Im Rhein-Main-Gebiet waren am Sonntag tausende Radfahrer auf der Autobahn unterwegs. Sie wollten auf das geplante Volksbegehren Verkehrswende aufmerksam machen. So lief der...
RHEIN-MAIN. Rund 8500 Menschen haben am Sonntag laut Polizeiangaben mit einer Fahrrad-Sternfahrt für eine Verkehrswende in Hessen demonstriert. Der große Fahrradkorso führte nach Zubringerfahrten aus Darmstadt, Hanau und Friedberg von der Frankfurter Messe über die A648 und die A66 sowie die B455 nach Wiesbaden. Deshalb waren Abschnitte der Autobahnen für den rund sechs Kilometer langen Demonstrationszug zeitweise für Autofahrer gesperrt. Zu Unfällen oder größeren Verkehrsbehinderungen kam es nach Polizeiangaben nicht.
Im Gepäck hatten die Radler rund 70.000 Unterschriften für ein „Volksbegehren Verkehrswende Hessen“ – die in der hessischen Landeshauptstadt an Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) übergeben wurden. Initiiert wurde dies von einem breiten Bündnis aus hessischen Umweltverbänden, dem Verkehrsclub Deutschland (VCD), Fuss e.V., Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club, die Radentscheide aus Darmstadt, Frankfurt, Offenbach sowie Kassel.
Ziel des Volksbegehrens ist ein Verkehrswendegesetz, mit dem die Mobilität in Hessen bis 2030 klimaneutral und sozial gerecht gestaltet werden soll. Dazu sollen unter anderem Radwege, Fußwege und vor allem der ÖPNV stark ausgebaut werden. In einem ersten Schritt mussten für einen konkreten Gesetzestext knapp 44.000 Unterschriften gesammelt werden. „Die haben wir nicht nur erreicht, sondern sogar deutlich übertroffen“, betont Anja Zeller, Geschäftsführerin des VCD Hessen am Sonntag.
Demonstration stand noch am Samstag auf der Kippe
Nach der Unterschriftenübergabe am Sonntag ist der Landtag am Zug, das Parlament muss entscheiden, ob der Gesetzentwurf mit den Bestimmungen der Verfassung vereinbar ist. Und dann gibt es zwei Möglichkeiten: Der Landtag stimmt dem Mobilitätsgesetz zu. Oder es gibt einen Volksentscheid, ähnlich einer Wahl. Zumindest der kleine Partner der schwarz-grünen Regierungskoalition in Hessen machte bereits im Vorfeld deutlich, dass sie für eine Übernahme des vorgelegten Gesetzentwurfes nicht zur Verfügung stehen. Katy Walter von der Grünen-Landtagsfraktion erklärte: Wir können den vorliegenden Gesetzentwurf nicht eins zu eins annehmen, denn viele der geforderten Maßnahmen betreffen letztendlich nicht das Land, sondern liegen überwiegend in der Zuständigkeit der Kommunen. Und in die kommunale Selbstverwaltung können und wollen wir nicht eingreifen.“
Und auch der grüne Verkehrsminister Al-Wazir erklärt, als er die gesammelten Unterschriften annimmt: „Auch ich möchte Hessen zum Vorreiter der Verkehrswende machen. Für mich steht fest: Wir werden uns sehr ernsthaft mit den Inhalten des Gesetzes beschäftigen, uns mit den Initiatoren treffen und über konkrete Schritte zur Umsetzung der Verkehrswende und deren Verankerung austauschen – und zwar unabhängig von der Verfassungskonformität des Gesetzentwurfs der Initiative.“
VCD-Geschäftsführerin Zeller sagte: „Wir hoffen auf Verhandlungen und gute Gespräche mit den politischen Akteuren.“ Sie machte aber auch deutlich: Die Initiatoren werden nicht von ihrem Vorhaben abweichen: „Wir wollen unbedingt ein Gesetz haben. Für Prosa sind wir nicht zu haben, wir wollen schon Konkretes erreichen.“
Was es mit dem Volksbegehren Verkehrswende Hessen im Einzelnen auf sich hat, erfahren Sie hier.
Noch am Samstag stand die Fahrrad-Demo auf der Kippe: Die Autobahn GmbH wollte die Sternfahrt über die A66 und A648 verhindern. Der Verwaltungsgerichtshof in Kassel hat den Eilantrag der bundeseigenen Agentur zur Autobahnverwaltung aber auch in zweiter Instanz zurückgewiesen und erlaubte die Autobahnen als Demonstrationsort. Die Autobahn GmbH wollte erreichen, dass die A66 erst ab Hofheim-Wallau für die Demonstration gesperrt werde, dann hätten die Radler über die Landstraßen und viele Kreuzungen fahren müssen. Einige Änderungen mussten die Organisatoren der Fahrrad-Sternfahrt dennoch in letzter Minute vornehmen, so durfte die geplante Pause an der Raststätte Weilbach nicht mehr eingelegt werden – die 36 Kilometer lange Strecke musste demnach am Stück zurückgelegt werden. Es sollen unter anderem Radwege, Fußwege und vor allem Bus und Bahn stark ausgebaut werden.