Verkauf von deutschen Erdbeeren läuft schlecht

Für viele Bauern lohnt es sich nicht einmal mehr, die Erdbeeren zu ernten. Symbolfoto: dpa

Heimische Erdbeeren werden in diesem Jahr schlecht verkauft. Das hat viele Gründe. Einige Landwirte haben die Erdbeer-Ernte sogar gänzlich ausfallen lassen - weil sie sich...

Anzeige

BONN. Der Verkauf von Erdbeeren läuft bei vielen Bauern in Deutschland in diesem Jahr nicht rund. Hohe Kosten, überschaubare Nachfrage und niedrige Preise trüben vielfach die Geschäfte. Ausgerechnet das gute Wetter im Mai hat dazu beigetragen, wie Eva Würtenberger von der Agrarmarkt-Informations-Gesellschaft (AMI) in Bonn erläuterte. Das Angebot sei dadurch entsprechend gewachsen, viele Kunden kauften aber weniger als üblich. Die Folge: Preisverfall auf im Bundesschnitt unter fünf Euro für ein Kilo.

Zugleich seien die Kosten für die Bauern in den vergangenen Monaten gestiegen, etwa für Dünger, Pflanzenschutzmittel, Jungpflanzen oder wegen der höheren Energiepreise auch für den Transport, sagte Würtenberger der Deutschen Presse-Agentur. Für viele Produzenten sei die Situation deswegen schwierig. Ein weiteres Problem für Erdbeerbauern seien die Angebotspreise: "Die Angebote aus dem Einzelhandel sind absolut nicht kostendeckend", sagte Andreas Köhr vom Bauern- und Winzerverband Rheinland-Pfalz Süd. "Bei der Vermarktung über den Großmarkt liegen die Preise, die pro Schale geboten werden, teilweise unter einem Euro. Daher bleiben die Beeren zum Teil hängen", sagte Marie-Claire von Spee, Sprecherin des Hessischen Bauernverbandes.

Verbraucher sparen an Lebensmitteln

Die Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen hatte bereits Ende Mai darauf hingewiesen, dass einige Bauern auf die Erdbeerernte verzichteten, weil sie sich schlicht nicht mehr lohne. Die Kaufzurückhaltung ist nach Einschätzung der Landwirtschaftskammer unter anderem auf die Auswirkungen der Inflation zurückzuführen: Viele alltägliche Produkte seien teurer geworden, die Kunden verzichteten deshalb auf Lebensmittel wie Erdbeeren.

Anzeige

"Die Leute sind zögerlicher, die Abnahme ist verhalten", sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied der dpa. "Auf der anderen Seite sind unsere Erzeuger mit Dumping-Importen konfrontiert, wie zum Beispiel drei Euro für ein Kilogramm Spargel aus Italien." So könne man nicht produzieren. "Da legt man drauf. Die Folge ist, dass einzelne Betriebe Teilflächen schon vorab aus der Ernte genommen haben, weil es sich nicht rechnet."

"Die Produktionskosten sind in Deutschland deutlich höher. In Erzeugerpreisen spiegelt sich das aber nicht wider", sagte Köhr mit Blick auf den Vergleich deutscher Erdbeeren zur Importware. Günstigere Erdbeeren aus dem Ausland, vor allem aus Spanien, sind dabei die größte Konkurrenz für die deutschen Früchte.

Auch Marktbeobachtungsexpertin Würtenberger sagte, der Konkurrenzdruck durch Importware sei in diesem Jahr schon im April ungewöhnlich hoch gewesen. "In Spanien war der März eher kühl, der Saisonstart dort hat sich verzögert." Dadurch seien spanische Erdbeeren erst später als sonst in Deutschland im Angebot gewesen.

Höheres Angebot lässt Preise sinken

In den Niederlanden und Belgien habe sich die Ernte ebenfalls verzögert, weil viele Produzenten angesichts der Energiekosten ihre Gewächshäuser weniger geheizt hätten als in früheren Jahren. "Auch die Ware ist dann später auf den deutschen Markt gekommen." Schon in der Phase noch vor dem Verkauf der ersten deutschen Freilanderdbeeren sei das Angebot daher deutlich größer gewesen als sonst - auch das hat den deutschen Obstbauern das Leben schwer gemacht.

Anzeige

Unterschiede gebe es jedoch je nach Vertriebsart. Erdbeerbauern, die ihre Ware direkt an Verbraucher verkaufen, verzeichnen den Verbänden zufolge bessere Absätze. Fälle, in denen Obstbauern in Hessen oder in Rheinland-Pfalz Erdbeeren vernichtet hätten, sind den Bauernverbänden bislang nicht bekannt.

Ob ähnliche Entwicklungen bald zum Beispiel auch bei Kirschen und anderem Obst zu erwarten seien, lasse sich noch nicht absehen, sagte Würtenberger. Bei Spargel hat die AMI dagegen schon einen vergleichbaren Trend zu Zurückhaltung beim Kauf beobachtet. Spargel gilt den Experten zufolge als "verzichtbares Gemüse". Und wenn angesichts der hohen Inflation das Geld tatsächlich oder zumindest gefühlt knapp wird, halte sich der ein oder andere Verbraucher beim Einkaufen auf dem Wochenmarkt oder im Kaufhaus dann eben zurück.

Von dpa