Das Regierungspräsidium Gießen lässt eine Abweichung von den Zielen des alten Regionalplans zu. Welche Auswirkungen dies auf das Gebiet "Am Weidfeldsweg" in Oberndorf hat.
Von Verena Napiontek
Redakteurin Wetzlar
Hier soll nach Willen der Stadt im großen Stil gebaut werden - auf dieser Naturwiese am Rand von Oberndorf könnten bis zu 80 Häuser entstehen. Archivfoto: Verena Napiontek
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SOLMS - Die einen wünschen es sich möglichst schnell herbei, die anderen möchten es verhindern. Das geplante Neubaugebiet "Am Weidfeldsweg" in Oberndorf erhitzt die Gemüter. Nun aber ist ein weiterer wesentlicher Schritt hin zur Realisierung des Baugebiets getan.
Seitens des Regierungspräsidiums (RP) Gießen wurde die von der Stadt Solms beantragte Abweichung von den Zielen des Regionalplans Mittelhessen 2010 zugelassen. Das heißt konkret, dass Solms im Osten des Stadtteils Oberndorf nun ein allgemeines Wohngebiet ausweisen darf. Im Gegenzug wird die Stadt im Rahmen eines Flächentauschs auf das sogenannte Vorranggebiet Siedlung im Bereich Borngrund in Oberndorf verzichten.
Ursprünglich hatte der Regionalplan für das etwa 2,7 Hektar umfassende Teilgebiet "Am Weidfeldsweg" ein Vorranggebiet für Landwirtschaft festgelegt, überlagert von einem Vorranggebiet Regionaler Grünzug und teilweise einem Vorbehaltsgebiet für besondere Klimafunktionen. Doch hier soll nun gebaut werden.
Hier soll nach Willen der Stadt im großen Stil gebaut werden - auf dieser Naturwiese am Rand von Oberndorf könnten bis zu 80 Häuser entstehen. Archivfoto: Verena Napiontek
Hier soll nach Willen der Stadt im großen Stil gebaut werden - auf dieser Naturwiese am Ortsrand von Oberndorf könnten bis zu 80 Häuser entstehen. Archivfoto: Verena Napiontek
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Bereits im August 2021 mit dem RP gesprochen
Die Stadt Solms hatte den Antrag wie folgt begründet: Im Stadtgebiet stehe derzeit kein adäquates Angebot an Bauplätzen zur Verfügung. Dabei sei die Nachfrage aber groß. "Erste Gespräche mit dem RP wurden im August vergangenen Jahres geführt", erläutert der Solmser Bürgermeister Frank Inderthal (SPD) den Ablauf. Der Magistrat habe dann in seiner letzten Sitzung im Jahr 2021 den Beschluss gefasst, die Zielabweichung zu beantragen. Insgesamt habe der Antrag 60 DIN A4-Seiten umfasst.
Das Regierungspräsidium bescheinigt der Kommune nun in der Stellungnahme, dass sie ihre Bemühungen zur innerstädtischen Entwicklung dargelegt habe. So sei auch ein Baulückenkataster beigefügt worden. Baulücken im städtischen Eigentum gebe es keine. Und so heißt es auch zusammenfassend vom Regierungspräsidium: "Es liegen plausible Gründe für die beantragte Zielabweichung vor."
Desweiteren steht im Schreiben des RP, dass eine Zielabweichung dann zugelassen wird, wenn sie unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist. Im derzeit noch gültigen Regionalplan 2010 für die Stadt Solms seien vier Vorranggebiete Siedlung/Planung vorgesehen. Das ausgewiesene Gebiet zwischen den Stadtteilen Burgsolms und Oberndorf werde allerdings aktuell durch einen Solarpark genutzt und stehe insofern nicht für eine wohnbauliche Entwicklung zur Verfügung. Auch hier war bereits ein Zielabweichungsverfahren durchgeführt und positiv beschieden worden. Die Obere Naturschutzbehörde stimmte indes dem Vorhaben "Am Weidfeldsweg" aus naturschutzfachlicher Sicht zunächst nicht zu. Mit der Planung gehe die Zerstörung eines geschützten Biotops einher, so die Behörde.
Auch der Bebauungsplan für Oberbiel geht durch
Hierbei handelt es sich um eine Streuobstwiese. Die Obere Naturschutzbehörde regt darum eine Verkleinerung des Baugebietes im Süden und den Erhalt des Biotops an.
Die Tauschfläche im Bereich Borngrund wird von der Oberen Naturschutzbehörde derweil als kritisch angesehen. Das Gebiet wird als "schwer regenerierbar" eingeschätzt. "Ich kann die Argumente der Oberen Naturschutzbehörde an dieser Stelle nicht verstehen", sagt dazu der Solmser Bürgermeister. Die Ausgleichsfläche grenze unmittelbar an ein Naturschutzgebiet an. Bedenken angemeldet haben im Anhörungsverfahren außerdem die Dezernate Grundwasserschutz, Hochwasserschutz, Kommunales Abwasser sowie Industrielle Abfallwirtschaft und Abfallvermeidung. Hessen Mobil empfiehlt laut RP für das relativ große geplante Wohngebiet eine fußläufig besser erreichbare Bushaltestelle vorzusehen.
Vom RP Gießen zugelassen wurde auch noch eine weitere Abweichung von den Zielen des Regionalplans. So darf Solms im Westen des Stadtteils Oberbiel an der Heinrich-Baumann-Straße ein urbanes Gebiet, private Grünflächen, Mischflächen sowie ein eingeschränktes Gewerbegebiet ausweisen. Hier ist der Hintergrund, dass auch die Nachfrage nach seniorengerechten Wohnungen, Pflegeplätzen und weiteren Arztpraxen in Solms derzeit das vorhandene Angebot deutlich übersteigt.
Bedenken aus naturschutzfachlicher Sicht gibt es in Oberbiel nicht. Ein Verkehrsgutachten wird aber für sinnvoll angesehen.
Dieser Bereich wird von der Stadt selbst entwickelt. Es gibt bereits Interessenten für Ärztehaus und Seniorenwohnanlage, an die nach Rechtskraft des Bebauungsplans verkauft wird.
Gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Gießen erhoben werden.