Seit Ausbruch des Ukraine-Krieges sind zahlreiche Militärkolonnen unterwegs – weil der Bund seine Bereitschaft erhöht. Was das heißt? Fragen und Antworten für Autofahrer.
REGION. Die Bundeswehr macht mobil. Nur wenige Stunden nach Wladimir Putins Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar hat Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) die „nationalen Alarmmaßnahmen“ ausgelöst. Was das heißt? Deutsches Kriegsgerät wird gen Osten verlagert – für den Fall, dass die Nato bald eingreifen würde. Über die Straßen der Republik rollen deshalb gerade einige Militärkonvois. Wie aber müssen sich Autofahrer verhalten, wenn sie auf einen treffen? Fragen und Antworten.
Warum sind in diesen Wochen verstärkt Militärkolonnen auf deutschen Straßen unterwegs? Putins Überfall auf die Ukraine trifft alle. Es ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen, dass auch Nato-Staaten bald Teil eines Krieges sein werden – weshalb die Bundeswehr ihre Bereitschaft erhöht und militärisches Gerät verlagert. Wie das Bundesministerium der Verteidigung deshalb ankündigte, kann es „auch zu Einschränkungen im Verkehrsbereich kommen, da Transportkapazitäten zu Lande, zu Wasser und in der Luft für militärische Zwecke vorgehalten werden müssen“.
Welche Merkmale kennzeichnen einen Konvoi? Klar, werden Sie sich jetzt denken: Wie soll man eine Militärkolonne denn nicht erkennen, wenn an der Auffahrt zur Autobahn zehn Panzer an einem vorbeirollen? Tatsächlich aber sind bestimmte Regeln festgelegt worden, damit Autofahrer einen Konvoi eindeutig als solchen identifizieren können: „Alle Fahrzeuge bis auf das letzte führen auf der Fahrerseite eine blaue Flagge. Das letzte Fahrzeug hingegen trägt eine grüne Flagge“, heißt es in einem Merkblatt, welches die Bundeswehr anlässlich einer europäischen Militärübung im Februar 2020 veröffentlichte. Zusätzlich kann das letzte Fahrzeug mit gelbem Blinklicht oder einer Warntafel ausgestattet sein – auch angeschaltetes Blaulicht gilt als Erkennungszeichen.
Was darf so eine Militärkolonne eigentlich? Einem Konvoi können zehn, 20 oder 30 Fahrzeuge angehören – im Verkehrsrecht gilt er dennoch als ein „geschlossener Verband“, also sozusagen als ein Wagen, teilt die Bundeswehr mit. Bedeutet konkret: Fährt das erste Fahrzeug bei Grün über eine Ampel, darf ihm der gesamte Konvoi nachfolgen. Auch, wenn die Ampel längst auf Rot steht. Gleiches gilt „im Kreisverkehr, an Zebrastreifen und Kreuzungen oder beim Reißverschlussverfahren“. Die Kolonne darf immer zusammen bleiben, sie hat Sonderrechte. Im Umkehrschluss heißt das, rechtlich gesehen, für den Autofahrer: Er muss den Militär-Zug stets komplett passieren lassen – und eben auch mal bei grünem Licht stehen bleiben. Wie die Bundeswehr zudem schreibt, ist die maximale Länge einer Kolonne nicht gesetzlich verankert; meistens sind es nicht mehr als 15 Fahrzeuge. Auf Anfrage teilt das rheinland-pfälzische Innenministerium aber mit: „Geschlossene Verbände haben, wenn ihre Länge dies erfordert, in angemessenen Abständen entsprechende Zwischenräume für den übrigen Verkehr frei zu lassen.“
Was muss ich als Fahrer beachten, wenn ich einer Kolonne begegne? Was darf ich – was nicht? Erlaubt ist eigentlich alles – solange es die Rechte des Konvois nicht berührt. So dürfen Autofahrer die Kolonne zum Beispiel überholen, wenn dies „in einem Rutsch“ passiert, also „ohne sie durch Einscheren zu trennen“, erklärt die Bundeswehr. Reinquetschen, was man auf den Straßen so häufig sieht, geht hier nicht. Auf einer Landstraße also dürfte ein Überholmanöver kaum möglich sein. Und bei Ein- und Ausfahrten von Autobahnen? Hier müssen Fahrer „streng genommen“ warten, heißt es. Oft aber, wenn zwischen den Fahrzeugen mindestens 100 Meter liegen, lässt die Kolonne einen einfahren – dann sollte man sie jedoch schnellstmöglich wieder verlassen. „Gleichwohl hat ein geschlossener Verband in der Regel keine Sonder- und Wegerechte“, erklärt die Pressestelle des rheinland-pfälzischen Innenministeriums, „es sei denn, Blaulicht und Martinshorn sind eingeschaltet“. Dann muss man als Autofahrer Platz schaffen.