Was von Tiefenbacher Anwohnern lange Zeit geargwöhnt worden war, bestätigte ein ehemaliger Mitarbeiter als Zeuge im Woolrec-Prozess: Auf dem Firmengelände seien einst tonnenweise Faserabfälle vergraben worden.
Von Steffen Gross
Redakteur Wetzlar
Anwohner in Tiefenbach hatten schon vor Jahren geargwöhnt, dass auf dem Woolrec-Gelände Faserabfälle vergraben wurden. Ein ehemaliger Firmenmitarbeiter bestätigte dies am Dienstag vor Gericht.
(Archivfoto: Dedert/dpa)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
Gießen/Braunfels - Was von Tiefenbacher Anwohnern lange Zeit geargwöhnt worden war, bestätigte ein ehemaliger Mitarbeiter als Zeuge im Woolrec-Prozess: Auf dem Firmengelände seien einst tonnenweise Faserabfälle vergraben worden.
Der 46 Jahre alte Schlosser war von 2004 bis November 2012 bei Woolrec beschäftigt. Er habe sich vor allem um die Optimierung der Anlagentechnik gekümmert, sagte er am Dienstag in der Verhandlung vor dem Gießener Schwurgericht. Ziel sei es gewesen, das aus gefährlichen Dämmwolleabfällen produzierte Woolit so gut wie möglich von Störstoffen wie Folie und Draht zu befreien. Das sei zum Schluss auch gut gelungen, meinte er.
Als er das Unternehmen wegen „Diskrepanzen“ mit Firmenchef Edwin F. verließ, sei der Betrieb bereits vom Regierungspräsidium (RP) stillgelegt gewesen. Der Mann bestätigte die Aussage eines ehemaligen Kollegen in der Vorwoche, wonach bei Woolrec infolge einer Durchsuchungsaktion von Polizei und RP im April 2012 ein spezielles Woolit mit besonders hohen Ton-, Melasse- und Wasseranteilen hergestellt worden sei. Bis kurz davor seien dem Woolit auch in großem Umfang Emailleabfälle beigemischt worden.
Firmenchef habe seinen Mitarbeitern aufgetragen, zum Loch in der Wand „die Fresse zu halten“
Auch an ein großes Loch in der Außenwand der Anlieferungshalle, verursacht im September 2012 durch einen Unfall mit einem Radlader, konnte sich der Zeuge erinnern. Er sei es gewesen, der am Tag darauf Kontrolleure der Aufsichtsbehörde über das Firmengelände geführt und dabei die Existenz des Lochs bestritten habe. „Sonst hätten die die Anlage stillgelegt“, sagt er am Dienstag. Firmenchef Edwin F. sei – anders als bislang dargestellt – von Anfang an über das Loch informiert gewesen. Er habe seinen Mitarbeitern anschließend aufgetragen, „die Fresse zu halten“, berichtete der 46-Jährige. Edwin F. sei ihm am Ende einige Monate Restlohn schuldig geblieben. Er habe dem Firmenchef eine Frist gesetzt und bei Nichteinhalten damit gedroht, Schreiben und Fotos von den tatsächlichen Zuständen bei Woolrec an die Staatsanwaltschaft, sämtliche in Frage kommende Behörden und mögliche Investoren weiterzuleiten.
Diese Unterlagen besitze er heute nicht mehr, sagte der Mann, der noch 2014 die im Jahr darauf verstorbene frühere Woolrec-Büroleiterin geheiratet hatte. „Ich wollte nach dem Tod meiner Frau abschließen mit dieser Sache“, gab er als Grund an.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Heiko Söhnel erklärte der Zeuge, dass in den Jahren 2008/2009 auf Weisung von Edwin F. tonnenweise Woolit an mehreren Stellen auf dem Tiefenbacher Betriebsgelände vergraben worden sei. Zum einen hinter dem Gebäude der 2010 in Konkurs gegangenen Firma IBC, zum anderen sei gleich neben der Produktionshalle ein Loch mit gut vier bis fünf Tonnen des Fasermaterials verfüllt worden. „Weil es billiger war, als das Woolit in ein Zwischenlager zu bringen“, sagte der Zeuge.