Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) will Gutverdienern kein Elterngeld mehr zahlen. Wer bekommt die Leistung heute und was kostet sie den Staat?
Region. Die Pläne von Familienministerin Lisa Paus (Grüne), das Elterngeld für sehr gut verdienende Mütter und Väter zu streichen, sorgen nach wie vor für rege Diskussionen. Paus will so die Sparvorgabe erfüllen, die ihrem Ressort im Haushalt 2024 von Finanzminister Lindner (FDP) auferlegt wurde. Sie nennt ihre Idee selbst „die beste unter allen schlechten Varianten“ und zeigt sich offen für Alternativen. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil brachte am Montag die Streichung des Ehegattensplittings ins Spiel, die FDP bevorzugt andere Kürzungen beim Elterngeld. Doch wer bekommt heute eigentlich Elterngeld und was kostet es den Staat?
Was ist Elterngeld?
Das 2007 eingeführte und 2013 gründlich überarbeitete Elterngeld ist keine Sozialleistung für Eltern mit geringem Einkommen, sondern ein Beitrag des Staates zur besseren Vereinbarung von Familie und Beruf. Es soll beiden Elternteilen eine zeitlich begrenzte Jobpause ermöglichen, ohne dass dies das Familieneinkommen zu stark schmälert. Mit der Koppelung der Höhe des Elterngeldes an den bisherigen Verdienst sollten insbesondere auch Gutverdiener dazu animiert werden, sich für Kinder zu entscheiden. Ein Teil des möglichen Elterngeldes wird nur ausgezahlt, wenn beide Eltern eine Auszeit fürs Kind machen. Dahinter steht das Ziel, die Familien- und Erziehungsarbeit gerechter aufzuteilen.
Wer erhält Eltergeld und wie lange?
Elterngeld wird (in voller Höhe) für bis zu 14 Monate nach der Geburt des Kindes gezahlt; nimmt nur ein Elternteil die Leistung in Anspruch, sind es maximal zwölf Monate. Allerdings kann das Elterngeld über Teilzeitmodelle zeitlich gestreckt werden (Elterngeld Plus). In der Praxis ist es immer noch so, dass der Großteil des Elterngeldes von den Müttern beansprucht wird und die meisten Väter sich auf die beiden „Vätermonate“ beschränken.
Wie hoch ist das Elterngeld?
Das hängt im Wesentlichen vom Einkommen vor der Geburt ab. Es gibt drei Varianten: Basiselterngeld, Elterngeld Plus und einen Partnerschaftsbonus. Sie können miteinander kombiniert werden. So bekommen zum Beispiel Eltern, die für eine gewisse Zeit beide in Teilzeit arbeiten, den Partnerschaftsbonus. In der Praxis ist die exakte Berechnung recht kompliziert, weil es eine Fülle von Varianten gibt. In der Regel beträgt das Elterngeld 67 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens, jedoch mindestens 300 und höchstens 1800 Euro im Monat.
Keinen Anspruch auf Elterngeld hat derzeit, wer vorher mindestens 300.000 (Paare) oder 250.000 (Alleinerziehende) Euro verdient hat. Diese Kappungsgrenze will Paus auf 150.000 Euro für Paare halbieren. Am Wochenende stellte das Ministerium klar, dass dies nur für Fälle gelten soll, die ab 2024 neu beantragt werden.
Wie viele Mütter und Väter bekommen Elterngeld und was kostet das den Staat?
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts haben 2022 bundesweit knapp 1,4 Millionen Frauen und 482.000 Männer Elterngeld bezogen. In Rheinland-Pfalz waren es 2019 laut Bundesinstitut für Bevölkerungsentwicklung 34.000 Frauen und 14.000 Männer, in Hessen 55.000 Frauen und 22.000 Männer. Bundesweit erhielten die Mütter 2022 im Schnitt 14,6 Monate Elterngeld, die Väter nur 3,6 Monate. In diesem Jahr kostet das Elterngeld laut Etatplanung den Bund rund 8,2 Milliarden Euro. Durch die Kürzung sollen 0,3 bis 0,5 Milliarden eingespart werden; betroffen wären nach Angaben des Familienministeriums rund 60.000 Familien. Ob es dazu kommt, entscheidet der Bundestag. Er müsste die Änderung des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) beschließen.
Welche Alternativen wären zur Kappung des Elterngeldes denkbar?
SPD-Chef Klingbeil brachte die Aufhebung des Ehegattensplittings ins Spiel. Es nützt vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient und kostet den Staat jährlich zweistellige Milliardenbeträge. Kritiker sehen im Ehegattensplitting ein steuerliches Überbleibsel aus der Zeit, als es in Familien oft nur einen Verdiener gab. Heute halte es faktisch Frauen vom Arbeitsmarkt fern.
Die FDP schlägt andere Kürzungen beim Elterngeld oder im Familienressort vor. Der FDP-Vizechef Johannes Vogel brachte die Möglichkeit ins Spiel, von den Paaren eine stärkere zeitliche Angleichung ihrer Elternmonate zu verlangen; andernfalls solle nur ein Partner Elterngeld erhalten. Darüber hinaus habe Paus auch bei anderen Förderprogrammen „noch ein gewisses Einsparpotenzial“. Die Ministerin bestreitet das. Kürzungen etwa beim Unterhaltsvorschuss für allein lebende Frauen, deren Partner seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, oder beim Kinderzuschlag kämen für sie nicht infrage.