Wir fragen in unserer Serie Wählerinnen und Wähler, was sie von der neuen Bundesregierung erwarten. Heute sagt Försterin Bhavana Kaiser ihre Meinung.
WEILMÜNSTER-LANGENBACH. Was erwarten die Menschen in der Region von der Politik? Welche Drängenden Probleme müssen aus ihrer Sicht gelöst werden? Und was muss eine Kanzlerin oder ein Kanzler überhaupt können? Das wollen wir bis zur Bundestagswahl am 26. September täglich von einer Wählerin oder einem Wähler aus der Region wissen. Heute antwortet uns Bhavana Kaiser (56) aus Weilmünster-Langenbach.
Ob beruflich als Försterin oder privat als Mutter: Wenn Bhavana Kaiser darüber nachdenkt, welches Problem die neue Bundesregierung am dringendsten bewältigen muss, kommt die 56-Jährige immer wieder auf denselben Nenner: die Klimakrise. Als Mutter sehe sie Versäumnisse in der Klimapolitik, als Försterin die direkten Folgen des Klimawandels. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass die vergangenen Dürrejahre dem Wald zu schaffen machen. Aber mittlerweile seien nicht nur Fichten, sondern stellenweise auch Buchen von der Trockenheit betroffen, berichtet Kaiser und ordnet ein: „Auch der Regen, den wir jetzt haben, reicht nicht aus, um die Dürrejahre wettzumachen.“ Für den Wald sei der Regen, lediglich „der berühmte Tropfen auf den heißen Stein“.
"Damit wir alle wirklich gut auf diesem Planeten leben können, [...], muss die Erderhitzung gelöst werden." Bhavana Kaiser, 56 Jahre alt und Försterin
„Wir müssen dafür sorgen, dass es nicht schlimmer wird“, sagt Kaiser, als sie über den Klimawandel spricht. Denn das Nicht-Handeln hätte fatale Folgen. Extreme Wetterphänomene wie Dürren, Waldbrände und Überschwemmungen würden zunehmen. „Damit wir alle wirklich gut auf diesem Planeten Leben können, nach wie vor gut zu essen und auch gutes Wasser haben, muss die Erderhitzung gelöst werden“, erklärt Kaiser. Zwar werde sie von diesen Anstrengungen wahrscheinlich nicht mehr profitieren, aber ihre Kinder und Enkelkinder.
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Doch wie soll das erreicht werden? Für Kaiser ist klar, dass der Kohleausstieg – dieser soll spätestens 2038 erfolgen – früher passieren müsse. Ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen hält sie ebenfalls für sinnvoll – auch wegen der Sicherheit. Generell sieht Kaiser im Verkehr viele Möglichkeiten, um den CO2-Ausstoß zu verringern. „Wir brauchen eine wirkliche Verkehrswende: mehr Investitionen in die Bahn und den ÖPNV“, erhofft sich die 56-Jährige von der neuen Regierung. Warum das auch dem Klima helfen könne, erklärt sie anhand der Erfahrungen ihrer Kinder.
Mit dem öffentlichen Personennahverkehr hätten diese anderthalb Stunden von Weilmünster zur Schule ins 16 Kilometer entfernte Weilburg gebraucht. „Die Schüler warten alle sehnlichst auf den Führerschein“, berichtet Kaiser. Dadurch seien mehr Autos auf der Straße, was wiederum zu mehr Emissionen führe.
Zudem gelte es, Alternativen zum Auto attraktiver zu machen. „Leitplanken sind für Radfahrer tödliche Fallen, weil man nicht mehr ausweichen kann“, meint Kaiser. Aus Angst, ihre Kinder bauen einen Unfall, habe sie ihnen etwa verboten, mit dem Fahrrad ins nahe gelegene Schwimmbad zu fahren.
Abseits vom Klimathema ist der 56-Jährigen wichtig, dass für bezahlbaren Wohnraum in den Städten gesorgt wird. „Es muss auch für Leute, die nicht studiert haben, bezahlbar sein, sodass sie würdevoll leben können“, positioniert sich die Försterin.
Im Gesundheitswesen wünscht sich Kaiser eine Reprivatisierung. Krankenhäuser, die ehemals vom Staat und nun von privaten Anbietern geführt werden, sollten laut Kaiser also wieder in die öffentliche Hand überführt werden. „Ich denke, es ist der falsche Weg, dass diese Einrichtungen Dividenden abwerfen müssen; es sollte darum gehen, dass den Menschen geholfen wird“, erklärt die zweifache Mutter. Dazu würden die Angestellten des Gesundheits- und Pflegewesens zu wenig verdienen.
Kaiser wirkt enttäuscht von den Regierungen der vergangenen 16 Jahre. In dieser Zeit sei in puncto Klimaschutz nämlich „viel zu wenig“ passiert. Darüber hinaus scheint sie von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) enttäuscht zu sein. Kaiser erhofft sich vom neuen Bundeskanzler, dass dieser „nachhaltig denken, moderieren und Menschen mitnehmen kann, Dinge anzupacken“. Sie ergänzt: „Nur moderieren reicht nicht; das hatten wir jetzt die vergangenen 16 Jahre.“
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