Komödie "Villa Dolorosa" feiert am Samstag Premiere in Gießen
Regisseur Thomas Goritzki inszenierte den Tschechow-Klassiker "Drei Schwestern" 2008 im Gießener Stadttheater. Jetzt hat er sich einer Neufassung des Stoffs angenommen.
Von Björn Gauges
Dramatikerin Rebekka Kricheldorf hat den Tschechow-Stoff ins heutige Russland verlegt. Foto: Bofinger
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GIESSEN - Regisseur Thomas Goritzki inszenierte den Tschechow-Klassiker "Drei Schwestern" 2008 im Gießener Stadttheater. Diesen Stoff hat die preisgekrönte Dramatikerin Rebekka Kricheldorf bearbeitet und ins heutige Russland verlegt. Ihre Adaption unter dem Titel "Villa Dolorosa" feiert nun am Samstag Premiere im Großen Haus. Und der Regisseur heißt, na klar, Thomas Goritzki.
"Es ist ein anderes Stück, eine andere Sprache, es sind andere Stilmittel", erklärt der dem Gießener Publikum wohlbekannte Goritzki (zuletzt "Le Nozze di Figaro") beim Pressegespräch. Aber der Kern dieser Komödie sei doch der gleiche: die Sehnsucht, die das titelgebende Schwesterntrio umtreibt. Erzählt wird von Irina (Johana Malecki), Mascha (Anne-Elise Minetti) und Olga (wie schon 2008: Carolin Weber), die gemeinsam mit ihrem Bruder Andrej (Stephan Hirschpointner) unter einem Dach wohnen, irgendwo in der russischen Provinz. Bühnenbildner Heiko Mönnich hat ihnen dazu eine Gründerzeitvilla entworfen, deren Verwitterungsspuren Hinweise auf die Krisensituation geben, in der die Schwestern stecken. Und die gleichzeitig auf das Tschechow-Stück verweist, das hier als Ausgangspunkt der Handlung dient. Olga leitet wider Willen und ohne jede Ambition eine Schule. Mascha hat sich mit der Langeweile ihrer Ehe abgefunden. Und Irina wechselt immer wieder das Studienfach, ohne dabei ein rechtes Ziel zu verfolgen. So verbrauchen die drei Frauen ihr Erbe, warten auf ein besseres Leben, und richten sich doch gleichzeitig in den Verhältnissen ein, die sich nicht von selbst zum Besseren wenden werden. Doch dann taucht Georg (David Moorbach) auf ...
Rebekka Kricheldorf hat in ihrer 2009 als Auftragsarbeit für das Theaterhaus Jena entstandenen Komödie Figuren und Erzählstränge der Tschechow-Vorlage gestrichen und ihr einen heutigen Anstrich verpasst. So gibt es in dieser "Villa Dolorosa" Strom, Handys und Hardrock. Und zahlreiche komische Situationen, "weil sie eine sehr gute Beobachterin ist", wie Dramaturgin Carola Schiefke feststellt. Doch Kricheldorf, die im Sommer in ihrer Saarbrücker Poetikdozentur über Komik als Überlebensstrategie sprechen wird, mische ihren witzigen und unterhaltsamen Passagen auch viel Ernst bei. Denn gleichzeitig werden existenzielle Fragen verhandelt: Wer bin ich? Was kann ich? Wo will ich leben? All das wurde in den knapp drei Stunden Spielzeit verhandelt. "Das ist dann wieder eine echte Tschechow-Länge", lacht Thomas Goritzki.
"Villa Dolorosa" feiert seine Premiere am Samstag, 6. April, um 19.30 Uhr im Großen Haus des Stadttheaters.