Merkel fordert mehr Kontaktbeschränkungen in Corona-Krise

Angela Merkel, geschäftsführende Bundeskanzlerin, und der SPD-Kanzlerkandidat Kanzler Olaf Scholz.  Foto: dpa

Die Zahl der Corona-Toten hat die Marke von 100.000 überschritten. Der Druck auf die Ampel-Parteien ist groß. Noch-Kanzlerin Merkel äußert sich ebenfalls dazu.

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BERLIN. Die immer dramatischere Corona-Lage setzt die Ampel-Koalition zunehmend unter Druck - noch bevor die neue Bundesregierung im Amt ist. SPD, Grüne und FDP wollen nach Angaben der Grünen Anfang Dezember über schärfere Corona-Maßnahmen in Deutschland beraten. "Wir haben uns zehn Tage Zeit gegeben, um zu sehen, sind wir bei den Booster-Impfungen, sind wir bei den Schutzmaßnahmen weit genug gekommen", sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock am Mittwochabend in der ARD.

Der geplante neue Bund-Länder-Krisenstab solle die Situation täglich unter die Lupe nehmen. Nach diesen zehn Tagen werde man gemeinsam analysieren, ob weitere Maßnahmen nötig seien, so Baerbock. Bisher ist geplant, dass Bund und Länder am 9. Dezember überprüfen, ob die Maßnahmen des von den Ampel-Parteien geänderten Infektionsschutzgesetzes wirken und ausreichen. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sagte in der ARD, die auf den Weg gebrachten Maßnahmen würden wahrscheinlich nicht reichen: "Wir müssen jetzt intensiv handeln." Die bisher geplante Bewertung am 9. Dezember sei "viel zu spät".

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Merkel: Mehr Kontaktbeschränkungen

Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel hält die ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung der vierten Welle der Corona-Pandemie für unzureichend. "Wir brauchen mehr Beschränkungen von Kontakten", sagte die CDU-Politikerin am Donnerstag in Berlin. Sie wollte sich nicht hinsichtlich der aus einigen Ländern kommenden Forderung festlegen, die für den 9. Dezember geplanten weiteren Beratungen der Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung vorzuziehen. "Inwieweit neue Termine gefunden werden, das hängt auch von den Bundesländern ab. Dazu möchte ich jetzt heute nichts sagen."

Merkel machte aber deutlich, dass sie die aktuelle Entwicklung als sehr gefährlich einschätzt. Man müsse aufpassen, dass es nicht zu einer Überlastung der Krankenhäuser komme. "Hier zählt jeder Tag". Sie habe daher sehr aufmerksam gehört, dass der designierte Kanzler Olaf Scholz (SPD) einen Krisenstab einrichten wolle. "Ich habe ihm heute auch deutlich gemacht, dass wir das in dieser Übergangsphase gemeinsam bewerkstelligen können."

Sie sei "von der großen Ernsthaftigkeit der Situation überzeugt", sagte Merkel. "Die Lage ist deshalb so ernst, weil wir nach wie vor in einem exponentiellen Wachstum sind. Und weil die Fälle, die wir heute erkranken sehen, im Grunde die Intensivpatienten in 10 oder 14 Tagen sind."

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Dass Deutschland jetzt mehr als 100.000 Opfer im Zusammenhang mit der Pandemie beklagen müsse, sei "ein sehr trauriger Tag", sagte die Kanzlerin nach einem Gespräch mit Polens Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki. Leider kämen derzeit wieder jeden Tag mehr als 300 Tote dazu.

Bei der jüngsten Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin in der vergangenen Woche war vereinbart worden, am 9. Dezember wieder zu beraten. Mehrere Länderregierungschefs wie Markus Söder (Bayern/CSU) und Tobias Hans (Saarland/CDU) hatten zuletzt auf eine möglichst schnelle neue Konferenz gedrängt. Sie reagierten damit auf die starke Zunahme der Infektionszahlen.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts von Donnerstagmorgen überschritt die Zahl der binnen eines Tages übermittelten Corona-Neuinfektionen erstmals die Schwelle von 70.000 Neuinfektionen. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag bei 419,7 - ein Höchstwert seit Beginn der Pandemie. Nach der Vorstellung des Ampel-Koalitionsvertrags am Mittwoch sind nun Mitglieder und Delegierte der Parteien am Zuge. Wenn alle zugestimmt haben, kann SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden - der Termin soll in der Woche ab dem 6. Dezember liegen.

Von dpa