Keine Anhaltspunkte für Verstöße, heißt es aus dem Wetzlarer Rathaus nach der juristischen Prüfung des Vergabeverfahrens für den Wetzlarer Hof.
Von Steffen Gross
Redakteur Wetzlar
Es gibt einen Riss zwischen dem Wetzlarer Michel-Hotel und dem Wetzlarer Hof, der wohl nicht mehr zu kitten ist. Während die Stadt Wetzlar nach Prüfungen Verstöße gegen das Vergaberecht ausschließt, wird vor den Arbeitsgerichten weiter gestritten, hinzu kommen nun Strafanzeigen. Foto: Tanja Freudenmann/Grafik: Steinhaus
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WETZLAR - Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem städtischen Vergabeverfahren für die Neuverpachtung des Wetzlarer Hofs sind in den vergangenen Wochen vom Rechtsamt der Stadt einer juristischen Prüfung unterzogen worden. Jetzt liegt das Ergebnis vor. Danach gibt es weder Anhaltspunkte für strafrechtliche noch vergaberechtliche Verstöße, erklärte Stadtrat Norbert Kortlüke (Grüne) auf Nachfrage.
Den Verdacht der möglichen Korruption und Vorteilsnahme bei der Neuverpachtung des traditionsreichen Wetzlarer Restaurant- und Hotelbetriebs hatte der Inhaber der Michel-Hotels-Kette, Ido Michel, Mitte September aufgebracht. Er stellt die Rechtmäßigkeit in Frage und fordert die Neuvergabe des Pachtvertrags. Diese Vorwürfe sieht man im Wetzlarer Rathaus nach der Überprüfung auch formell ausgeräumt. Schon im Vorfeld hatte Kortlüke als Dezernent für den Eigenbetrieb Stadthallen erklärt, dass das Vergabeverfahren korrekt gelaufen sei und es für eine Neuvergabe keinerlei Anlass gebe. Auslöser für die Vorwürfe war, dass sich neben Ido Michel auch zwei seiner Hotelmanager, die inzwischen fristlos gekündigten Direktoren der Michel-Hotels in Wetzlar und Landshut, als Betreiberduo um den Wetzlarer Hof beworben und ein Angebot abgegeben hatten.
Michel will von der Bewerbung seiner Angestellten nichts gewusst und erst durch einen Bericht dieser Zeitung davon erfahren haben. Da hatte das Duo den Zuschlag für den Wetzlarer Hof bereits erhalten und den Pachtvertrag mit Start 1. Januar 2020 unterzeichnet. Der Chef ging leer aus und fühlt sich hintergangen. Infolge der kurz darauf ausgesprochenen fristlosen Kündigungen klagen die beiden Hotelmanager inzwischen vor den Arbeitsgerichten. Andererseits liegen Strafanzeigen gegen sie vor bei den Staatsanwaltschaften Wetzlar und Landshut. Darin macht Ido Michel offenbar massive Vermögensschädigungen in jeweils sechsstelligen Höhen geltend.
Der Hotelier hatte nach der Vergabe des Wetzlarer Hofs die Abrechnungen der Michel-Hotels in Wetzlar und Landshut geprüft und war auf eine Vielzahl angeblich nicht genehmigter, stattdessen eigenmächtig von den Hotelmanagern veranlasster Rabatte und Gratis-Übernachtungen gestoßen. Profitiert haben sollen vor allem mehrere Sportvereine und -mannschaften, wie sein Anwalt Götz Winter Ende September erklärt hatte. Allein im Wetzlarer Michel-Hotel soll so ein Schaden von mehr als 380 000 Euro durch entgangene Einnahmen entstanden sein, heißt es inzwischen. Die Beschuldigten wollen diese Vorwürfe nicht kommentieren.
Sechs Buchungen zum Gesamtpreis von 230 Euro
Neben kostenlosen Buchungen für Sport- und Kulturvereine soll es zwischen Ende 2015 und August 2019 zu sechs Buchungen auf den Namen des Geschäftsführers der städtischen Wetzlarer Hof Grundstücksverwaltungs GmbH im vergünstigten Family-and-Friends-Tarif gekommen sein - obwohl dieser Tarif laut Winter allein Hotel-Mitarbeitern und deren Angehörigen vorbehalten ist. Dieser Geschäftsführer war später auch an der Vorauswahl der Bewerbungen für die Neuvergabe des Pachtvertrags Wetzlarer Hof beteiligt. Statt des regulären Übernachtungspreises von 554 sollen bei ihm insgesamt 230 Euro abgerechnet worden sein. Der Geschäftsführer hatte dazu im September auf Nachfrage erklärt, dass er einige Male Bekannte im Michel-Hotel einquartiert habe. Dabei sei ihm der Family-and-Friends-Tarif gewährt worden. Ob er wusste, dass damit gegen die Vorgaben der Michel-Gruppe verstoßen wurde, so wie es Ido Michel angibt, ist nicht bekannt.
Daraufhin war im September ein Anwaltsschreiben im Wetzlarer Rathaus eingegangen, in dem von Vorteilsnahme eines städtischen Bediensteten die Rede ist.
Dass der Hoteldirektor, der den Preisvorteil ermöglicht haben soll, neuer Pächter des Wetzlarer Hofs wird, "rundet das Bild des nach unserer Auffassung geplanten und perfiden Vorgehens ab", hieß es weiter.
Für die Stadt ist die Angelegenheit damit vorerst abgeschlossen. Noch offen ist dagegen, was sich in den nächsten Wochen und Monaten bei Arbeitsgerichten und Staatsanwaltschaften entwickelt.