Die Faserfirma Woolrec hatte eine Vorgeschichte: Mintec hieß die Vorgängerfirma auf dem Betriebsgelände in Tiefenbach. Dort wurden zuerst Dämmwolleabfälle für den Einsatz in Ziegeleien aufgearbeitet. Die Genehmigung ging später auf Woolrec über.
Gießen/Braunfels - Die Faserfirma Woolrec hatte eine Vorgeschichte: Mintec hieß die Vorgängerfirma auf dem Betriebsgelände in Tiefenbach. Dort wurden zuerst Dämmwolleabfälle für den Einsatz in Ziegeleien aufgearbeitet. Die Genehmigung ging später auf Woolrec über.
Nur zwei Jahre, von 2000 bis 2002, lief der Mintec-Betrieb, dann musste die Firma Konkurs anmelden. An der Genehmigung der Anlage nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz war zur Jahrtausendwende als Verfahrensführer der Zeuge beteiligt, den das Gießener Schwurgericht unter Vorsitz von Richter Heiko Söhnel am Dienstagvormittag im Woolrec-Prozess vernahm. Angeklagt sind Ex-Firmenchef Edwin F. und Gutacher Stefan G. Unerlaubter Umgang mit Abfällen in einem besonders schweren Fall lautet der Vorwurf.
Der 56-jährige Verwaltungswirt, damals Mitarbeiter im Dezernat für kommunale Abfallwirtschaft beim Regierungspräsidium (RP) Gießen, erinnerte sich an den Antrag der Mintec-Inhaber für den Betrieb einer Aufbereitungsanlage für Glas- und Mineralwolleabfälle. Noch bevor die Genehmigung erteilt war, kam es zu einer ersten Anwohnerbeschwerde, weil Mintec vorzeitig den Betrieb aufnahm und Dämmwolleabfälle – entgegen der Auflagen – auf dem Betriebsgelände abkippte. Der Probebetrieb sei daraufhin widerrufen worden, berichtete der Zeuge. Auflagen, nach denen Mintec die verschiedenen Abfälle trennen musste, hätten vermutlich am Ende zum Konkurs geführt, sagte der RP-Mitarbeiter, die Trennung hätte Mintec „nicht auf die Reihe gekriegt“. Als Mitarbeiter im Dezernat für kommunale Abfallwirtschaft sei er nur mit der Anlagengenehmigung beschäftigt gewesen, die Kontrolle dessen, was hinten rauskam, sei Aufgabe des Schwesterdezernats für industrielle Abfälle gewesen.
Ende Februar 2002 übernahm Edwin F. den insolventen Mintec-Betrieb inklusive der Anlagen und der Genehmigung, die an den Standort, nicht an den Betreiber gebunden war.
„Anlage hielt die Grenzwerte locker ein“
Im September 2003 sei von F. eine Anlagenoptimierung angezeigt, im Mai 2005 der Dreischichtbetrieb und eine Kapazitätserhöhung auf 21 Tonnen pro Jahr genehmigt worden. Auch Grenzwerte für Abgasausstoß und Lärm, die erst ab 2007 in Kraft traten, seien damals festgelegt worden – überprüft durch den TÜV und Messstellen. „Die Anlage hat die Werte locker eingehalten“, erklärte der Zeuge.
Als Woolrec Ende April 2009 370 000 Euro aus dem Innovationsprogramm des Bundesumweltministeriums für ein Pilotprojekt erhielt mit dem Ziel, die bei der Faserverwertung anfallenden Plastikfolien und Metalldrähte ebenfalls zu verwerten, folgte ein erneuter Antrag bei der Aufsichtsbehörde: auf Genehmigung einer Wäsche für Folien, in denen die Abfälle angeliefert wurden, einer Metallaufbereitungsanlage und eines Drehofens, mit dem das Faserprodukt Woolit zum Granulat verarbeitet werden sollte, um es für Dachbegrünung oder zum Klinkerbrennen einsetzen zu können.
„Es handelte sich um eine Pilotanlage“, berichtete der Zeuge. Woolrec habe nach Beselich umsiedeln wollen, der Standort Tiefenbach sei ungünstig und nicht expansionsfähig gewesen. „Es sollte eine Vorzeigeanlage für Europa werden“, sagte der 56-Jährige, in einer Zeit, als keine Deponie die Dämmwolleabfälle mehr habe annehmen wollen.
Bekanntlich haben die Beselicher den Umzug verhindert. Der Drehofen kam nicht über den Probebetrieb hinaus. Nach einer Beschwerde von Nachbarn sei auf den Ofen verzichtet worden, sagte der Zeuge. Ein Anwohner erinnerte sich am Dienstag im Gerichtsflur an eine gelbe Staubwolke, die durch das Tiefenbacher Tal waberte – ausgelöst durch den Probebetrieb des Drehofens, vermutete er.
Ab April 2011 war der Zeuge nicht mehr für Woolrec zuständig, er wechselte die Abteilung. Dass Informationen über eigentlich unangekündigte Kontrollbesuche von RP-Mitarbeitern jeweils an Woolrec durchsickerten, schloss er kategorisch aus. Die Kontrolleure hätten ständig gewechselt, er selbst habe nur an zwei solcher Kontrollen teilgenommen. Dabei sei „in der Regel nichts herausgekommen“ – trotz der vielen Anwohnerbeschwerden.