Der Gießener Musiker Dominik Reh alias "twocolouredman" hat ein aufwändiges Trickfilmvideo für seine neue Indiepop-Single produziert. Die Kulissen stammen aus dem Kinderzimmer.
Von Sabine Glinke
Die Kulissen kommen aus dem Kinderzimmer: das neue Video von Dominik Reh alias "twocolouredman". Foto: Dominik Reh/twocolouredman
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GIESSEN - Gut Ding will Weile haben. Das ist das Resümee des heimischen Musikers Dominik Reh, der seit Frühjahr 2020 unter dem Projektnamen "twocolouredman" Indie-Popsongs produziert und auf den einschlägigen Portalen veröffentlicht. Sein neuester Streich: ein in Eigenregie entstandener Videoclip zu dem melancholischen Indie-Popsong "When I was a Young Boy".
Reh hat dazu ein Video in professioneller Anmutung produziert In aufwändiger Stop-Motion-Technik lässt er Lego-Welten aus seinen Kindertagen auferstehen. "Ich wollte schon immer mal ein Stop-Motion-Video machen und die Lego-Idee gibt es auch schon länger", fasst der 30-Jährige zusammen, der vor seinem Solo-Projekt mit der Band "Marspol" für einiges Aufsehen sorgte. Als dann der Song "When I Was a young Boy" aus seiner Feder floss, war klar: Das ist der Song, der in einer Lego-Geschichte erzählt werden soll.
Die Textzeile "And I felt lonely holding Lego in my Hands" (ich fühlte mich einsam, Lego in den Händen haltend) spricht dabei für sich. Seine damalige Arbeitskollegin Silja Melch zeigte sich von der Idee sofort begeistert und sagte ihre Unterstützung zu. Was keiner der beiden ahnte: Die Produktion sollte über ein Jahr Zeit in Anspruch nehmen. "Ich bin da in der Tat ein bisschen naiv rangegangen", sagt Dominik Reh, "ich dachte, in ein, zwei Dreh-Wochenenden wäre das erledigt".
Wenn man den Clip anschaut, weiß man aber sofort, warum eine Dreh-Session zwischen 13 und 17 Stunden gedauert hat und warum über 1000 Arbeitsstunden in das Projekt geflossen sind. So detailverliebt sind die Szenen inszeniert. "Unsere Figur hat etliche verschiedene Gesichtsausdrücke", sagt Reh. "Da mussten wir auch mal mit Nagellackentferner ran und einen neuen Mund aufmalen." So wird der Lego-Protagonist lebendig: Er fühlt und zeigt Emotionen. Dazu holte der Musiker aus seinem Elternhaus in Breidenbach (Landkreis Marburg-Biedenkopf) seine alten Lego-Sets aus den eigenen Kindertagen: Piratenschiff, Ritterburg und ägyptischer Tempel dienen als Kulisse. Dazu kam noch eine Raumstation - Original-Lego aus den 80ern, "stammt noch von meinem älteren Bruder", sagt Reh.
Entsprechend hat das Video auch einen leichten Retro-Touch, was wiederum den melancholischen Indiepop gelungen unterstreicht. Eine Reminiszenz an die beliebte Netflix-Serie "Stranger Things" gibt's außerdem zu entdecken. Ergänzt wurden die Lego-Kulissen, deren Aufbau teils ganze Tage in Anspruch nahm, etwa durch Sand oder Grasnarben - alles liebevoll arrangiert auf dem heimischen Esszimmertisch. Die Hintergründe der Szenenbilder sind bis auf wenige Ausnahmen gemalt - hier griff Silja Melchs Tochter Ylva zum Pinsel und schuf etwa Nachthimmel oder Wolkenformationen.
Die Lebendigkeit der Spielzeugfigur ist faszinierend, wenn der "Young Boy" etwa Fahrrad fährt, auf einen Baum klettert, auf einen fahrenden Zug aufspringt oder vom Piratenschiff ins Wasser springt und darin versinkt - Fontäne inklusive. Wieviel Aufwand das ist, macht eine kurze Erklärung der Stop-Motion-Technik klar: Dabei wird eine Illusion von Bewegung erzeugt, indem einzelne Bilder (sogenannte Frames) von unbewegten Motiven aufgenommen und anschließend aneinandergereiht werden. Die Bewegung entsteht, weil die Objekte für jedes einzelne Bild des Films immer nur geringfügig verändert und die Bilder schnell hintereinander abgespielt werden.
Neben Filmen mit Lego-Bricks und Figuren kommt dabei auch gerne Knete zum Einsatz - prominentestes Beispiel ist die britische Trickfilmreihe "Shaun, das Schaf". Etwa 12 000 Bilder hat Reh insgesamt produziert - rund 6000 haben es ins Video geschafft. Reinschauen und vor allem Wiederschauen lohnt sich, denn es gibt viele Details zu entdecken. Der Song dazu soll aber auch nicht vergessen gehen: "When I Was a Young Boy" ist eine gefühlvolle, nachdenkliche Indie-Pop-Nummer, die besonders Fans von Bands wie "Coldplay" oder "The Lumineers" ansprechen dürfte.
Das Video ist bei YouTube abrufbar, der Song selbst kann bei Spotify und allen anderen gängigen Streamingdiensten gehört werden. Foto: Reh