Mit dem Abriss des Stadthauses soll erst 2021 gestartet werden. Doch für eine Institution am Domplatz ist schon zum Jahreswechsel Schluss: Das Bistro am Dom „Bellini“, Treffpunkt nicht nur an Markttagen und zu Fußballabenden, schließt.
Von Steffen Gross
Redakteur Wetzlar
Francesco Dati macht Schluss: Zum Jahreswechsel gibt der 35-jährige das „Bellini“ im Stadthaus auf, das er 2010 übernommen hatte.
(Foto: Gross)
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Wetzlar - Mit dem Abriss des Stadthauses soll erst 2021 gestartet werden. Doch für eine Institution am Domplatz ist schon zum Jahreswechsel Schluss: Das Bistro am Dom „Bellini“, Treffpunkt nicht nur an Markttagen und zu Fußballabenden, schließt.
Gastronomie hat am Domplatz/Ecke Fischmarkt Tradition. Bis 1948 stand dort das „Herzogliche Haus“, in dem viele Jahre ein Hotel untergebracht war. Nach dem Abriss diente das Areal als Parkfläche, bis Ende der 70er das Stadthaus folgte.
So schwer der Schritt Pächter Francesco Dati fällt, am Ende bedeutet er auch eine Befreiung. Im April 2010 hatte der heute 35-Jährige das damalige Bistro am Dom übernommen und ihm den Zusatznamen „Bellini“ gegeben. Seitdem blieb die Tür im Erdgeschoss des Stadthauses gerade einmal an zwölf Tagen verschlossen – jeweils zu Weihnachten und Neujahr, an allen übrigen Tagen wurde von morgens bis nachts durchgearbeitet.
Doch es ist nicht der Rückgewinn von Lebensqualität, den Dati bei seiner Entscheidung für den Schlussstrich hauptsächlich angetrieben hat. Vielmehr sei es das Hin und Her der vergangenen Jahre, sagt er. Alljährlich habe er sich und das Personal auf das bevorstehende Ende eingestellt, aber dann sei es jeweils mit dem maroden Stadthaus wider Erwarten weitergegangen – und damit auch mit dem Bellini.
Die Hängepartie hat den Pächter inzwischen mürbe gemacht. „Das Gefühl, auf der Stelle zu treten, war für mich zuletzt immer schwerer zu ertragen“, sagt Dati. Gerne hätte er das Bistro weiterentwickelt, Neues versucht, aber Investitionen machen mit der Aussicht auf den Stadthaus-Abriss keinen Sinn mehr.
Der Gastronom macht keinen Hehl daraus, dass ihm am letzten Öffnungstag 31. Dezember „das Herz bluten“ wird. „Ich bin hier am Domplatz aufgewachsen, kenne das Bistro von Anfang an. Das war mein Baby, ich war froh, als ich es damals übernehmen konnte“, sagt Dati. Einige Jahre zuvor war das Bistro von Randy Recknagel betrieben worden, der auch für die kathedral-artige Innengestaltung verantwortlich zeichnete.
Francesco Dati ist Spross einer italienischen Gastronomen-Dynastie in Wetzlar, in der Gastronomie ist er groß geworden. Seine Eltern hatten von 1973 bis 1993 das Restaurant „Wirt am Dom“, dann übernahm sein Onkel Nico Filippelli. Die Datis führten anschließend das „Al Camino“ und die „Havanna Bar“. Dann kam das „Bellini“.
Die (Gäste-)Mischung macht’s: Vom Marktbesucher über den Fußball-Fan bis zur Hochzeitsgesellschaft
Wenn das Bistro ab dem 1. Januar Geschichte ist, dann wird Franceso Dati Vieles aus dieser Geschichte in bester Erinnerung behalten. Ganz vorne stehen für ihn die regelmäßigen „Welcome Home“-Partys in der Nacht vor Heiligabend. Vermissen werde er auch die Samstagvormittage mit Wochenmarkt, an denen viele Stammgäste an den immer gleichen Plätzen saßen. „Das ist immer ein tolles Gefühl“, schwärmt der 35-Jährige. Allgemein gefällt ihm an seinem Bistro, dass dort stets die unterschiedlichsten Menschen anzutreffen sind. Die Fußball-Fans an Fußballabenden genauso wie die Hochzeitsgesellschaften, die hier nach dem Standesamt feiern – und das alles in lockerer Atmosphäre.
Auf die faule Haut legen, wolle er sich nicht, lacht der Mitt-Dreißiger. Aber erstmal einen Gang rausnehmen und neue Eindrücke gewinnen. Sein vorläufiger Plan für 2019 sieht vor: Nebenbei jobben – „natürlich in der Gastronomie“, den Ausbilderschein machen – „für den ich nie Zeit hatte“, und vor allem viel reisen. Sein Ziel ist es, sich ab August mit einer längeren USA-Rundfahrt einen Kindheitstraum zu erfüllen.
„Anschließend würde ich mich über Optionen für eine Selbstständigkeit am Domplatz freuen“, sagt Dati. Sein Wunschgedanke sei es gewesen, später in das Stadthaus, welches dann Domhöfe heißen wird, zurückzukehren. Doch die Rückkehr könne ihm der Eigentümer aktuell nicht mehr garantieren. So oder so aber bleibe: „Der Dom ist mein Ankerplatz, an dem ich mich auch in Zukunft gerne sehen würde“, sagt Dati. Was auch immer die Zukunft bringt, die traditionelle „Welcome Home“-Party will Dati auch in diesem Jahr veranstalten und gut möglich auch in den kommenden. Am 23. Dezember steigt das vorweihnachtliche Wiedersehenden zum dritten Mal in der Techno-Disco auf dem Union-Parkhaus am Karl-Kellner-Ring.
Beim Investor, der Stadthaus am Dom GmbH, feilt man derweil an einer Nachfolgenutzung für das Bistro. Das Konzept sei noch unklar, sicher sei aber, dass es sich wieder um Gastronomie handeln werde, hieß es auf Nachfrage.