Mittwoch,
06.11.2019 - 10:30
3 min
Radfahrer werden in Gießen oft zu Geisterradlern
Von Rüdiger Schäfer

GIESSEN - Vor einigen Wochen hat die Stadt Gießen gemeinsam mit der Polizei und dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Gießen eine Kampagne gegen Rad-Geisterfahrer gestartet (der Anzeiger berichtete). Durch knapp ein Dutzend auf den Boden gesprühte Piktogramme wurden falschfahrende Radler dabei aufgefordert, zu wenden oder die Seite zu wechseln.
Die Straße mit den meisten "Geisterradler"-Unfällen findet sich flussabwärts rechtsseitig der Lahn. Dort kann man beobachten, wie etliche Radfahrer, wenn sie aus der Richtung des abgebrannten und mittlerweile abgerissenen DLRG-Vereinsheims kommend auf die Rodheimer Straße treffen, auf der linken Seite der Brücke über die Lahn in die Innenstadt weiterradeln. Obwohl es laut Straßenverkehrsordnung verboten ist, auf Radwegen in der Gegenrichtung zu radeln, wenn dies nicht durch Beschilderung ausdrücklich erlaubt wird. Doch, wie nützlich sind eigentlich die dort aufgesprühten Piktogramme? Der Anzeiger ist der praktikablen Umsetzung einmal nachgegangen.
Falsche Piktogramme
Wer mit dem Fahrrad vom Bootshausweg oder von den Radabstellplätzen der Bahnhaltestelle auf der Stadtauswärtsseite kommt, wird mit dem kurz vor dem Bürgersteig der Rodheimer Straße aufgesprühten Piktogramm aufgefordert: "Geisterradler bitte wenden!" Damit gibt es für Radfahrer zwei Möglichkeiten, dieser Aufforderung nachzukommen, um über den Anlagenring - oder auch nur auf die andere Seite der Bahnhaltestelle - legal zu gelangen: Entweder er fährt (zurück) bis zur Bahnunterführung Dammstraße und dann über die Steinstraße zum Oswaldsgarten. Oder er wendet nicht, sondern fährt nach rechts über die Lahn in die Weststadt bis zur Schützenstraße. Dort drückt er das Signal zur Überquerung der Rodheimer Straße, fährt dann die Radspur rechtsseitig bis zur Westanlage, überquert diese per Ampelschaltung. Und wenn er in die Galerie will, als nächstes die der Neustadt. Und wenn er zur Bahnhaltestelle Richtung Marburg will, dann auch noch die der Nordanlage.
Praktikabler wäre es allemal gewesen, ein anderes Piktogramm mit der Aufschrift hinzusprühen: "Radler bitte absteigen!", um zu Fuß mit dem Rad in der Hand die Bahnunterführung zu durchqueren. Zudem war der Radfahrer - noch - kein Geisterradler allein angesichts des Piktogramms. Wer mit dem Rad aus der Weststadt Richtung Innenstadt kommt und nicht über die Rodheimer Straße auf die richtige Spurenseite wechseln will, dem riet am Aktionstag Bürgermeister und Verkehrsdezernent Peter Neidel, den Weg über das Wehr am Lahnfenster zu nehmen. Der sei für Fahrräder vor einiger Zeit barrierefrei umgebaut worden. Somit kommen Radler durch die Bahnunterführung Dammstraße sicher in die Innenstadt. Das stimmt zwar, ist auch sicherlich Insidern bekannt. Doch gibt es keinerlei diesbezügliche Hinweisschilder - weder, die auf das Wehr am Lahnfenster hinweisen, noch, wie man danach zur Unterführung gelangt und wie weitergefahren werden soll.
Komplexes Hinweisschild
Verweisen kann die Stadt allerdings auf ein komplexes Hinweisschild in der Schützenstraße, das stadteinwärts einhundert Meter vor der Rodheimer Straße hängt. Doch, um die aufgezeigten Wege darauf zu studieren, muss der Radler schon stehen bleiben. Nicht aufgeführt ist der von Neidel propagierte Weg über das Lahnfenster-Wehr. Dazu müsste der Radler dann allerdings "bitte wenden!" und ein Stück zurück fahren. Dort steht am Abzweig Richtung Wehr auf einem Hinweisschild für Radfahrer allerdings nur: "Marburg 34" und "Launsbach 3,6".