Kreis-Freizeiten weniger gefragt

Das ehemalige Jugendzeltlager des Lahn-Dill-Kreises in Lenste an der Ostsee: Das Ferienlager wurde 1958 vom Altkreis Wetzlar eröffnet, später dann vom Lahn-Dill-Kreis betrieben. 2013 machte der Kreis das Lager dicht, um laut Landrat jährliche Betriebskosten von 480 000 Euro zu sparen. 2015 verkaufte der Kreis das Lager für 1,4 Millionen Euro an eine VR-Bank in Thüringen, die daraus eine Fortbildungs- sowie Kur- und Erholungseinrichtung machen wollte. Das Foto stammt aus diesem Sommer, ein Leser schickte es an diese Zeitung.   Foto: privat

Die Jugendfreizeiten des Lahn-Dill-Kreises verzeichnen seit 2013 sinkende Teilnehmerzahlen. Die CDU bringt dies mit der Schließung des kreiseigenen Jugendzeltlagers in Lenste...

Anzeige

DRIEDORF/SIEGBACH/WETZLAR. Die Jugendfreizeiten des Lahn-Dill-Kreises verzeichnen seit 2013 sinkende Teilnehmerzahlen. Die CDU bringt dies mit der Schließ;ung des kreiseigenen Jugendzeltlagers in Lenste an der Ostsee in Verbindung. Stimmt die Vermutung?

Die Kreisverwaltung organisiert jährlich etwa neun Ferienfreizeiten und erreicht damit rund 360 Kinder und Jugendliche. Aktuell standen folgende Freizeiten auf dem Programm: zwei in Heisterberg, eine Skifreizeit, eine Winterfreizeit, eine Osterfreizeit, eine Herbstfreizeit sowie Sommerfreizeiten auf Sylt, in Glücksburg, in Schweden sowie eine Reitfreizeit in Altenhausen. Die letztgenannten Sommerfreizeiten gibt es seit 2014, bis 2013 organisierte der Kreis stattdessen jedes Jahr drei Sommerfreizeiten in Lenste.

2013 hatte der Kreis das Zeltlager geschlossen und später verkauft, um Schulden abzubauen. Seitdem betreibt der Kreis nur noch seine beiden Jugendfreizeiteinrichtungen am Heisterberger Weiher und in Tringenstein.

Seit 2013 gehen auch die Teilnehmerzahlen und die Teilnehmertage an den Ferienfreizeiten des Kreises zurück. Die CDU vermutet den Zusammenhang mit der Lenste-Schließ;ung und hatte deshalb einen Bericht gefordert. Den lieferte Jens Groh vom Kreisjugendamt am Mittwoch in der Sitzung des Kreis-Sozialausschusses in Wetzlar.

Anzeige

Die nackten Teilnahmezahlen für die Ferienfreizeiten:

2012: 788 Teilnehmer; insgesamt 8330 Teilnehmertage

2013: 662 Teilnehmer; 5715 Teilnehmertage

2014: 459 Teilnehmer; 3881 Teilnehmertage

2015: 361 Teilnehmer; 3027 Teilnehmertage

Anzeige

2016: 285 Teilnehmer; 2303 Teilnehmertage

2017: 363 Teilnehmer

2018: bislang 338 Teilnehmer

Laut Groh gab es in Heisterberg und Tringenstein seit Jahren kontinuierliche Übernachtungszahlen, 11 000 bis 14 000 pro Jahr in Heisterberg, rund 5000 in Tringenstein. Allerdings musste der Kreis dort 2015 und 2016 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge unterbringen und habe deshalb vielen Gruppen, die schon gebucht hatten, absagen müssen. "Das hat zu Frustrationen geführt, und das merken wir heute noch." Auß;erdem seien beide Einrichtungen zuletzt saniert worden und hätten so eine Zeit lang leer gestanden.

In Lenste seien die Übernachtungszahlen von rund 32 000 im Jahr 2002 kontinuierlich gesunken – bis 2013 um über 10 000. Lenste sei vor allem von Schulklassen belegt worden. Diese hätten aber ihre Freizeiten aus organisatorischen oder finanziellen Gründen verkürzt, hätten dort nicht mehr 14 Tage verbracht.

Der Kreis habe jährlich drei Freizeiten in Lenste angeboten – mit zuletzt insgesamt zwischen 250 und 320 Teilnehmer pro Jahr. Von 2012 auf 2013 habe der Kreis hierbei ebenfalls die Dauer der Freizeiten verkürzt.

Kreisjugendamt: Teilnehmerzahlen sanken mit dem Wegfall der Vereinsfreizeiten

Das habe zu einem ersten Absinken der Teilnehmertage bei den Ferienfreizeiten geführt, nicht aber zu sinkenden Teilnehmerzahlen.

Die Teilnehmerzahlen seien dann mit der Schließ;ung von Lenste gesunken – aber nur, weil dann auch Vereinsfreizeiten weggefallen seien. Rechne man diese raus und schaue nur auf die vom Kreis angebotenen Freizeiten gebe es bei den Teilnehmerzahlen einen Rückgang, aber keinesfalls einen dramatischen, sagte Jens Groh.

CDU-Kreistagsabgeordnete Elisabeth Müller fragte, ob man bei den Vereinen nicht für Freizeiten in Heisterberg oder Tringenstein werben könne. Groh: Es gebe nur noch in Einzelfällen Kontakte zu Vereinen. Einige hätten an Lenste festgehalten, andere hätten Heisterberg genutzt, aber nicht mehr seitdem dort die Turnhalle abgebrannt war und fehlte.

FWG-Kreistagsabgeordneter Jens Trocha, Lehrer am Johanneum-Gymnasium in Herborn, berichtete: Man könne auch weiter Freizeiten in Lenste verbringen – dann halt nicht im kreiseigenen Zeltlager. So biete das Johanneum Fahrten ins dortige Ferienlager Braunschweig an. Und er lobte: Nach der Schließ;ung von Lenste habe der Kreis mehr Vielfalt bei seinen Ferienfreizeiten angeboten. CDU-Fraktionsvorsitzender Hans-Jürgen Irmer: "Das würde ich unterschreiben – wenn die Teilnehmertage angestiegen wären."

Klaus Niggemann (AfD) sprach von einem "dramatischen Rückgang" der Teilnehmerzahlen und Teilnehmertage. Seine Fraktion hat für die Kreistagssitzung am Montag beantragt, der Kreis solle einen Rückkauf des Jugendzeltlagers Lenste prüfen. SPD-Politikerin Regina Beimborn sagte, der Rückgang der Teilnehmerzahlen bei den Freizeiten des Kreises müsse auch in Zusammenhang mit den Angeboten der vielen christlichen Organisationen im Lahn-Dill-Kreis gesehen werden. Sie böten sehr viele Freizeiten zu sehr günstigen Preisen an. Und Joscha Wagner (SPD) erklärte, bei der Interpretation der Zahlen müsse man neben der Lenste-Schließ;ung auch die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die abgebrannte Turnhalle in Heisterberg sowie die gesamtgesellschaftliche Entwicklung berücksichtigen.

Irmer regte an, die Partnerstädte der Kommunen im Lahn-Dill-Kreis in das Freizeitenprogramm mit einzubinden, und warb insbesondere für Jugendfreizeiten im österreichischen Schladming, Wetzlars Partnerstadt. Dazu Groh: Das habe man geprüft, wäre aber viel teurer als die derzeit angebotene Skifreizeit.