Volles Haus: Das Podiumsgespräch dieser Zeitung in der Ulmtalhalle ist am Mittwochabend auf großes Interesse gestoßen.   Foto: K. Weber

Drei Kandidaten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, wollen Greifensteiner Bürgermeister werden. Am Mittwoch hatten die Wahlberechtigten bei der Podiumsgespräch dieser...

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Greifenstein. Drei Kandidaten, die unterschiedlicher kaum sein könnten, wollen Greifensteiner Bürgermeister werden. Am Mittwoch hatten die Wahlberechtigten bei der Podiumsgespräch dieser Zeitung die einmalige Gelegenheit zum direkten Vergleich der Bewerber.

Und dieses Angebot nahmen mehr als 500 Greifensteiner an: Die Ulmtalhalle war proppenvoll, als Redakteur Gert Heiland Marion Sander, Steffen Schenk und Marc Schmittdiel bat, sich zunächst kurz vorzustellen.

Marion Sander, 53, aus Neunkirchen, alleinerziehende Mutter von zwei erwachsenen Söhnen, Diplom-Ingenieurin Stadtplanung bei der Gemeindeverwaltung Neukirchen, unterstützt von SPD und ULfG.

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Steffen Schenk, 48, gebürtiger Rodenberger, lebt in Dillenburg, Verwaltungsbetriebswirt, seit 30 Jahren in der Gemeindeverwaltung Greifenstein, CDU-Stadtrat in Dillenburg, wird von keiner Partei unterstützt.

Marc Schmittdiel, 30, aus Kirtorf, lebt in Köln, Oberleutnant bei der Luftwaffe, studiert noch Rechtswissenschaften an der Fernuni Hagen, CDU-Mitglied, wird von der CDU unterstützt.

"Warum sollten die Greifensteiner Sie wählen?", fragte Moderator Heiland.

Marion Sander: "Ich komme von auß;en, gehöre keiner Partei an. Ich bin gut im Motivieren und Aussöhnen. Und ich habe die fachliche Qualifikation." Steffen Schenk: "Ich kenne die Gemeinde, die Verwaltung und die politische Seite. Ich habe das Rüstzeug, die Gemeinde zum Erfolg zu bringen." Marc Schmittdiel: "Ich bin dynamisch, hochmotiviert und flexibel. Ich habe eine solide Ausbildung und eine offene Art, auf Menschen zuzugehen."

Und schon schob Heiland die Frage nach, die die Greifensteiner umtreibt und die auch Leser dieser Zeitung vorab schriftlich gestellt hatten: "Wie geht es weiter mit dem Lebensmittelmarkt?"

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Schmittdiel: "Ich habe den Vorteil, dass ich nicht involviert war. Es muss eine Verbesserung in der Einzelhandelssituation geben. Aber der Vorteil des einen darf nicht der Nachteil des anderen sein. Ich werde jetzt keine konkrete Aussage machen, wo der Markt hinkommt."

Schenk: "Die Umsetzung des Bürgerentscheids muss jetzt erfolgen. Ich werde alles daran setzen, dass der Markt nach Beilstein kommt. Und auch für Allendorf muss eine Versorgung sichergestellt werden. Es wird nicht in allen Ortsteilen eine stationäre Versorgung möglich sein, dann muss es eine mobile Lösung geben."

Sander: "Soweit ich die Unterlagen kenne, hätte der Bürgerentscheid schon längst umgesetzt sein müssen. Ich frage mich, warum das nicht passiert ist? Es ist schwierig, sich von auß;en ein Bild zu machen. Es liegt jetzt an der Verwaltungsleitung, geeignete Investoren zu suchen. Ich werde alles tun, damit die Menschen nicht ohne Lebensmittel bleiben."

Björn Sattler (Nenderoth) wollte wissen, wie die Kandidaten zu Wiederkehrenden Straß;enbeiträgen stehen, wo sie Vor- und wo Nachteile sehen.

Sander hält "Wiederkehrende Beiträge für das gerechtere System. Bei der Grunderneuerung einer Straß;e müssten die Anwohner durchaus mit Bescheiden über 30 000 Euro rechnen. "Das ist ein Hammer." Da drohe manchem die Pleite. Dagegen sei die Belastung bei Wiederkehrenden Beträgen überschaubar, meint Sander, sprach von 56 Euro pro Jahr. Es sei zwar ein groß;er Aufwand, alle Daten für die Einführung der Wiederkehrenden Beiträge zu ermitteln, aber dafür könne man Förderung beantragen.

Schmittdiel hält Straß;en für einen Teil der Daseinsfürsorge, deren Ausbau und Unterhaltung sollte gar nicht von den Bürgern bezahlt werden. Da die Gesetzeslage dies nicht vorsehe, will Schmittdiel sich für Wiederkehrende Beiträge einsetzen, da sie gerechter seien.

Verkehrssituation in den Ortsdurchfahrten von Ulm und Allendorf war auch ein Thema

Schenk sieht es anders: "Ich halte zum jetzigen Zeitpunkt nichts von der Einführung, da die rechtliche Situation zu unsicher ist. Auß;erdem müsste eine erhebliche Arbeitsbelastung in der Verwaltung organisiert werden. Und: Seit ich in der Verwaltung arbeite, habe ich noch keinen Bescheid über 30 000 Euro verschickt. Ich habe auch Zweifel, ob ein Betrag von 56 Euro jährlich zur Finanzierung ausreicht."

Markus Thor, SPD-Gemeindevertreter und Ortsvorsteher von Allendorf, fragte Steffen Schenk, ob dieser tatsächlich den Fortbestand der Grundschule in Frage stellt. Das wollte dieser so nicht stehen lassen. Zurzeit besuchen die Greifensteiner Kinder die Grundschulen in Allendorf und Beilstein. Aus seiner Sicht wäre der gemeinsame Schulbesuch gut. Wenn die Eltern dies anders beurteilen, werde er nicht daran rütteln, zumal die Entscheidung letztlich beim Kreis liege.

Schmittdiel hält die Überlegung einer Zusammenlegung für unrealistisch, zumal gerade Millionenbeträge in die Schulsanierung gesteckt würden. Er wolle sich vielmehr dafür einsetzen, dass es auch von Beilstein aus eine Busverbindung zur weiterführenden Schule in Ehringshausen gebe, statt wie bisher nur nach Driedorf.

Sander war gar "entsetzt" und sprach von einer "hanebüchenen Behauptung", eine Zusammenlegung sei sinnvoll: "Vor 30 bis 40 Jahren war das vielleicht mal so." Heute ließ;e sich ein Zusammengehörigkeitsgefühl eher über Ferienspiele erreichen.

Alle Kandidaten stimmten Brigitte Bovermann (SPD), Ortsvorsteherin von Ulm, zu, dass die Verkehrssituation in den Ortsdurchfahrten von Ulm und Allendorf verbessert werden muss.

Schmittdiel und Sander würden eine Ortsumgehung bevorzugen und wollen sich hierfür beim Land stark machen. Schenk hält das für unrealistisch, zumal die vor Jahren ausgearbeitete Planung für eine Umgehung aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht machbar sei. Er will zumindest die Gefahrenpunkte entschärfen.

Joachim Jentsch (Holzhausen) liegt der Waldhof Elgerhausen, dessen Aus als Lungenklinik beschlossene Sache ist, sehr am Herzen. Alle Kandidaten bedauerten den Beschluss des Trägers. Einig waren sie sich, dass es Chefsache sei, sich um eine Nachfolgenutzung und den eventuellen Erhalt der Arbeitsplätze zu bemühen.

Ebenso einmütig sprachen sich alle für die Interkommunale Zusammenarbeit aus, beispielsweise bei der Jugendarbeit und im Bauhof.

"Was tut die Gemeinde gegen Leerstände?", fragte Klaus-Dieter Schmidt. Schenk verwies auf kaum vorhandene Einflussmöglichkeiten, da die Gebäude meist in Privatbesitz seien: "Die Gemeinde muss aber auch bisher nicht ,in die Bütt gehen‘. Die Leerstände sind meist schnell beseitigt."

Schmittdiel will die Waage halten zwischen Vermarktung alter Häuser in den Ortskernen und Neubaugebieten in allen Ortsteilen. Sander bezeichnete Leerstände als bitter, da sie Infrastruktur kosten und die Nachbargebäude mit in einen Strudel ziehen könnten.

Sie regte die Zusammenarbeit mit Architekten an, die junge Familien beim Kauf eines alten Hauses beraten. Sander appellierte zur Vorsicht bei der Ausweisung von Neubaugebieten, denn es drohe die Gefahr, dass die Gemeinde viel Geld ausgibt und dann auf den Grundstücken sitzenbleibt.

Die Diskussion über Windräder, die Peter Konrad (Nenderoth) anstoß;en wollte, verebbte. Es gibt keine weiteren Vorrangflächen für Windräder, somit werden auch keine gebaut.