Viele Menschhen kamen ins Hüttenberger Bürgerhaus, um sich typisieren zu lassen. Foto: Anna-Lena Fischer
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WETZLAR/HÜTTENBERG/HERBORN - Felix Ehrenpfordt aus Wetzlar ist 17 Jahre alt. Er liebt das Motorradfahren, treibt gerne Sport und hat viele Freunde. Aber Felix hat Blutkrebs. Im August 2017 geht der junge Mann zum Arzt, weil er sich extrem ausgelaugt fühlt. Er erhält die alles verändernde Diagnose: Felix leidet an einer chronischen Form von Blutkrebs.
Für ihn, seine Familie und seine Freunde ein Schock. Kaum vier Monate später dann die endgültige Diagnose: akute Leukämie. Felix muss zur Behandlung ins Krankenhaus. Nur eine Stammzellspende kann sein Leben jetzt retten.
Gemeinsam mit der DKMS (ehemals Deutsche Knochenmarkspenderdatei) hatten seine Familie und seine Freunde jetzt eine Typisierungsaktion ins Leben gerufen. Mit dieser, so hoffen sie, könnte ein potenzieller Stammzellspender für Felix gefunden werden. Die DKMS- Datei erfasst weltweit die Daten potentieller Knochenmark- und Stammzellspender. An zwei Orten fand die Typisierung am Sonntag statt.
"Felix braucht Dich" - unter diesem Motto versammelten sich im Bürgerhaus in Hüttenberg-Rechtenbach schon eine Stunde vor Beginn der Typisierungsaktion etwa 40 freiwillige Helfer. Viele davon waren Arbeitskollegen von Felix' Mutter, Freunde und Bekannte oder Familienangehörige. Pamela Kölbl von der DKMS wies die Helfer ein und zeigte ihnen, wie die Registrierung der potenziellen Spender vonstattengeht. Den bekannten Slogan "Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein" galt es umzusetzen.
Auch im Herborner Fitnessstudio "Fit hoch 3" gaben sich am Sonntag die Besucher die Klinke in die Hand. Die Registrierungsaktion für den an Leukämie erkrankten 17-jährigen Wetzlarer Felix Ehrenpfordt war angelaufen. Bereits zu Beginn um 11 Uhr waren alle Registrierungsplätze besetzt und in den Gängen stauten sich die Menschen. Die 24 ehrenamtlichen Helfer, alle aus dem Freundes- und Bekanntenkreis der Familie hatten alle Hände voll zu tun, um den Ablauf der Typisierung zu erklären, Wattestäbchen auszugeben und die persönlichen Daten der Registrierungswilligen zu erfassen.
Geburtstagskind Elena Große aus Edingen war unter den Ersten potenziellen Spendern mit Kindern und Ehemann erschienen. Für die gerade 31 Jahre alt gewordene Frau war es selbstverständlich, dem lebensbedrohlich Erkrankten ihre Hilfe anzubieten. Sie hofft, dass vielleicht gerade sie die mindestens acht gemeinsamen genetischen Merkmale mit Felix aufzuweisen hat, um ihm das Leben retten zu können.
Felix Mutter Dorit Ehrenpfordt (51) aus Wetzlar- Steindorf, die nach Herborn gekommen war, um an der Aktion teilzunehmen, war vollkommen geplättet. An einen solchen Zulauf in der Stadt, die doch relativ weit von ihrem Wohnort liegt, hätte sie im Traum nicht gedacht. Sie habe in den eineinhalb Jahren seit Felix Erkrankung immer wieder erfahren können, wie ihr bis dahin auch fremde Menschen völlig selbstlos Unterstützung anbieten. Das mache Mut, den sie und ihr Sohn dringend bräuchten. Der junge Mann befindet sich derzeit in der Phase akuter myeloischen Leukämie (AML) und braucht dringend eine autologe Stammzelltransplantation.
Dorit Ehrenpfordt, die noch eine 13-jährige Tochter hat, versucht stark zu sein und das gelingt ihr meist auch. "Man funktioniert einfach im Alltag". "Ich kämpfe mit allen verfügbaren Mitteln, um das Leben meines Sohnes und ergreife jeden Zipfel einer Chance, die sich mir bietet", sagt die Sacharbeiterin in der Gemeindeverwaltung Hüttenberg.
Sie führt den Krankheits-Ausbruch bei ihrem Sohn auf den tödlichen Unfall eines Freundes zurück, den Felix hautnah miterleben musste. Besonders dankbar ist sie Menschen wie Frauke Sowa. Die Fitnessstudiobesitzerin hat sofort, als sie von der Herbornerin Beate Schaaf von der Typisierung erfuhr, beschlossen: "Das machen wir in meinen Räumen." Gemeinsam mit Felix' Tante Melanie Rüggeberg - ebenfalls aus Herborn - stellte sie die Organisation auf die Beine und versicherte sich der Unterstützung der DKMS.
"Was ich und all die anderen Unterstützer machen, ist wenig, aber das Wenige sollte jeder tun, um Leben zu retten", sagte Frauke Sowa. Die 26-jährige Ökotrophologie-Studentin Nicole Ruf arbeitet derzeit für die DKMS im "Spenderneugewinnungsteam" und unterstützte am Sonntag freiwillige Helfer wie die Herbornerin Simone Viviane Plechinger mit Rat und Tat. Immer wieder waren Gesundheitsfragen der Bewerber zu klären oder Abläufe zu besprechen.
Im Eingangsbereich boten weitere Helfer selbst gebackene Kuchen und andere Köstlichkeiten an, um die Spendenkasse für die Aktion wenigstens ein bisschen füllen zu können.
Auch in Hüttenberg gab es viele Informationen sowohl für die Helfer wie auch für diejenigen, die sich typisieren ließen. "Die Spender dürfen zehn Minuten vor dem Einsatz der Stäbchen nichts essen oder trinken", erklärte Pamela Kölbl den Helfern.
Mit insgesamt drei Wattestäbchen wurde dann jeweils ein Abstrich von der Wangenschleimhaut der Bürger, die sich typisieren ließen, genommen.
Das tat nicht weh und dauerte nur drei Minuten. Während die Wattestäbchen trockneten, wurden die persönlichen Daten aufgenommen: Alter, Körpergröße, Gewicht und mögliche Erkrankungen entscheiden darüber, wer Spender für Felix werden könnte. "Es gibt leider Einschränkungen, nicht jeder kommt als Spender in Frage. Grundsätzlich können gesunde Menschen im Alter von 18 bis 55 Jahren, die keine chronischen Erkrankungen haben und 50 Kilo wiegen, Stammzellspender sein", erklärte Pamela Kölbl. Kommt eine Person als Spender in Frage, werden anschließend anhand der Wangenschleimhautproben die Gewebemerkmale bestimmt, die Person ist als potenzieller Spender registriert. Um festzustellen, ob ein passender Spender für Felix gefunden wurde, werden die Gewebemerkmale miteinander verglichen.
Stimmen die Gewebemerkmale einer Person nahezu hundertprozentig mit denen von Felix überein, ist ein Spender gefunden. Der "Gewebemerkmalszwilling" von Felix kann dann entscheiden, ob er dem jungen Mann seine Stammzellen spendet.
"Heute unterschreibt niemand, dass er in drei Wochen auf dem OP-Tisch liegt", verdeutlichte Pamela Kölbl von der DKMS. Die Registrierung in der Datenbank sei der erste Schritt, was danach komme, entscheide jede Person für sich selbst.
Was, wenn Felix unter den Teilnehmern der Aktion seinen Spender findet? "Dann gibt es zwei Möglichkeiten der Stammzellspende", erläuterte Pamela Kölbl. Die häufigere Methode sei die Blutentnahme. "Der Spender nimmt mehrere Tage ein Medikament, das die Produktion der Stammzellen anregt und diese in die Blutbahn schwemmt." Es gebe aber auch die seltenere Methode der Entnahme von Knochenmark aus dem Beckenkamm.
"Wenn es nicht Felix ist, kann es jemand anderes sein, den Sie retten können", gab Kölbl den möglichen Spendern am Sonntag mit auf den Weg.
Wer am Sonntag noch nicht mitmachen konnte, sich aber dennoch gerne bei der DKMS registrieren lassen möchte, um Felix oder einer anderen an Blutkrebs erkrankten Person zu helfen, der kann das Wattestäbchen-Set anfordern. Zu Hause wird der Abstrich vorgenommen und zur DKMS zurückgeschickt. Es ist unkompliziert, sich registrieren zu lassen. Informationen gibt es auf www.dkms.de.