Iran: Jetzt ist die Zeit für Gespräche

Wenn uns die Ereignisse der letzten Tage eines zeigen, dann dies: Im Nahen Osten herrscht Krieg. An einigen Stellen tobt er offen mit Grenzüberschreitungen wie Zerstörung, Leid und Tod. Anderswo schwelt er als bewaffneter Konflikt oder gewaltsame Auseinandersetzung, auch da sind die Regeln des friedlichen Miteinanders außer Kraft gesetzt. Wie immer stirbt zuerst die Wahrheit, und dann sterben Unschuldige. Aktuell kristallisiert sich all dies im Iran heraus. Dort können wir gut beobachten, wie ein Staat irreguläre Truppen – man darf sie auch Terroristen nennen – einsetzt, um nicht erklärte Kriege zu führen. Im Iran stieg eine Figur aus diesem Zwielicht zum Nationalhelden auf. Dass die Trauer um General Ghassem Soleimani Hunderttausende auf die Straßen lockte, hat den Blick darauf versperrt, dass das Mullah-Regime selbst nach 40 Jahren auf tönernen Füßen steht. Das Land ist stets dann vereint, wenn der Nationalstolz betroffen ist. Der ist nach dem Versagen der militärischen Flugabwehr beim Abschuss eines Zivilflugzeuges schwer angekratzt. Die Proteste, die jetzt ausbrachen, darf man nicht überbewerten. Einige hundert Studenten bilden keine breite Opposition. Das Regime wird dadurch nicht gleich destabilisiert, aber ihre Überreaktion zeigt die große Nervosität der Autokraten. Die Iraner spielen im Nahen Osten eine Schlüsselrolle, auch wenn uns im Westen das nicht passt. Säße ein Diplomat im Weißen Haus, würde er die momentane Schwäche der Herren in Teheran zu einem Gesprächsangebot nutzen. Aber Trump provoziert lieber. Ein Fehler.