg, Bad Camberg und Weilburg freuen sich über ehrenamtliche Unterstützung", sagt sie. Wer Interesse hat, kann sich bei Detlef Knopp, Telefon 06431-200544 oder per Mail an detlef.knopp@caritas-limburg.de melden.
Geflüchtete aus der Ukraine überqueren den Grenzübergang Medyka.
(dpa/Markus Schreiber)
Die Malteser Limburg berichten, dass bereits mehrere Lkw der Hilfsorganisation in die Ukraine gefahren sind. Die Lager seien jedoch zurzeit voll, sodass keine Sachspenden benötigt würden. Man wolle sich erst auf ukrainischer Seite erkundigen, was noch benötigt werde. "Wir unterstützen mit den Spenden die Menschen vor Ort in der Ukraine, aber auch die Flüchtlinge, die auf dem Weg raus aus der Ukraine sind", sagt Pressesprecher Patrick Pöhler. Wer helfen möchte oder Hilfe sucht, kann sich bei den Maltesern über eine eigens eingerichtete Website melden oder spenden.
Das Diakonische Werk Marburg-Biedenkopf ist noch in Gesprächen bezüglich möglicher Hilfen. "Das wird übergeordnet geregelt, noch haben wir keine Informationen darüber", sagt Julia Strömer. Für die Flüchtlingsberatung in asylrechtlichen Fragen sei man aber auf jeden Fall Ansprechpartner.
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Mit Transportern an die Grenze fahren will die Obdachlosenhilfe Lahn-DillNoch in dieser Woche, spätestens aber Anfang nächster Woche sollen die ersten beiden Transporter losfahren. Geplant sind mehrere Fahrten nach Medyka. Initiator Evgenij Huwa hat eine Kontaktperson an der polnischen Grenze. In seinem privaten Keller in Herborn werden sowohl Spenden für die Obdachlosenhilfe, als auch für die Ukraine gelagert. "Zwölf Personen haben sich bereits gemeldet, die Hilfsgüter vorbeibringen wollen, außerdem sind schon 210 Euro Spendengelder eingegangen", sagt er. Zehn Helfer hat Evgenij Huwa zum Packen und Beladen der Transporter, zwei Freunde fahren mit. "Die Transporter kommen von einem Bekannten, den Sprit zahlen wir aus eigener Tasche", erklärt er. Was alles benötigt wird und wohin gespendet werden kann, erfahren Sie hier.
Auch die Ukrainehilfe Breitscheid will einen Lkw und zwei große Sprinter ins Krisengebiet schicken. Wer die Organisation unterstützen möchte, kann am Samstag, 5. März Spenden bei einer Sammelaktion im Depot des Vereins im Dillenburger Stadtteil Fronhausen abgeben. Helfer werden ebenfalls benötigt.
70 Euro kostet ein Nothilfepaket für eine Familie
Die Gießener Hilfsorganisation Gain hat bereits Transporter ins Krisengebiet geschickt. Nach eigenen Angaben sind Matratzen, Decken, Kleidung, Lebensmittel und Hygieneartikel schon in angrenzenden Ländern angekommen. Wer Geld spenden möchte, bekommt aufgelistet, wie viel Geld für was benötigt wird: So würden beispielsweise 70 Euro ein Nothilfepaket mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln für eine Familie finanzieren, 600 Euro kostet ein Zelt mit festem Boden und Betten. Es können auch Hygienepakete gespendet werden. Was genau benötigt wird, listet Gain auf seiner Website auf. Abgabestellen gibt es nicht nur in Gießen, sondern beispielsweise auch in Hühnstetten, Greifenstein und Lahnau.
Der Landkreis Gießen freut sich indes über zahlreiche Wohnraum-Angebote, die bereits für Geflüchtete aus der Ukraine eingegangen sind. "Die Resonanz ist riesig", sagt Sozialdezernent Hans-Peter Stock. 200 Personen hätten sich bereits gemeldet. "Teilweise werden einzelne Zimmer auf Zeit angeboten, teilweise ganze Wohnungen oder sogar Plätze in einer WG", berichtet Achim Szauter, Leiter des Fachdienstes Migration beim Landkreis Gießen. Angebote würden aus allen Teilen der Bevölkerung und allen Altersgruppen kommen - von über 80-Jährigen bis zu Studierenden. Auch Kommunen würden Plätze anbieten - etwa in derzeit nicht genutzten Freizeiteinrichtungen. Elf Angebote für neue Gemeinschaftsunterkünfte liegen vor, die der Landkreis möglicherweise auch für andere Gruppen geflüchteter Menschen nutzen könnte. Wer Wohnraum anbieten will, kann sich weiterhin per E-Mail an Gemeinschaftsunterkuenfte@lkgi.de melden.