Zwischen Goldsteak und Blutgrätsche: "11-Freunde" zu Gast in Marburg

Weltmeister und Aphoristiker: Andy Brehme. Foto: dpa
MARBURG - Der Fußball fasziniert das breite Publikum seit jeher auf zwei Ebenen: oben und unten. Oben: Da gibt es die in ferne Sphären entrückten Stars, die sich für ihre Ballfertigkeiten bisweilen sogar goldene Steaks servieren lassen. Unten: Da sind die Grobmotoriker in den Kreisligen, die ihre Taktikanalysen anschließend bei reichlich Pilsbier im rustikal gestalteten Vereinsheim führen. Die Redaktion von "11 Freunde" findet an der Betrachtung beider Seiten gleichermaßen Gefallen und nennt sich daher völlig zurecht: "Magazin für Fußballkultur" - weshalb dieser Text logischerweise auch nicht im Sportteil unserer Zeitung erscheint.
Was dem Thema des im Jahr 2000 gegründeten Titels alles zuzurechnen ist, zeigten Gründer und Chefredakteur Philipp Köster sowie sein langjähriger Kollege Jens Kirschneck bei ihrer Lesung im bis auf den letzten Platz ausverkauften KFZ in Marburg. Die beiden Fußballenthusiasten können mittlerweile auf einen riesigen Anekdotenschatz zurückgreifen, den sie zwischen Promi-Hausbesuchen und Fernsehstudio-Auftritten gesammelt haben und an dem sie ihr Marburger Publikum teilhaben ließen. Dazu gehört etwa die Schilderung von Arbeitstreffen auf dem Reiterhof von Horst Hrubesch und im Budapester Nobelrestaurant bei Lothar Matthäus ebenso wie erhellende Auftritte im bierseligen "Doppelpass" und die eigenen Erfahrungen in den untersten Ligen der Republik.
So bot Kirschneck etwa wunderbare Einblicke in die Welt des SV Bölhorst-Häverstädt, bei dem er einst einige Jahre lang in der Kreisliga Minden dilettierte. Und dabei Erfahrungen sammelte, die genügend Stoff boten, um sich ironisch über Motzrentner ebenso auszulassen, wie über den vom Spielfeldrand geblökten Klassiker "Richtig so!", wenn der minderbemittelte Mittelfeldstratege mal wieder einen 20-Meter-Kracher in den Fangzaun setzte, anstatt den freigelaufenen Stürmer anzuspielen. Kennt man auch in Mittelhessens B-Ligen.
Köster wiederum hatte Treffendes aus dem weiten Feld des Kinderfußballs beizusteuern. Weil der Vater zweier Jungs einmal vom erkrankten Coach als Ersatz für ein Auswärtsspiel rekrutiert wurde und dem Nachwuchs dann taktisches Verschieben beizubringen versuchte. Allerdings vergeblich.
Hinzu kamen beim Auftritt im KFZ jede Menge wunderbar skurrile kurze Filmchen, die sich mit der weltweit von Schiedsrichtern auf unterschiedliche Weise eingesetzten Sprühdosen ebenso befasste wie mit beidbeinigen Blutgrätschen in den unteren Fußballklassen. Und natürlich fehlten auch launige Huldigungen großer Fußball-Aphoristiker nicht. Erinnert wurde etwa an Weltmeister Andy Brehme, der einst mitten im Live-TV-Interview aufschreckte: "Scheiße, der Bus fährt weg!" - und aus dem Bild verschwand.
So wurde der Auftritt von Köster und Kirschneck zu einem echten Heimspiel. Mit ihrem Unterhaltungswert können nicht viele Bundesligapartien konkurrieren.