Die Psychotherapeutin Eva Wilke spricht im Interview über TikTok, den #thatgirl-Trend und Wespentaillen. Für Eltern hat sie Tipps, wie sie mit ihren Kindern über Medien sprechen.
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Frau Wilke, haben Sie einen TikTok-Account?
Nein, aber ich war schon mal auf dem Account meiner Tochter unterwegs und habe sozusagen einen Selbstversuch gemacht. Ich bin sehr medienaffin und es ist schon spannend zu sehen, wie viel Zeit man auf dieser Plattform verbringen kann.
Also sind Sie ein TikTok-Fan?
Nein, ich finde den Algorithmus von TikTok schwierig. Es geht schnell, dass man als Userin und User in bestimmte Video-Inhalte reinrutscht, die einem dann immer wieder präsentiert werden. Um diese Plattform mit Genuss nutzen zu können, braucht es ein hohes Maß an Reflexionsfähigkeit. Ich muss mir also immer wieder bewusst machen, womit ich mich gerade auseinandersetze. Die Gefahr sich beispielsweise durch präsentierte ideale Körperbilder unter Druck gesetzt zu fühlen ist hoch.
Können Kinder und Jugendliche das?
Nein, definitiv nicht. Deshalb braucht es eine zugewandte Begleitung der Mediennutzung. Etwa durch Eltern und andere Erziehende, die helfen, diese Dinge zu hinterfragen. Es ist wichtig, mit dem Kind und dem Jugendlichen in den Austausch zu kommen. Ich kann meine Tochter beispielsweise fragen: Ich habe den Eindruck, dass dich das richtig begeistert, was du da siehst. Was genau gefällt dir daran? Was glaubst du, was sich für dich ändern würde, wenn du so leben würdest?
Funktioniert das?
Bei Jugendlichen ist das schwieriger als bei Kindern. Denn Jugendliche wollen sich von ihren Eltern lösen. Das ist ihre Entwicklungsaufgabe. In dieser Phase suchen sich Jugendliche „Peers“, also ungefähr Gleichaltrige, deren Meinung für sie zählt und an denen sie sich orientieren können. Für Eltern wird es in diesem Moment schwierig, wenn sie nicht vorher schon eine gute Gesprächskultur mit ihren Kindern entwickelt haben.
Was machen Social-Media-Trends wie #thatgirl, die ja sehr auf scheinbarer Perfektion beruhen, mit jungen Frauen?
Ich hatte im Sommer einen sehr netten Fall. Eine 15-jährige TikTok-Userin, die gemeinsam mit ihren Eltern für drei Wochen in den Sommerurlaub nach Portugal gefahren ist. Sie kündigte bei mir an, nicht aus dem Hotelzimmer rausgehen zu wollen. Ihre Sorge war zu groß, zu dick, zu stämmig für einen Bikini am Strand zu sein.
Wie haben Sie darauf reagiert?
Ich habe meiner Patientin einen Deal vorgeschlagen. Sie sollte sich eine Woche in ein Café an den Strand setzen und sich nur die Leute anschauen. Nach dem Urlaub kam sie verändert zurück: Sie berichtete, dass ihr bei der Beobachtung klar geworden sei, dass die Menschen um sie herum aussehen wie sie selbst. Da sei keiner so dünn wie die Mädels auf TikTok gewesen. Sie habe erkannt, dass sie normal aussehe. Das habe sehr gut getan. Ab der zweiten Woche sei sie dann auch an den Strand gegangen, im Café zu sitzen, sei langweilig geworden.
Was zeigt das?
Dass Stereotypen auf Social Media einengend sein können und sich viele junge Menschen durch eine zu hohe Nutzung zunehmend vom realen Leben und ‚normalen‘ Menschen und Körperbildern entfernen.
Haben Sie Fälle gehabt, in denen Mädchen oder junge Frauen durch Social Media und teilweise unrealistische Idealvorstellungen Essstörungen entwickelt haben?
Natürlich gibt es in meiner Praxis eine ganze Menge Essstörungen oder Essthematiken. Um beispielsweise eine Magersucht zu entwickeln, gehört noch ein bisschen mehr dazu als zu dünne Influencerinnen. Da spielt die Persönlichkeitsstruktur rein, das familiäre Umfeld, das Umfeld, in dem man sich im realen Leben bewegt. Dass insbesondere Mädchen kritisch mit ihrem Körper umgehen, wird aber mit Sicherheit auch durch den Medienkonsum geprägt.
Wie spielt der #thatgirl-Trend da hinein?
Wenn man sich diese Routinen anschaut und sieht, wie oft manche Protagonistinnen in diesen Videos ihre Wespentaille und den Waschbrettbauch in die Kamera strecken, kann man schnell das Gefühl bekommen: ‚Oh je, mit mir stimmt etwas nicht. Ich möchte auch so aussehen!‘ Das ist nicht verwunderlich, schließlich wird man mit diesen Bildern medial ständig konfrontiert. Es ist wichtig, den Kindern und Jugendlichen immer wieder zu spiegeln, dass das nicht die Regel ist. Oft hört man dann Sätze wie: ‚Ja, aber ich finde das trotzdem schön.‘ Aber: Ich kann etwas schön finden, und trotzdem wissen, dass Wespentaille und Sixpack nicht der Normalfall sind.
Wie bewerten Sie insbesondere die Inhalte, die durch #thatgirl vermittelt werden?
Es gibt einen interessanten Zusammenhang zwischen meiner Arbeit und dem Social-Media-Trend. Pläne schreiben, ein Dankbarkeitstagebuch führen, einen Rhythmus und Routinen entwickeln – das alles kenne ich aus der Verhaltenstherapie. Grundsätzlich ist das erst mal alles nicht zu verteufeln. Es ist wichtig, dass man eine Struktur hat, dass man bestimmte Dinge plant, durchzieht und einen Haken dahinter setzt. Was in den Videos nicht vermittelt wird, ist, dass Routinen ihren Sinn haben und entlasten können.
Wie meinen Sie das?
Ich muss keine Liste schreiben, aber wenn ich eine Morgenroutine habe, muss ich nicht so viel denken. Das entlastet, das entspannt, reduziert den Stress. Was bei den Videos tatsächlich extrem ins Auge fällt, ist die puderrosa Perfektion. Darauf fliegen viele Menschen, weil es schön ist und man sich denkt: ja, genau so hätte ich es auch gerne! Und genau das ist das Problem: dieses wahnsinnig sterile, ich nenne es mal, Rundherum. Ich würde auch gerne in den Supermarkt gehen und knackig frisches Obst und Gemüse nur für mich allein präsentiert bekommen. Was diese Videos transportieren, ist im Kern eine heile Welt.
Zumindest eine gespielte heile Welt.
Genau.
Und was ist nun das Problem an den Videos?
Die Verquickung von starrer Routine, dokumentiertem Perfektionismus und dem dazu noch scheinbar perfekten Körper. Das Problem ist also der Rahmen, das Setting. Es ist völlig okay und wichtig, Routinen zu haben, sie helfen. Aber es ist genauso total in Ordnung, dass Haare und Make-up dabei nicht perfekt sind. Insbesondere bei der Nachahmung der Videos geht es nicht mehr darum, sich selbst zu managen und sich etwas Gutes zu tun. Es geht vielmehr um Präsentation.
Wie sprechen Sie mit Jugendlichen darüber?
Ich habe tatsächlich schon sehr viele Gespräche mit Jugendlichen geführt, in denen es um Authentizität ging. Da fallen oft Sätze wie: ‚Die Influencerin, der ich folge, ist authentisch. Sie ist so ehrlich.‘ Auch hier kommt wieder die zugewandte, kritische Begleitung ins Spiel, von der ich eben gesprochen habe. Das gilt übrigens auch für Konsumverhalten. Da kann man dann auch die Frage stellen: Brauche ich wirklich alles, was ich sehe?
Wie bewerten Sie an dieser Stelle die Rolle und auch die Verantwortung von Influencerinnen und Influencern?
Grundsätzlich: Influencer machen einen verdammt harten Job. Influencen ist Werbung. Und dahinter steckt deutlich mehr als eine Creme oder eine teure Duftkerze in die Kamera zu halten. Solche Videos zu produzieren, erfordert hohe Professionalität. Was die Userinnen und User nicht sehen: auch diese Menschen liegen an freien Tagen, die sehr rar gesät sind, im ausgeleierten Lieblings-Shirt und ungewaschenen Haaren auf dem Sofa. Und das ist völlig in Ordnung.
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