Ein Eswe-Busfahrer und eine Vertreterin des Elternbeirats berichten im Stadtausschuss emotional von Konsequenzen der zusammengestrichenen Fahrpläne.
WIESBADEN. „Es ist eine Katastrophe für Fahrer, Pendler und Schüler.“ Mit einem emotionalen Redebeitrag in der Bürgerfragestunde des Mobilitätsausschusses machte sich der Busfahrer Markus Pfaff Luft. Die Fahrgäste seien wegen der Reduktion auf den Samstagsfahrplan und die Busausfälle gereizt. „Wir holen seit Jahren für Euch die Kohlen aus dem Feuer. Warum macht das Rathaus ständig Politik gegen die Fahrer?“, wollte er wissen. „Fragen Sie uns doch mal, wo der Schuh drückt.“
Die ganze Situation sei eine Zumutung. Schön sei es nur für die, die in Urlaub und Überstundenabbau geschickt wurden. „Ich fahre so gern Bus, aber ich kann nicht mehr“, betonte Pfaff. Er habe den Eindruck, dass das Bussystem bewusst an die Wand gefahren werde, um die von den Bürgern abgelehnte City-Bahn aufleben zu lassen.
Virginia Chan de Aguirre, die stellvertretende Vorsitzende des Stadtelternbeirats (StEB), sprach von massiven Beschwerden aus der Elternschaft. Die Busse kämen „zu früh, zu spät oder gar nicht“. Besonders betroffen seien die Fünftklässler. Die Antwort der Geschäftsführung von Eswe Verkehr auf eine StEB-Anfrage sei unbefriedigend: „Der Hinweis auf die RMV-App ist keine Lösung.“
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Stadtelternbeirat und Stadtschülerinnenrat verlangen in einem offenen Brief an den Aufsichtsratsvorsitzenden von Eswe Verkehr und Verkehrsdezernent Andreas Kowol (Grüne) Auskunft darüber, wann man zum Regelfahrplan zurückgekehrt, ob es eine Erstattung der Schülertickets gibt und ab wann Busse wegen Überfüllung Haltestellen auslassen. Sie kritisieren die zu späte Information.
„Ich verstehe Ihren Ärger“, räumte der Ausschussvorsitzende Martin Kraft (Grüne) ein. Die Busfahrer würden aber durchaus gehört. Der Betriebsrat von Eswe Verkehr sei im Aufsichtsrat stark vertreten. „Die Busfahrer werden zur Zielscheibe der Fahrgäste, aber das sind die Falschen“, befand Marc Dahlen (CDU). Es sei unverständlich, dass Kowol „sich wegduckt“ und auf die Geschäftsführung von Eswe Verkehr verweist: „Ich habe den Eindruck, Sie wollen nur Ihren Kopf retten.“ Stattdessen solle Kowol lieber zu einem Krisengipfel einladen.
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Der Verkehrsdezernent bestätigte, dass der Krankenstand unter den Busfahrern seit Monaten hoch sei, ihre Zufriedenheit niedrig. 48 Busfahrer hätten Eswe Verkehr verlassen. Leider habe es nicht geklappt, die Lücken im Fahrplan im größeren Stil mithilfe eines Subunternehmens zu schließen. Jetzt versuche man, zumindest kleinteilige Aufträge für Einzelfahrten extern zu vergeben.
Sechs Mitarbeiter kämen aus Bad Kreuznach zurück, freute sich der Geschäftsführer von Eswe Verkehr, Martin Weis. Sie würden vor allem im Schülerverkehr eingesetzt. Insgesamt brauche man jedoch weitere 131 Beschäftigte im Busbetrieb. Leiharbeitern werde ein Vertrag angeboten. Außerdem habe die Geschäftsführung die Lohnsumme gegenüber dem Plan um eine halbe Million Euro erhöht und er verhandele mit der Gewerkschaft Verdi über einen Haustarifvertrag.
„Wir sind noch nicht wieder beim regulären Verkehr“
„Wir suchen auch in Osteuropa nach Fahrpersonal“, kündigte Weis an. Das habe mit griechischen Kräften gut geklappt. Es gebe bereits eine gewisse Entspannung, „die Pünktlichkeit wird besser, aber wir sind noch nicht wieder beim regulären Verkehr“.
„Ich bin schockiert, wie das Problem hier besprochen wird“, schimpfte Alexander Winkelmann (FDP). „Die Fahrgäste stehen verzweifelt an den Haltestellen.“ Im Unklaren bleibe, wie es weitergehe. Stattdessen hätte Kowol Geld für Bonuszahlungen an die Fahrer locker machen müssen, „und auch der Oberbürgermeister hätte es nicht soweit kommen lassen dürfen“.
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Er könne verstehen, dass die Fahrer den Job für diesen Lohn nicht machen wollten. Auch Silas Gottwald (SPD) sprach sich für eine bessere Bezahlung aus. Boni seien allerdings der falsche Weg: „Das hat in der Vergangenheit zu Problemen und einer Neiddebatte geführt.“ Man müsse über eine Kapazitätsausweitung der Fahrzeuge wie Doppel-Gelenkbusse sprechen.
Eswe Verkehr sei für viele Arbeitnehmer toxisch, ist sich Christian Hill (Freie Wähler/Pro Auto) sicher. Grund sei eine „völlig falsche, undiplomatische Menschenführung und ein mieses Betriebsklima“. Mit Geld allein lasse sich das nicht lösen. Die Ursache für die Krise sei vielmehr, „dass die Stadtpolitik lange über die wirkliche Situation bei Eswe Verkehr“ bewusst im Unklaren gelassen wurde, widersprach Kraft und verwies damit auf die alte Geschäftsführung. „Wir wurden an der Nase herumgeführt.“