4000 Menschen kommen zu Marburger Mahnwache gegen den Krieg
"Stoppt diesen Krieg": Oberbürgermeister Thomas Spies hat mit anderen vor 4000 Menschen in Marburg gesprochen. Alle forderten ein sofortiges Kriegsende in der Ukraine.
Von red
Rund 4000 Menschen versammeln sich am Samstag zur Mahnwache für den Frieden vor dem Erwin-Piscator-Haus, um ein Ende des Kriegs zu fordern und Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen. Foto: Patricia Grähling/Stadt Marburg
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MARBURG - Rund 4000 Menschen haben sich am Samstag in Marburg zu einer Mahnwache des Friedens versammelt. Wie in vielen anderen Städten in Deutschland, in Europa, in Russland selbst und in aller Welt forderten auch die Menschen in Marburg ein sofortiges Ende des Krieges in der Ukraine und setzten ein Zeichen für Frieden und Solidarität.
"Vielen Dank, dass Sie alle heute hier zusammengekommen sind", begrüßte Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) die große Menschenmenge vor dem Erwin-Pisctor-Haus und in den umliegenden Straßen. Darunter waren auch viele Politiker, Vertreter der Religionsgemeinschaften, der Universität sowie Bürger aus dem gesamten Landkreis.
Ausdrücklich begrüßte der Oberbürgermeister auch die Marburger, die aus der Ukraine und aus Russland stammen, und die zahlreichen ukrainischen und russischen Studierenden in Marburg, die zur Mahnwache gekommen waren. Auf Plakaten waren Aufrufe zum Frieden zu sehen, geschrieben in Blau-Gelb, die Farben der ukrainischen Flagge, oder auf Regenbogen-Hintergrund, versehen mit Friedenszeichen wie der Taube.
Solidarität mit den Menschen in der Ukraine: Marburgs Oberbürgermeister Thomas Spies mit Staatsministerin Angela Dorn (v.l.), Stadtverordnetenvorsteherin Elke Neuwohner, Bürgermeisterin Nadine Bernshausen und Mitgliedern des Deutsch-Ukrainischen Freundschaftsvereins Marburg.
(Foto: Patricia Grähling/Stadt Marburg)
"76 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist wieder Krieg in Europa", sagte Spies. "In dieser Stunde hageln Schüsse, detonieren Granaten in den Straßen von Kiew, und die Menschen verstecken sich in den Bunkern und den U-Bahn-Schächten. Tausende, vielleicht Hunderttausende Menschenleben sind in Gefahr für die Größenfantasie eines zutiefst frustrierten Mannes aus einer alten, längst überkommen geglaubten Zeit", so Spies weiter, "dafür gibt es keine Entschuldigung und keine Rechtfertigung".
Der Überfall Putins auf das Nachbarland sei kein Krieg der Russen gegen Ukrainer, sondern "ein Verbrechen, der Krieg eines Diktators und seiner Nomenklatura, denen das Schicksal der Menschen, egal wo sie leben, gleichgültig ist", betonte der Oberbürgermeister unter großem Beifall. "Krieg kennt keine Sieger. Krieg kennt nur Verlierer - auf beiden Seiten."
In Marburg funktioniere das vielfältige Zusammenleben von Menschen aus aller Welt friedlich, frei und demokratisch. "Und wir stehen gemeinsam auf, wenn wir Unrecht sehen, um ,Halt' zu sagen", so der Oberbürgermeister. "Unsere Botschaft ist klar: Stoppt diesen Krieg. Stoppt alle Kriege."
Stadtverordnetenvorsteherin Elke Neuwohner (Grüne) sprach vor dem Erwin-Piscator-Haus von ihren Begegnungen als Studentin mit Frauen in St. Petersburg. Sie berichtete von dem Mitleid, das diese Frauen ihr, einer damals jungen Mutter von zwei Söhnen, entgegenbrachten: "Denn für sie war ganz präsent, dass Söhne einer Mutter verloren gehen, weil sie zur Armee müssen, weil sie in den Krieg müssen und danach als gebrochene Menschen zurückkommen." Dieser Gedanke sei ihr so fern gewesen. "Ich bin wie die meisten mit der trügerischen Gewissheit aufgewachsen, dass für immer Frieden in Europa sein würde. Wir waren uns zu wenig bewusst, was das für ein Luxus ist. Ein europäischer Luxus."
Rund 4000 Menschen versammeln sich am Samstag zur Mahnwache für den Frieden vor dem Erwin-Piscator-Haus in Marburg, um ein Ende des Kriegs zu fordern und Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zu zeigen.
(Foto: Patricia Grähling/Stadt Marburg)
Marburg wolle dort handeln, wo es als Kommune möglich sei - sich vorbereiten, um Flüchtenden eine sichere Unterkunft zu bieten "und gemeinsam beraten, was wir noch tun können. In dieser Frage sind wir uns völlig einig", versicherte die Stadtverordnetenvorsteherin.
Für die Friedensbewegung sprach Anne Maximiliane Jäger-Gogoll vor dem Erwin-Piscator-Haus: "Kriege gehen überall und immer auf Kosten der Zivilbevölkerung, es sind die Schwächsten, die am meisten unter ihnen leiden. Wir sind erschüttert, die Menschen zu Tausenden vor den Kriegshandlungen aus der Ukraine fliehen zu sehen. Ihnen sollte jede mögliche Hilfe und Aufnahme entgegengebracht werden", forderte Anne Maximiliane Jäger-Gogoll.
Mit einer spontanen Rede trat Svitlana Dyachenko vom Deutsch-Ukrainischen Verein Marburg auf die Bühne. Sie berichtete - geboren in Russland, aufgewachsen in der Ukraine als Kind ukrainisch-russischer Eltern - emotional von der Situation ihrer Verwandten im Osten der Ukraine. Sie forderte Solidarität und Unterstützung der Ukraine und ein sofortiges Kriegsende.
"Ein Präsident, in dessen Land so viel Armut und Korruption herrscht wie in Russland, sollte sich um diese Probleme kümmern, statt ein Nachbarland zu überfallen."
Volker Mantey, Propst der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck im Spengel Marburg
"Ein Präsident, in dessen Land so viel Armut und Korruption herrscht wie in Russland, sollte sich um diese Probleme kümmern, statt ein Nachbarland zu überfallen", erklärte Volker Mantey, Propst der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck im Sprengel Marburg auch für die anderen Religionsgemeinschaften. "Wir beten für die Menschen in der Ukraine und auch in Russland, die in diesen Krieg gezwungen werden. Die Sehnsucht nach Frieden verbindet uns überall auf der Welt und wird am Ende stärker sein als ein kriegstreibender Diktator."
Erwin-Piscator-Haus leuchtet in Blau-Gelb
Schon zu Beginn der Mahnwache war ein Friedenslicht in Form einer großen Kerze in den ukrainischen Farben entzündet worden. "Das Licht brennt immer noch", sagte Pfarrer Ulrich Biskamp und fügte hinzu: "Wir glauben an das Licht am Horizont." Der Pfarrer sprach dann ein Friedensgebet vor dem Erwin-Piscator-Haus, das am Wochenende in den Ukraine-Farben Blau und Gelb leuchtete.