Rehberg: Mainz 05 mit schmerzvollen Erinnerungen an Berlin

Jürgen Klopp versucht Torhüter Dimo Wache nach der 1:3-Niederlage von Mainz 05 bei Union Berlin zu trösten. Foto: Sascha Kopp

Wenn Mainz 05 am Mittwoch bei Union Berlin antritt, werden Erinnerungen wach. Erinnerungen an unwirkliche Szenen - in einem Spiel vor 18 Jahren, als der 05-Trainer noch Klopp...

Anzeige

. Bis heute weiß niemand so genau, was sich da an jenem 5. Mai 2002 aufgeschaukelt hatte. Die Spieler von Union Berlin rannten im Stadion „An der Alten Försterei“ wie um ihr Leben. Und als dann feststand, dass Union mit dem 3:1-Heimsieg am letzten Zweitliga-Spieltag dem Gegner aus Mainz den Bundesligaaufstieg vermasselt hatte ein paar Zentimeter vor der Ziellinie, da wurde gefeiert in Köpenick. Die Mainzer Spieler wurden von den Rängen herunter verhöhnt und verspottet, später auf dem Weg zum Mannschaftsbus angepöbelt, mit Bier übergossen, angespuckt.

Die unwirkliche Szenerie hatte einen Klangteppich, den jeder Mainzer, der damals dabei war, nie mehr aus dem Kopf bekommt: Nina Hagens wummernd-lärmende Vereins-Hymne „Eisern Union, immer wieder eisern Union...“ 05-Trainer Jürgen Klopp musste sich vor der ZDF-Kamera eines Weinkrampfs erwehren. Der Berliner Kollege Georgi Vasiliev, ein studierter Historiker aus Bulgarien, zeigte wenig Mitgefühl.

Ein Zeitungsartikel im „Berliner Kurier“, der Klopp unterstellte, er habe Union als „Kloppertruppe“ bezeichnet, soll die Stimmung aufgeheizt haben. Mit dem Autor habe ich kurz vor Weihnachten anlässlich einer Geburtstagsfeier in einer Berliner Kneipe zusammengesessen. Mathias Bunkus. Netter Kerl. Er hat damals eher einen Ost-West-Konflikt erkannt, Neidpotenzial, auch eine Antipathie im Osten gegen den gehypten Klopp.

An diesem Mittwoch laufen die 05er nach langer Zeit mal wieder an der Wuhlheide auf. Bundesliga. Atmosphärisches Konfliktpotenzial ist diesmal nicht auszumachen. Keine Zuschauer im Stadion. Beide Mannschaften kommen aus einer derben Niederlage. Das Thema: Abstiegskampf.

Anzeige

Union steht drei Punkte besser da. Eine weitere Niederlage, und der Aufsteiger ist unten wieder dabei. Die Mannschaft von Urs Fischer lebt von ihrer extrem pragmatischen Spielweise. Eisern Union. Robuste Defensive, Lauf- und Kampfbereitschaft, lange Schläge nach vorne, Luftduelle im Kampf um den zweiten Ball, kurze Wege in den Strafraum. Auf genau diese Art ist Fischer mit dem FC Basel 2016 und 2017 Schweizer Meister geworden. Der Vorstand trennte sich vom Erfolgstrainer. Die Spielkultur passte nicht zum Selbstverständnis des Champions-League-Klubs.

In Köpenick ist Fischer der Hauptmann. Geachtet. Gefeiert. Weil er auf eine sehr unaufgeregte Art und Weise aus überschaubarer individueller Qualität über Leidenschaft und taktische Ordnung/Disziplin sehr viel macht. Die ehemaligen 05er Neven Subotic, Yunus Malli und Sebastian Polter sind nicht unbedingt Stützen des Teams. Aber Fischer hat eine solide Auswahl. Die an guten Tagen als geschlossene Einheit mehr darstellt, als die Summe der Einzelteile. Der FC Bayern hatte zum Re-Start der Liga enorme Mühe, an der Alten Försterei mit zwei Standardtoren zu einem Arbeitssieg zu kommen.