Wiesbadener Spendenaktion für arme Ältere läuft sehr gut

Wenn die Ausgaben für Energie höher werden und die Inflation steigt, bleibt weniger für Lebensmittel oder auch für kleine Wünsche. Der Wiesbadener Verein Silberstreifen hilft.  Archivfoto: dpa

Vor wenigen Tagen hatten wir über die Spendenaktion des Wiesbadener Vereins Silberstreifen für ältere Menschen berichtet. Was seitdem passiert ist, kann sich sehen lassen.

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WIESBADEN. Der Wiesbadener Verein Silberstreifen ist mit einer ausgefallenen Idee auf die Redaktion dieser Zeitung zugekommen. Er unterstützt seit Jahren arme, ältere Menschen. Mit dem Septembergehalt haben viele Wiesbadener 300 Euro brutto, die sogenannte Energiepauschale, überwiesen bekommen. Wer diese nicht oder nur teilweise braucht, so die Idee von Silberstreifen, könnte an den Verein spenden, damit älteren Wiesbadenern geholfen wird. Das kommt sehr gut an. Wir sprechen mit dem Vereinsvorsitzenden Johannes Weber.

Herr Weber, Sie und wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Aktion Energie-Spende ihres Vereins ist sehr erfolgreich angelaufen. Verraten Sie unseren Leserinnen und Lesern den aktuellen Spendenstand? Zum Stand 18. Oktober sind insgesamt 29.500 Euro an Spenden eingegangen. Unsere Bitte wurde also gehört. Mehr als 140 Menschen haben gespendet. Sie kommen überwiegend aus Wiesbaden, aber auch aus unseren Nachbargemeinden und -städten. Besonders beeindruckend sind die gespendeten Summen. Sie reichen von 15 bis 1000 Euro. Die Menschen haben das gegeben, was sie geben können. Das beeindruckt uns sehr. Wir danken allen Spenderinnen und Spendern herzlich.

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Wer genau wird von den Spenden profitieren? Etwa 15 Prozent der älteren Menschen in Wiesbaden sind von Altersarmut betroffen. Von diesen sind ein großer Teil auf Leistungen der Sozialhilfe, der genaue Begriff ist Grundsicherung im Alter, angewiesen. Wir wollen beide Gruppen erreichen, die Menschen, die mit wenig Geld im Alter klarkommen müssen als auch die Menschen, die schon jetzt auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Schildern Sie bitte einmal, welche Sorgen und Nöte Menschen umtreiben, die schon vor der aktuell schwierigen Lage von Silberstreifen unterstützt wurden. Für Menschen, die im Alter mit wenig Geld klarkommen müssen, ist der defekte Herd oder der kaputte Kühlschrank eine große Herausforderung. Auch die neue Brille oder eine Matratze kann nicht ohne Weiteres finanziert werden. An diesen Stellen hilft Silberstreifen seit zwölf Jahren. Es sind aber auch die kleinen Dinge, die das Leben lebenswert machen. Eine ältere Dame liebte es, nach dem Friseur in ihr Lieblingscafé zu gehen. Durch die Pflegebedürftigkeit ihres Mannes und damit verbundene Aufwendungen war dies nicht mehr möglich. Silberstreifen hat ihr diesen Cafébesuch ermöglicht.

Sie hatten berichtet, dass von den Spenden Lebensmittelgutscheine gekauft werden. Sparen die Menschen am Essen? Ja. Energiekosten werden ja in der Regel direkt vom Konto abgebucht. Steigen sie, steht weniger Geld für den Alltag zur Verfügung. Die Erfahrung zeigt, dass dann häufig an Lebensmitteln gespart werden muss. So sind wir auf die Idee gekommen.

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Von Altersarmut sind oft Frauen besonders betroffen. Sind unter den Menschen, denen der Verein hilft, mehr Frauen als Männer? Analysen zeigen, dass bei den sehr alten Menschen mehr Frauen betroffen sind. Bei den sogenannten jungen Alten zwischen 65 und 75 Jahren trifft das nicht mehr zu. Hier sind es etwa gleiche Anteile. Silberstreifen hat aber in den vergangenen Jahren deutlich mehr Frauen als Männer begünstigt. Insgesamt haben wir mehr als 500.000 Euro an Spenden gesammelt. Unser Verein hat nur sieben Mitglieder. Wir brauchen nur fünf Arbeitstage, um ab Bekanntwerden der Notlage tatsächlich zu helfen. Wir sind stolz darauf, dass keinerlei Verwaltungskosten entstehen. Die Mittel landen zu 100 Prozent bei den alten Menschen.

Neben der materiellen Not kommt bei vielen Älteren die Scham hinzu, überhaupt arm zu sein. Sie versuchen, so lange wie möglich, sich irgendwie ohne Hilfe „durchzuwurschteln“. Wie erreichen Sie und die kooperierenden Stellen bei der Stadt, der Diakonie und der Caritas die hilfsbedürftigen Menschen? Alte Menschen empfinden es oft als Kränkung, wenn sie mit ihrer Rente nicht zurechtkommen können. Häufig sind es Nachbarn und Angehörige, die auf Notlagen hinweisen. Hausärzte, Pflegedienste und gesetzliche Betreuer nehmen Kontakt mit uns auf. Gleiches gilt für die Rettungsdienste. Die sozialen Dienste in den Stadtteilen, Kirchengemeinden und Vereine sind ebenfalls wichtige „Bedarfsvermittler“.

Kurier und Silberstreifen kooperieren ja schon länger. Der Verein wird von unserer Weihnachtsaktion „ihnen leuchtet ein Licht“ unterstützt. Was konnte mit dieser Unterstützung geleistet werden, was sonst nicht möglich gewesen wäre? Silberstreifen wurde vor Jahren gegründet, um arme alte Menschen zu unterstützen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund hat uns „ihnen leuchtet ein Licht“ von Anfang an geholfen. Ansonsten wäre es uns nicht gelungen, seit über zehn Jahren kontinuierlich zu helfen. Denn eins ist klar: Geld für altersarme Menschen einzusammeln, ist schwieriger als Spenden für andere Bedarfslagen einzuwerben. Denn Altersarmut versteckt sich immer noch hinter den Haustüren.