170 Gerichte zur Auswahl für "Kindgerechten Mittagstisch" in Gießen
Mitglieder des Schulausschusses haben sich über den "Kindgerechten Mittagstisch" in Gießen informiert. Dabei erfuhren sie zum Beispiel, dass gut 170 verschiedene Gerichte zur Auswahl stehen, die Menge an Fleisch, Salz und Zucker reduziert worden ist und zudem Ernährungserziehung eine Rolle spielt.
Von Rüdiger Schäfer
In der neuen Mensa der Weißen Schule: Die mobilen Tischgruppen können leicht weggeräumt werden, um den Raum auch für andere Zwecke zu nutzen. Foto: Schäfer
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GIESSEN - In einem Erlass des Hessischen Kultusministeriums von 2011 ist geregelt, dass Schülern und dem Personal an allen Unterrichtstagen mit Nachmittagsangebot ein Mittagessen anzubieten ist. Das gilt auch für die Schülerbetreuung. Sicherstellen muss dies der Schulträger. In Gießen ist das die Stadt. In der jüngsten Sitzung des Schulausschusses teilte nun die zuständige Dezernentin Astrid Eibelshäuser mit, dass zum nächsten Schuljahr außer der Kleebachschule in Allendorf voraussichtlich auch die Weiße Schule in Wieseck in das Ganztagesprogramm wechseln werde.
Um die Verpflegung zu gewährleisten, braucht es ausreichende und ansprechende räumliche Kapazitäten. Daher werden Mensen gebaut, umgebaut oder sie sind in Planung. Das betrifft die Grundschule Gießen-West, Korczak-Schule, Ludwig-Uhland-Schule, Kleebachschule und Lindbachschule. Die Mensa der Weißen Schule ist seit acht Wochen fertiggestellt. Was lag also näher, als sich dort mit dem Tagesordnungspunkt "Kindgerechter Mittagstisch und Schulverpflegung an den Schulen der Stadt" auseinanderzusetzen und das Konzept des Hauptcaterers "Tischlein deck dich" von der Zaug gGmbH vorzustellen.
Dessen Betriebsstättenleiter Steven Abstein und Ökotrophologin Annalena Schubert verwiesen auf 30 Jahre Entwicklung und Spezialisierung auf die Verpflegung von Kindern und Jugendlichen. 80 Mitarbeiter bereiteten in Heuchelheim täglich mehr als 4000 Mittagessen für Kitas und Schulen zu. Zum Repertoire gehören etwa 170 verschiedene Gerichte. Drei komplette Menüs sind ohne Preisunterschied erhältlich. Die Schulen können auch nur eines oder zwei davon auswählen. Ein Essen ist stets vegetarisch, eins manchmal mit Schweinefleisch und eins immer ohne Schwein. Jedes Gericht kommt in der Regel in einem Turnus von acht Wochen auf den saisonal angepassten Speiseplan. "Wir versuchen es zudem mit Speisen, die man gar nicht kennt, um so den Geschmack zu verbreitern", so Abstein, der als Beispiel Steckrübenmus nennt. "Das ist Ernährungserziehung: Zehnmal probiert, dann schmeckt es auf einmal."
Zudem sei die Fleischmenge in den vergangenen Jahren zugunsten gesunder Beilagen kontinuierlich reduziert worden. Das habe jedoch nur peu à peu funktioniert. Weniger geworden seien ferner die Anteile von Salz und Zucker, tierische Fette habe man durch gesundes Rapsöl ersetzt und Convenience-Produkte verbannt. Statt industriell hergestellte Kartoffelflocken zu verwenden, seien Kartoffeln eigenständig zu Kartoffelbrei verarbeitet worden. "Wir müssen dabei jedoch immer nach der Akzeptanz bei den Schülern schauen", verdeutlichten Abstein und Schubert. Denn was nütze ein qualitativ hochwertiges Menü, wenn es geschmacklich nicht ankommt.
"Großes Aufatmen"
Zugleich sei "Tischlein deck dich" ein Ausbildungsbetrieb für Köche und Fachkräfte für Lagerlogistik. Die gemeinnützige Gesellschaft verfolge keine Gewinnabsichten. Bessere Qualität könne durch einen höheren Wareneinsatz eingekauft werden. Grundlage sind die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Als Gastgeber stellte Schulleiter Hans Rosenbaum die Weiße Schule als dreizügige Grundschule mit derzeit 231 Schülern sowie 18 Mädchen und Jungen in Vorlaufkursen vor. "Wir haben 50 Prozent Migrationskinder, die sich zu 60 Prozent in ihrer Muttersprache unterhalten", berichtete Rosenbaum. Die neue Mensa sei als Multifunktionshalle konzipiert, zumal die Schule keine eigene Turnhalle besitze. "Vor acht Wochen gab es dann ein großes Aufatmen. Vorbei war die Raumnot, als noch in mehreren Räumen gleichzeitig gegessen werden musste." Nun tun das fast 120 Kinder in zwei Schichten. Zwölf mobile Sechsertische mit integrierten Schemelsitzen können leicht beiseite geräumt werden, wenn eine andere Nutzung vorgesehen ist.
Seit Anfang des Jahres ist Ralf Volgmann Geschäftsführer der gemeinnützigen Gießen@Schule gGmbH, die für die personelle Ausstattung der Küchen sowie Unterstützungsleistungen bei 14 Schulen sorgt. 33 Küchenkräfte seien in einem "vollen Anstellungsverhältnis" meist unbefristet beschäftigt, schilderte er den Stadtverordneten im Ausschuss. Pro Schule seien eine bis vier Personen täglich zwei bis drei Stunden im Einsatz. Seit Ende 2018 gibt es darüber hinaus ein mit einer halben Stelle besetztes Hygienemanagement, das unangemeldet die Küchen kontrolliert.
"Bildung und Teilhabe"
1291 Kinder laufen derzeit über das Abrechnungssystem, mit dem das Essensgeld eingezogen wird - 62 Euro je Monat. Etwa 260 Schüler, das ist jeder Fünfte, hätten Anspruch auf "Bildung und Teilhabe", also die Übernahme des Essensgeldes, doch nicht alle würden dies auch beantragen. Seine Gesellschaft kümmere sich obendrein um die Weiterbewilligungsanträge, damit das Mittagessen regelmäßig bezahlt werde, so Volgmann. "Die Schulen sind sehr dankbar dafür."