Blutspender werden dringend gesucht

aus Coronavirus-Pandemie

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Um eine Versorgung an Blutkonserven aufrechtzuerhalten, braucht es in Deutschland mehr Blutspender. Archivfoto: Sascha Lotz
© Archivfoto: Sascha Lotz

Operationen, die wegen Corona verschoben wurden, werden nun nachgeholt. Zudem fallen mit der älter werdenden Generation der Babyboomer Spender weg. Die Problematik im Überblick.

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MANNHEIM. Jeden Tag werden in Deutschland rund 15.000 Blutspenden benötigt, um Menschen in kritischen Situationen schnell helfen zu können – nach Unfällen, bei Operationen oder in der Krebstherapie. Weil in der ersten Phase der Corona-Pandemie viele Operationen verschoben wurden, werden etliche dieser Eingriffe nun nachgeholt. Entsprechend hoch ist auch der Blutbedarf. Mit dem Wegfall der Corona-Beschränkungen sank zugleich aber auch die Zahl der verfügbaren Blutspenden, denn die Menschen gingen wieder auf Reisen, Blutspende-Termine wurden ausgelassen.

„Wir hatten große Schwierigkeiten, die Blutversorgung sicherzustellen und alle Hände voll zu tun, um Spender zu aktivieren“, sagte Professor Dr. Hermann Eichler, Direktor des Instituts für Klinische Hämostaseologie und Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes am Dienstag anlässlich der 55. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) in Mannheim.

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Blutspender kommen ins Rentenalter

Das Problem: Blutpräparate haben nur eine sehr kurze Haltbarkeit. „Blutkörperchenkonzentrate halten nur etwa sechs bis sieben Wochen, Blutplättchenpräparate sind sogar nur vier bis fünf Tage haltbar“, so Eichler. Blutbanken können daher keine umfangreichen Lagerbestände aufbauen und sind vielmehr auf kontinuierlichen Nachschub angewiesen.

Hinzu kommt, dass sich auch im Bereich der Transfusionsmedizin der demografische Wandel bemerkbar macht. Nur etwa drei bis vier Prozent der Bevölkerung spenden Blut. Weil aber nicht alle diese Personen regelmäßig spenden, kommt sogar nur etwa ein Prozent der Bürger für die Hälfte aller Blutspenden auf, hat Eichler in Untersuchungen festgestellt. „Und diese Personen, die intensiv drei- bis viermal im Jahr Blut spenden, werden in absehbarer Zeit aus dem Pool der Spender herausfallen, da sie über 45 Jahre alt sind“, so der Transfusionsmediziner. Jüngere Menschen würden im Vergleich dazu deutlich seltener Blut spenden.

Regelmäßige Blutspenden sind erforderlich

Um eine dauerhafte Absicherung der Blutversorgung gewährleisten zu können, appelliert die DGTI an alle Bürger, die für eine Blutspende infrage kommen, zum nächsten Blutspendedienst zu gehen – und zwar nicht nur einmal, sondern regelmäßig zwei- bis viermal im Jahr. Denn die Generation der Baby-Boomer, die jetzt ins Rentenalter kommt, fällt nicht nur allmählich aus dem Spenderpool heraus, gleichzeitig wächst mit ihr auch die Gruppe der Senioren stark an, die Blutprodukte benötigen.

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Wer Blut spenden möchte, sollte sich völlig gesund fühlen und zwischen 18 und 73 Jahre alt sein. „Früher hieß es, mit 65 ist Schluss, aber mittlerweile wissen wir, dass gesunde Menschen auch noch länger Blut spenden können“, erläuterte Eichler. Man sollte nur nicht zu spät „ins Blutspenden einsteigen“. Ob die Blutspende für einen geeignet und verträglich ist oder ob irgendwelche Vorerkrankungen ein Ausschlusskriterium sind, könne man individuell mit dem voruntersuchenden Arzt besprechen.

Dramatischer Mangel an Immunglobulinen

Ebenfalls hoch ist auch der Bedarf an Blutplasma, dem flüssigen Bestandteil des Blutes. Anders als Blutkörperchenkonzentrate, die national gespendet werden, sind Plasma und Plasmaprodukte, wie Immunglobuline und Gerinnungsfaktorkonzentrate weltweit gehandelte Produkte. Europa ist darauf angewiesen, sie aus den USA zu beziehen. Dabei sind insbesondere Immunglobuline ein sehr knappes Gut, weil diese inzwischen laut Eichler vermehrt auch in China und anderen sich entwickelnden Ländern eingesetzt werden. Schon vor einigen Monaten hatte die Krankenhausapotheke der Mainzer Unimedizin darauf hingewiesen, dass es einen dramatischen Mangel an intravenösen Immunglobulinen gebe, die in großen Mengen zum Beispiel bei Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose benötigte werden. „Auch da geht ein Appell an alle, die spenden wollen, auch das könne man regelmäßig tun“, ergänzt Eichler.