Einst war Bill Cosby ein Superstar, dann wurde er zum ersten verurteilten Sexualstraftäter der Ära #MeToo in den USA. Jetzt aber hat ein Gericht das Urteil überraschend gekippt.
PHILADELPIA. Das höchste Gericht im US-Bundesstaat Pennsylvania hat die Verurteilung des US-Schauspielers Bill Cosby (83) wegen sexueller Nötigung gekippt. Aufgrund einer Vereinbarung mit einem früher mit dem Fall befassten Staatsanwalt hätte Cosby in dieser Sache nicht angeklagt werden dürfen - so argumentierte das Gericht in einer rund 80 Seiten langen Stellungnahme am Mittwoch. Der Entertainer verließ noch am Mittwoch das Gefängnis. Sein Fall darf nicht noch einmal aufgerollt werden.
Zahlreiche frühere Anträge auf Berufung und vorzeitige Haftentlassung waren von andern Gerichten abgelehnt worden. Die jetzige Entscheidung des höchsten Gerichts von Pennsylvania überraschte viele in den USA und sorgte weithin für Schock und Ratlosigkeit - Cosby selbst äußerte sich zunächst nicht.
Nur ein Fall im Prozess behandelt
Der Schauspieler galt einst als Superstar und Amerikas Vorzeige-Vater, dann wurde er zum ersten berühmten Verurteilten der Ära #MeToo, der weltweiten Bewegung gegen sexuelle Belästigung. Mehr als 60 Frauen hatten Cosby sexuelle Übergriffe unterschiedlicher Art vorgeworfen. Im Prozess ging es allerdings nur um einen einzigen Fall aus dem Jahr 2004.
Die Jury sah es als erwiesen an, dass Cosby eine Frau mit Tabletten hilflos gemacht und dann sexuell genötigt hatte. Der Entertainer hatte die Vorwürfe stets zurückgewiesen. 2018 war Cosby wegen sexueller Nötigung zu einer Strafe von mindestens drei und höchstens zehn Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil hatte in der Ära von #MeToo auch Signalwirkung. Seit dem vergangenen Jahr ist auch der frühere Hollywood-Mogul Harvey Weinstein verurteilter Sexualstraftäter, im August soll der Prozess gegen den Musiker R. Kelly wegen ähnlicher Anschuldigungen starten.
Cosby saß seit September 2018 als Insasse "NN7687" in der Anstalt "SCI Phoenix" mit rund 2400 Insassen in Pennsylvania. Sport und Ansprachen an die Mitinsassen bestimmten dort den Alltag des fast blinden früheren Superstars, hieß es von seinem Sprecher. Das Lebenswerk des Schauspielers scheint überschattet - Cosby aber bestand immer darauf: Er sei unschuldig und empfinde "keine Reue".
Von dpa