Rehberg: Kohfeldts Kopfkarussell

Florian Kohfeldt. Foto: dpa

Florian Kohfeldt hat Werder Bremen durch seine Floskeln in eine unangenehme Fallhöhe gebracht. Warum diese Floskeln und Gedankenspiele gefährlich sind und was der SC...

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. Abstiegskampf. Das ist eine sehr eigene Wissenschaft im Fußball. Das hat viel zu tun mit Haltung. Umgang mit… Wie geht ein Klub/eine Mannschaft mit Niederlagenserien um? Wie geht ein Klub/eine Mannschaft mit einem überraschenden Sieg um? Wie ist der Umgang mit Rückstand auf das rettende Ufer? Wie ist der Umgang mit mal mehr, mal weniger Vorsprung vor dem rettenden Ufer? Wie gestaltet sich der Umgang mit einer sich überraschend verändernden Tabellenkonstellation?

Die Abstiegskampfkonkurrenten werden alle getrieben von der Hoffnung auf eine möglichst schnelle Erlösung. Schluss mit dem Nervendruck. Dann wird ein Wochenenderfolg gerne gedeutet als Erlösungsstartschuss. Dann wird über den Start einer Erfolgsserie fabuliert. Dann wird die nächste Spielplan-Einheit interpretiert als besondere Chance: Drei Gegner auf Augenhöhe, da können/müssen wir Punkte einfahren – und dann sind wir raus aus dem Schlamassel…

Sprüche enden im nächsten schlechten Gefühl

Die Erfahrung lehrt: Man sollte sich in dieser komplizierten Gemengelage nicht abhängig machen von Gedankenspielen, die sich mittels einer Flut von abgenutzten Floskeln mit mehr beschäftigen als mit dem nächsten Spiel. Warum? Weil jede nächste Niederlage das theoretische Wunschkonstrukt zum Einsturz bringen kann. Und damit liefert man sich ständigen Stimmungsschwankungen aus. Das macht müde.

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Werder Bremen hat sich diesem wenig konstruktiven Kopfkarussell ausgeliefert. Nach der Winterpause könne über eine Serie alles zügig geregelt werden, meinten die Sprachführer der Mannschaft Anfang Januar. Hat nicht geklappt. Nun erklärte Florian Kohfeldt vor der Heimpartie gegen Borussia Dortmund: Wenn man so viele wichtige Spiele verloren habe, dann müsse man eben mal gegen ein Spitzenteam gewinnen. Ziel: Drei Punkte. Da schuf der Trainer gegen einen haushohen Favoriten eine Fallhöhe, die bei einem - nicht gerade unwahrscheinlichen - negativem Ausgang nur in das nächste verdammt schlechte Gefühl münden konnte. 0:2. Da ist das Kurztrainingslager vor dem 0:3 in Leipzig (schlechter Zeitpunkt) schon komplett verpufft.

"Wir müssen..." hört man nie

Zehn Spiele – neun Niederlagen. Und jetzt? In den nächsten beiden Spielen gegen Eintracht Frankfurt und Hertha BSC müsse man unbedingt punkten, sagt der Werder-Coach. Und wieder ergibt sich die enorme mentale/emotionale Fallhöhe für diese komplett verunsicherte Gruppe. Die aktuell gar nicht spürt, wo der Schlüssel liegen soll für vier bis sechs Punkte aus den kommenden beiden Hochdruckspielen.

Der SC Paderborn macht das klüger. Der Tabellenletzte sieht in jedem anstehenden Spiel ausschließlich die neue Chance, die schwierige, aber nicht hoffnungslose Situation zu verbessern. Schritt für Schritt. Unabhängig vom Ergebnis davor, unabhängig vom folgenden Gegner. Da ist Comebackmoral erkennbar: 0:2 in Gladbach, 2:1 gegen die Eintracht – 1:4 gegen Leverkusen, 2:0 in Freiburg – 2:4 gegen Wolfsburg, 1:1 auf Schalke. 1:2 gegen die Hertha – und dann trieb der wehrhafte Underdog in München den FC Bayern beim 2:3 an den Rand des Verlustes von zwei Punkten. Wir müssen…, das hört man von Steffen Baumgart nie. Öffentliche Erörterungen der Tabellensituation, das hört man vom Paderborner Trainer nie. Pech gehabt? Auch kein Thema. Der sagt einfach nur: Wir haben verdient verloren – und wir machen auf unsere Art weiter!