Unter anderem weil er einem Polizisten ins Gesicht gespuckt und seine Ex-Freundin bedroht hat, ist ein 20-Jähriger vom Amtsgericht Wetzlar zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Von Sebastian Reh
Symbolfoto: Sebra/Fotolia
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LEUN/WETZLAR - 20 Jahre alt und schon einiges auf dem Kerbholz: Wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, eines tätlichen Angriffs auf diese, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Beleidigung und Bedrohung ist ein Leuner vom Amtsgericht Wetzlar zu einer Jugendstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt worden.
Der 20-Jährige musste sich wegen fünf Delikten aus den Jahren 2019 und 2020 verantworten. Bei den zwei Taten aus dem Jahr 2019 kam es jedoch zur vorläufigen Einstellung des Verfahrens.
Am 18. Juli hat sich der Angeklagte, davon war das Gericht überzeugt, früh morgens vor einer Shisha-Bar in der Bahnhofstraße aufgehalten. Wegen einer Schlägerei wurde die Polizei zu der Bar gerufen; als die Streife ankam, hatte sich die Situation wieder beruhigt. "Nur der Angeklagte hat noch getobt", sagte der damals diensthabende Polizist vor Gericht aus. "Er war frech und hat alles infrage gestellt." Als der Angeklagte einen Platzverweis missachtete, wollten die Polizisten ihn in Gewahrsam nehmen. Die Situation eskalierte. "Er hat mich aufs Übelste beleidigt, mir ins Gesicht gespuckt und versucht, mich zu treten", berichtete der 41-jährige Polizist.
"Ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber wenn ich das hier so höre, schockt mich das selbst", sagte der Angeklagte auf den Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Sein Verhalten führte er auf seinen Alkoholrausch zurück.
Beim zweiten Anklagepunkt spielten ebenfalls die Polizei und der Alkoholkonsum des 20-Jährigen eine Rolle. Die Zeit vom 4. auf den 5. Juni hat der Leuner in einer Ausnüchterungszelle der Wetzlarer Polizeistation verbracht. Zuvor hatte er betrunken - bei einem Atemalkoholtest konnten 2,33 Promille festgestellt werden - in seinem Elternhaus randaliert. Die Fortsetzung folgte in der Zelle. "Er hat auf den Boden uriniert und gespuckt, uns den Mittelfinger gezeigt und auf die Abdeckung der Überwachungskamera und des Lüftungsgitters geschlagen", erinnerte sich ein 35-jähriger Polizist im Zeugenstand. Der entstandene Sachschaden belief sich laut Staatsanwältin auf etwa 200 Euro.
Über seinen Verteidiger räumte der Angeklagte die Tat ein. "Aber mein Mandant hat mehrmals Bescheid gegeben, dass er urinieren muss. Als er nicht auf die Toilette gelassen wurde, hat er seinem Ärger so Luft gemacht", erklärte der Verteidiger. Der Polizist erwiderte: "In der Ausnüchterungszelle gibt es einen auffälligen Knopf, mit dem man die Gegensprechanlage bedienen kann." Diese Gegensprechanlage sei auch vom Angeklagten genutzt worden. "Wenn jemand auf die Toilette muss, dann wird er auch zu ihr gebracht."
Als dritte Zeugin sagte die Ex-Freundin des Leuners aus. Nach der Trennung im vergangenen Jahr hat er sie und ihre Familie über das Internet beleidigt und bedroht. Die 20-Jährige sprach von traumatischen Morddrohungen: "Er hat mir geschrieben, dass erst meine Mutter weg ist, dann mein Vater und dann ich."
Nach der Beweisaufnahme widmete sich die Richterin den persönlichen Lebensverhältnissen des 20-Jährigen. Dieser wuchs mit seinen sieben Geschwistern in einem streng baptistischen Haushalt auf. Die Eltern würden ihre "Werte" mit Strafen durchsetzen. "Auch seine älteren Brüder sind allesamt mit der Strafverfolgung in Berührung gekommen", weiß die Richterin. Dazu kommen mehrere Vorbelastungen und Probleme mit Suchtmitteln. "Er hat sehr viele Gründe, sauer zu sein", schätzt die Jugendgerichtshilfe ein, die den Angeklagten nach eigenen Angaben schon lange kennt. Die Staatsanwältin und der Verteidiger plädierten beide auf eine Jugendstrafe auf Bewährung von 18 beziehungsweise 16 Monaten.
Nach einer kurzen Beratung mit den Schöffen sprach die Richterin den Leuner im Sinne der verbliebenen Anklage schuldig. Die Strafe: 18 Monate Jugendstrafe, ausgesetzt zu einer dreijährigen Bewährung, und eine Geldstrafe von 1 200 Euro. In seiner Bewährungszeit muss der 20-Jährige 30 Einheiten bei einem Antiaggressionstraining und mindestens sechs Termine bei der Suchthilfe Wetzlar wahrnehmen. Zudem wurde ihm der Nachweis von drei negativen Drogenscreenings für dieses Jahr auferlegt.
"Er hatte eine schwere Kindheit, verhält sich noch eher jugendlich, aber hat immerhin seit September einen Arbeitsplatz", hieß es in der Urteilsbegründung. Sie ergänzte: "Gerade unternimmt er die ersten Schwritte hin zur Stabilisierung, deswegen wäre es kontraproduktiv, wenn er jetzt in die JVA müsste."
Der Angeklagte akzeptierte das Urteil noch im Saal.