Die Frankfurter Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter warnt vor Islamismus. In unserem Podcast spricht sie über die jüngsten Attentate und Mohammed-Karikaturen.
FRANKFURT. Ein islamisch motivierter Terrorismus stellt für die Islamwissenschaftlerin Susanne Schröter die Spitze eines Eisbergs dar, der auf einer undemokratischen fundamental geprägten Parallelwelt fußt. Der Islam gehöre zu Deutschland. „Das bedeutet aber nicht, dass alles toll ist. Damit meine ich, auch der Terrorismus gehört zu Deutschland.“ Schröter lehrt als Professorin an der Frankfurter Goethe-Universität „Ethnologie kolonialer und postkolonialer Ordnungen“ und leitet das Forschungszentrum „Globaler Islam“.
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Im Podcast „Schröder trifft“ spricht sie über die Reaktionen auf die jüngsten islamistischen Attentate und die Debatte um Mohammed-Karikaturen. Attentäter würden in den sozialen Netzwerken gefeiert. „Die Islamvereine in Deutschland distanzieren sich halbherzig, um sich dann lang und breit zu beklagen über das Beleidigen des Propheten und seiner Religion.“
Das Beispiel des jungen Täters in Frankreich, der einen Lehrer enthauptete, zeige: „Das war kein einsamer Wolf. Eltern wurden aktiv. Ein Prediger brandmarkte den Lehrer, der Mohammed-Karikaturen im Unterricht besprechen wollte, als Feind des Islam.“ Schüler hätten dem Täter gezeigt, wo er sein Opfer finde. „Er ist auf einer großen Denunziationswelle geschwommen.“ Frankreich ist nach Einschätzung Schröters Deutschland in der negativen Entwicklung um einige Zeit voraus. Ihr französischer Kollege Bernard Roger habe dort allein 150 Kommunen identifiziert, die vollkommen in der Hand von Islamisten seien: „Die Kinder gehen nicht mehr in die Regelschule, die Frauen sind auf der Straße nicht mehr zu sehen. Da haben wir den Islamischen Staat in klein.“
Undemokratische Strukturen nicht weiter wachsen lassen
Es sei aber auch in Deutschland schwierig, überhaupt nur Begriffe wie Islamismus oder Parallelgesellschaft zu verwenden. Schnell stehe man im Verdacht, rassistisch zu sein. „Das Benennen von Problemen wird beantwortet mit persönlichen Diskreditierungen.“ Schröter und Vertreter eines liberalen und säkularen Islam beklagen, dass es an den Universitäten nahezu keine Forschung zu diesem Thema gebe. „Es geht nicht darum, dass man Muslime diskreditiert, es geht darum, dass man undemokratische Strukturen nicht weiterwachsen lässt und einem Extremismus den Boden entzieht“, meint sie.
Selbst in der beschaulichen Welt Wiesbadens hat die Forscherin 2011 bis 2014 bei Recherchen in damals 13 Moscheen und zwei sufistischen Orden Ansätze zu Parallelgesellschaften und salafistischem Denken ausgemacht. Junge Mädchen hätten von der Burka geschwärmt und davon berichtet, sie wollten aus ihren Eltern fromme Muslime machen. Oftmals seien gerade junge Muslime von Peergroups und Hasspredigten aus dem Internet beeinflusst und zur Zeit der Untersuchung auch noch von Hetzpredigern, die von Gemeinden eingeladen worden seien. „Die waren charismatisch und nicht so langweilig wie die eigenen Imame.“
Schröter sieht eine Chance für einen aufgeklärten Islam. Dieser müsse textkritisch mit den heiligen Quellen umgehen. „Wenn im Koran steht, tötet die Ungläubigen, wo immer ihr sie trefft, dann ist das aus einer bestimmten Situation auf der arabischen Halbinsel im 7. Jahrhundert entstanden.“ Wer aber glaube, allem nacheifern zu müssen, was im Koran steht, der begebe sich zwangsläufig in Konflikt mit den Prinzipien unserer Gesellschaft.
Von Stefan Schröder