Verlängerter Lockdown: IHK Gießen-Friedberg in großer Sorge

 Symbolfoto: Vollformat/Samantha Pflug

Der bis Ende Januar verlängerte Lockdown hat nach Einschätzung der IHK Gießen-Friedberg vor allem für kleine und mittelständische Einzelhändler fatale Folgen. Sie...

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WETTERAUKREIS. Der bis Ende Januar verlängerte Lockdown hat nach Einschätzung der IHK Gießen-Friedberg vor allem für kleine und mittelständische Einzelhändler fatale Folgen. Diese könnten die Verluste selbst nicht mehr kompensieren und benötigten deutlich mehr Unterstützung von der hessischen Landesregierung. Zugleich sieht die IHK Gießen-Friedberg mit Sorge, dass die Insolvenzgefahr drastisch zunimmt.

"Unter den hessischen Händlern macht sich totale Ernüchterung breit", sagt Jochen Ruths, Vizepräsident der IHK Gießen-Friedberg und Präsident des Handelsverbandes Hessen, und fügt hinzu: "Mit rund 2,8 Milliarden Euro Umsatzverlust im hessischen Einzelhandel im Jahr 2020, davon rund eine halbe Milliarde durch das ausgefallene Weihnachtsgeschäft, sind die Unternehmen nicht mehr in der Lage, ihre Ausfälle ohne staatliche Hilfe zu kompensieren." Die bereits zugesagten finanziellen Unterstützungspakete von Bund und Ländern kommen nach seinen bisherigen Erkenntnissen bei vielen Unternehmen nicht an: "Das Verfahren ist zu kompliziert, die Zugangshürden sind zu hoch." Die für November angekündigte Überbrückungshilfe III werde erst im Laufe dieses Monats ausgezahlt. "Der nun verschärfte Lockdown hat fatale Folgen für die Überlebensfähigkeit kleiner und mittelständischer Handelsunternehmen und gefährdet so Tausende Arbeitsplätze", warnt Ruths. Viele Händler fühlten sich von der Politik alleingelassen. "Der Handelsverband fordert die Landesregierung auf, sich stärker um die betroffenen Händler zu kümmern. Wir erwarten mehr Aufmerksamkeit, mehr Handeln, mehr Unterstützung", fasst Ruths zusammen.

Als geschäftsführender Gesellschafter des Modehauses Ruths in Friedberg und Bad Nauheim sei er selbst von den Entwicklungen stark betroffen. "Jede Woche, die der Lockdown länger andauert, kostet uns wertvolle Verkaufszeit und somit Umsatz, mit dem bereits georderte Ware bezahlt werden muss, aber auch Löhne und andere Kosten. Die finanziellen Hilfen werden nicht ausreichen, um die Arbeitsplätze sichern zu können."

Auch IHK-Präsident Rainer Schwarz fordert mehr Unterstützung vom Staat. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise summierten sich jeden Tag: "Unternehmen aus Branchen, die wiederholt schließen mussten, dürften mittlerweile so gut wie kein Eigenkapital mehr zur Verfügung haben. Je länger die Krise und der aus ihr resultierende Lockdown dauert, desto zielgenauer und anhaltender müssen die staatlichen Hilfen sein." Schwarz plädiert weiterhin für einen Verlustrücktrag über mindestens drei Jahre und die Aussetzung der Mindestbesteuerung von 40 Prozent ab einem Gewinn von einer Million Euro. Diese und weitere Vorschläge des Instituts der Wirtschaftsprüfer, wie beispielsweise auch die Stärkung der Unternehmen durch eine zeitlich befristete Einführung einer steuerfreien Corona-Rücklage, wertet Schwarz als Möglichkeiten. "Die Option einer solchen Rücklage begründet einen zeitnäheren Erstattungsanspruch. Allerdings müsste in diesem Fall sichergestellt sein, dass die steuerfreie Rücklage sich dann nicht als verdeckte genehmigungspflichtige Beihilfe erweist."

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Die IHK Gießen-Friedberg habe 2020 ihre Mitgliedsunternehmen mit konkreten Hilfen begleitet - zum Beispiel mit einer Hotline zur Beantragung der Überbrückungshilfe oder durch Gespräche mit Vertretern der hessischen Landesregierung. Das werde die IHK auch in diesem Jahr fortsetzen, zumal seit Bekanntgabe der Lockdown-Verlängerung die Zahl der Anrufe zum Thema Überbrückungshilfe wieder deutlich zugenommen habe.