Google Trends: Danach haben Wetzlarer 2020 gesucht
Aufsehenerregende Verhandlungen am Amtsgericht, ein Gesundheitsamt am Limit und natürlich Covid-19. So sah das Jahr 2020 in Wetzlar aus – wenn man die Top-Suchbegriffe betrachtet.
Von Sirka Schmidt
Online-Redakteurin
Zulassungsstelle, Amtsgericht und natürlich Coronavirus: Das sind drei der zehn Begriffe, die 2020 in Wetzlar gegoogelt häufig gegoogelt wurden.
(Fotos: Pascal Reeber; Romolo Tavani -stock.adobe, Jörgen Linker; Grafik: VRM/sb )
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WETZLAR - Wer im Internet sucht, der nutzt dafür (fast immer) Google. Mit 95 Prozent Marktanteil ist der Konzern mit dem bunten Logo führend im Bereich der Internet-Suchmaschinen. Deshalb ist das, was die Menschen dort suchen, auch durchaus ein aussagekräftiger Jahresrückblick. Fast schon ein Spiegel der Gesellschaft. Und was da so genau gefragt beziehungsweise gegoogelt wird, macht das US-amerikanische Unternehmen seit Jahren auf einer Website namens Google Trends öffentlich: für Deutschland und den Rest der Welt.
Doch wie sieht es regional aus? Wir haben nachgefragt – und von Google die Top-10-Suchbegriffe für Wetzlar bekommen. Über die Methodik ist allerdings wichtig zu wissen: Die Listen der Top-Aufsteiger sind laut Google die sogenannten trending searches, also die am stärksten aufsteigenden Suchbegriffe des Jahres 2020. Dies sind Begriffe, bei denen die betreffenden Suchanfragen 2020 für eine anhaltende Phase einen besonders starken Anstieg im Suchinteresse im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet haben.
Eine Aßlarer Ärztin muss sich seit Sommer 2020 vor dem Wetzlarer Amtsgericht verantworten. Sie soll Patienten während Akupunkturbehandlungen heimlich Cortison gespritzt.
(Foto: Jörgen Linker)
Platz 10: Amtsgericht Wetzlar
Das Wetzlarer Amtsgericht hat es auf Platz zehn der Google-Suchanfragen geschafft. Kein Wunder, schließlich werden hier zahlreiche aufsehenerregende Fälle verhandelt. Etwa seit Sommer diesen Jahres der sogenannte Cortison-Prozess. Eine Ärztin aus Aßlar muss sich vor dem Wetzlarer Amtsgericht verantworten, weil sie Patienten während Akupunktur-Behandlungen heimlich Cortison-Spritzen gesetzt haben soll.
Eine Übersicht über diesen Fall gibt es in unserm Dossier mit dem Titel: "Akupunktur-Ärztin-soll Patienten Cortison gespritzt haben"
Was sind die Google Trends?
Google ermittelt nach eigener Aussage die Trends des Jahres durch die Auswertung von Milliarden Suchanfragen, die Nutzer im Laufe des Jahres getätigt haben. Google erklärt außerdem: “Zusätzlich zu den Jahrestrends mit den Höhepunkten des Jahres 2020 können wir mit unseren Tools weitere Einblicke in globale, regionale, aktuelle und vergangene Suchtrends geben. Dabei können unsere Tools nie dazu verwendet werden, individuelle Nutzer und deren Interessen zu identifizieren; sie basieren auf anonymisierten, aggregierten Daten, die erfassen, wie oft bestimmte Begriffe im Zeitablauf gesucht wurden.”
Doch nicht nur prestigeträchtige und öffentlichkeitswirksame Fälle landen am Amtsgericht. Auch der Fall einer Postbotin, die Hunderte von Briefen hortete, wurde dort verhandelt. Weil sie 1230 Postsendungen nicht ausgeliefert und eine Seniorin bestohlen haben soll, "stand eine zweifache Mutter dort vor dem Richter".
Hat gerade keine Kunden und dafür viel Zeit, sich um Reparaturen oder kleine Instandhaltungen zu kümmern: Uwe Schlier, Inhaber des Bowlingcenters in der Spilburg.
(Foto: Pascal Reeber)
Platz 9: Bowling Wetzlar
Zerstreuung stand auch im Corona-Jahr 2020 hoch im Kurs - zumindest solange es möglich war. Und offensichtlich übte laut Google Trends vor allem der Bowling-Sport eine besondere Faszination auf die Wetzlarer aus. Immerhin in einem Bowlingcenter in der Franz-Schubert-Straße könnte man der Freizeitbeschäftigung nachgehen, die Ende des 19. Jahrhunderts in den USA als Variante des Präzisionssports Kegeln entstanden ist. Die Betonung liegt auf könnte, denn auch hier macht das Coronavirus den Wetzlarern einen Strich durch die Rechnung. Schon während des ersten Lockdowns im Frühjahr blieb Bowlingcenter-Betreibern nur die Hoffnung auf einen baldigen Neustart. Und auch der noch bis vorerst 10. Januar terminierte zweite Lockdown setzt der Wetzlarer Freizeitbranche weiterhin schwer zu.
Im Lahn-Dill-Kreis gab es 2020 erstmals seit 2009 wieder weniger Arbeitsplätze.
(Symbolfoto: dpa)
Platz 7: Arbeitsamt Wetzlar
Kurzarbeit, Jobverlust, drohende Insolvenzen: Die Pandemie wirkt sich auch auf die mittelhessische Arbeitswelt aus. So gab es 2020 erstmals seit 2009 wieder weniger Arbeitsplätze im Lahn-Dill-Kreis. Der Stellenabbau betraf vor allem die Industrie und die Leiharbeit.. Zudem halbierte sich die Zahl der Azubis im Kreis fast. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass der Suchbegriff "Arbeitsamt" auf Rang sieben der regionalen Google Trends landete.
Die Schwerpunkte der Arbeit für die Mitarbeiter im Wetzlarer Finanzamt haben sich durch die Corona-Krise verschoben. Bislang dauert die Bearbeitung der Anträge aber noch nicht länger als in den vergangenen Jahren.
(Archivfoto: Hans-Georg Waldschmidt)
Platz 6: Finanzamt Wetzlar
Die Frage, ob mögliche Rückzahlungen dieses Jahr aufgrund der Corona-Krise später auf dem Konto landen, haben sich viele gestellt - das zeigen die Google-Suchanfragen. Zumindest in Wetzlar gab es Entwarnung: Bedingt durch die Krise hätten sich in allen hessischen Finanzämtern zwar schlagartig neue Schwerpunkte gebildet, sagte Pressereferentin Catiana Monteiro Lanca: "Dieses Jahr sind die Anfragen und Anträge von Unternehmen und Selbstständigen natürlich stark angestiegen. Den Schwerpunkt bilden Anträge auf die Herabsetzung von Steuervorauszahlungen. Zudem ist eine hohe Anzahl von Anträgen auf zinslose Stundungen eingegangen."
Dass dadurch allerdings das übrige Arbeitsgeschehen zum Erliegen gekommen wäre, konnte Monteiro Lanca nicht feststellen: "Bisher konnten wir die Mehrbelastung durch einen erhöhten Arbeitseinsatz unserer Mitarbeiter gut abfangen", sagte sie. Die Finanzamt-Mitarbeiter arbeiteten wie gewohnt weiter, wenn auch zum Teil aus dem Homeoffice.
Silbrig glitzern die Sonnenstrahlen auf dem Wasser der Aartalsperre. Um im Sommer nicht von kühlem Nass von oben überrascht zu werden, googelte 2020 viele Wetzlarer nach "Regenradar".
(Foto: Gert Heiland)
Platz 5: Regenradar Wetzlar
In Zeiten, in denen die Folgen der Klimakrise für alle deutlich spürbar werden, ist die Suche nach dem Regenradar für Wetzlar naheliegend. Man betrachtet sie mit Sorge, die zunehmende Trockenheit. Nicht nur wegen der leidenden Bäume. Denn regnet es lange nicht, kann das Folgen für die Badewasserqualität in Aartalsperre und Ulmbachtalsperre, im Dutenhofener See, im Heisterberger Weiher, in der Krombachtalsperre und im Stauweiher Ewersbach haben. Und damit auf das Badevergnügen der Wetzlarer. Auch Waldliebhaber könnten den Regenradar in 2020 besonders häufig aufgerufen haben, denn dem Wald im Lahn-Dill-Kreis geht es schlecht. Deutlich sichtbare Zeichen dafür sind etwa die vielen abgestorbenen Fichten und die in diesem Jahr deutlich verfrühte Herbstverfärbung bei den Laubbäumen. Letztere setzte in diesem Jahr vier bis sechs Wochen zu früh ein.
Stadtansicht: Kanuten auf der Lahn in Wetzlar, im Hintergrund die Alte Lahnbrücke und das Neue Rathaus.
(Foto: Pascal Reeber)
Platz 4: Stadt Wetzlar
Goethe- und Optikstadt, eine beneidenswert schöne Altstadt und ringsum idyllische Natur: Wetzlar punktet unter vielen Gesichtspunkten. Und weil die Bewohner darüber informiert bleiben möchten, was in ihrer Heimatstadt so los ist, suchten sie laut Google Trends 2020 am vierthäufigsten nach "Stadt Wetzlar". Schließlich wird auf der Internetpräsenz der Stadt neben den aktuell gültigen Corona-Regelungen auch alles Wissenswerte rund um das Leben in Wetzlar vermittelt. Auch Ausflugstipps für die heimische Region gibt es hier, was besonders während der Pandemie, in der große Reisen nur schwer möglich waren, äußerst praktisch ist. Und das Online-Rathaus. Wussten Sie, dass das Wetzlarer Rathaus bis Ende 2022 digital sein muss? Die Stadt will deshalb die Digitalisierung von Anträgen und Leistungen gemeinsam mit Gießen, Marburg, Fulda und Limburg vorantreiben.
Die mittlere Niederschlagshöhe in Wetzlar beträgt 600 bis 700 Millimeter und liegt damit leicht unterhalb des Durchschnitts in Deutschland.
(Symbolfoto: dpa)
Platz 3: Wetzlar Wetter
Der Juni war in diesem Jahr in Wetzlar besonders nass. Das geht aus den Aufzeichnungen des Hessisches Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie hervor. Mit einer Niederschlagshöhe von 120,1 Millimetern lag diese deutlich über dem Juni-Normwert von 63 Millimetern. Ein ähnliches Bild im August: Dort lag die Niederschlagshöhe 2020 bei 106,7 (der Durchschnitt liegt sonst bei 54,7). Die mittlere Niederschlagshöhe in Wetzlar beträgt übrigens 600 bis 700 Millimeter und liegt damit leicht unterhalb des Durchschnitts in Deutschland. Im Juni und August war es deshalb ratsam, nach dem Schlagwort "Wetter" zu googlen, wenn man das Haus verlassen wollte. Besonders beliebt sind solche Suchanfragen in der Regel auch bei großen Festivitäten, die es in Wetzlar dann hoffentlich 2021 wieder geben wird.
Die Gesundheitsämter ächzen unter der Belastung durch die Corona-Pandemie.
(Foto: vchalup - stock.adobe)
Platz 2: Gesundheitsamt Wetzlar
Den Gesundheitsämtern kommt während der Corona-Pandemie eine wichtige Rolle zu. Sie sind unter anderem für die Nachverfolgung und Betreuung von Kontaktpersonen der an Covid-19 Erkrankten zuständig. Zusätzliche Aufgaben des Gesundheitsamtes seien laut der Pressesprecherin des Lahn-Dill-Kreises, Susanne Müller-Etzold, auch Beratungen im Zusammenhang mit Feiern, Veranstaltungen und Reisen - beispielsweise über die Corona-Hotline des Kreises. Bei stetig steigenden Fallzahlen arbeiteten die Gesundheitsamt-Mitarbeiter an der Belastungsgrenze. Im Oktober setzte der Kreis schließlich sogar einen Hilferuf an die Regierung ab, da die "Durchführung von Infektionsschutzmaßnahmen absehbar nicht mehr sichergestellt" werden konnte.
Coronavirus war der Begriff, der in Wetzlar 2020 am häufigsten gegoogelt wurde.
(Symbolfoto: Pascal Reeber)