Neue Coronaregeln: Ärztevertreter kritisieren Lauterbach

Von Oktober bis Ostern soll eine bundesweite FFP2-Maskenpflicht im Fernverkehr, in Kliniken und Heimen gelten – die Bundesländer können diese auf andere Innenräume erweitern. Foto: dpa

Die neuen Maßnahmen seien „wenig alltagstauglich“ – Ex-CDU-Kanzlerkandidat Laschet warnt den Minister davor, die Gesellschaft mit seinen Äußerungen zu spalten.

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FRANKFURT/MAINZ. Nach den Beratungen von Bund und Ländern zum Infektionsschutzgesetz gibt es weiter teils massive Kritik an den Plänen. Ärztevertreter werfen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vor, wenig alltagstaugliche Maßnahmen beschließen zu wollen. Lauterbach hält dagegen – und wird für seine Kommunikation unter anderem vom früheren CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet kritisiert.

„Sicherer es sitzt ein Geimpfter am Tisch als ein Ungeimpfter“, so hatte Lauterbach in einem Twitterbeitrag die geplanten Coronaregeln verteidigt. Die Bundesländer können von Oktober bis Ostern eine Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen erlassen – Ausnahmen gibt es unter anderem für Menschen, deren Impfung höchstens drei Monate zurückliegt. „Wollen Sie wirklich die Gesellschaft mit solchen Sprüchen spalten“, schrieb Laschet ebenfalls auf Twitter in Richtung Lauterbach: „Wenn Menschen Empfehlungen der Wissenschaft und der Stiko folgen, haben sie diesen Ton nicht verdient.“ Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat den Vorschlag der beiden Minister für ein geändertes Infektionsschutzgesetz und die neuen Corona-Regeln derweil als „wenig alltagstauglich“ bezeichnet. Wie solle überprüft werden, dass Menschen vor weniger als drei Monaten geimpft wurden, fragte er im SWR. Zudem fehlten klare Kriterien, anhand derer eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems festgestellt werden soll. Den Verzicht auf Lockdowns und Schulschließungen bezeichnete er dagegen als „sehr weise Entscheidung“. Schließlich hätten vor allem die Kinder und Jugendlichen am stärksten unter den Maßnahmen gelitten. Ein Lockdown ist freilich auch nach den neuen Gesetzesplänen nicht ausgeschlossen – wenn der Bundestag erneut eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ feststellen sollte, sind weiterhin sehr harte Maßnahmen möglich.

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Die Kassenärztliche Vereinigung in Hessen (KVH) sieht die in der Gesetzesnovelle vorgesehenen Regeln, „insbesondere die Einführung einer Impfpflicht durch die Hintertür, mit großer Sorge“, sagte der KVH-Vorstandsvorsitzende Frank Dastych am Mittwoch in Frankfurt. Wie die aktuelle Coronainfektion des Gesundheitsministers beweise, schütze auch eine vierte oder weitere Impfung nicht vor einer Infektion. Damit seien die im Entwurf geplanten Maßnahmen „quasi ad absurdum geführt“. Anstatt in der Debatte um weitere Impfungen die Ständige Impfkommission „aus politischen Gründen weiter zu demontieren“, solle man dem Gremium „gerade mit Blick auf einen möglicherweise schwierigen Herbst Vertrauen schenken“, sagte Dastych.

Durchseuchung keine Option

Lauterbach wiederum sagte, dass mit der Möglichkeit der Ausnahme von der Maskenpflicht keineswegs eine Empfehlung für eine Auffrischung der Impfung alle drei Monate zu verstehen sei. Das sei abwegig und wäre auch „medizinisch unsinnig“, sagte er am Dienstag in den ARD-„Tagesthemen“. Im Gesetzesentwurf ist allerdings die Dreimonatsfrist ausdrücklich erwähnt. Hinter der Kritik an dem Entwurf vermutet er den Wunsch einiger nach der Rückkehr zu Vor-Corona-Zeiten, sagte er im ZDF-„heute journal“. Viele wollten einfach so weiterleben wie vorher – so, als wäre Corona zu Ende, damit der Herbst einfach sein könne. Eine Durchseuchung der Gesellschaft sei aber keine Option für die Bundesregierung, weil dies zu viele Todesfälle bedeuten würde, sagte er.

Zur Frage nach der künftigen Kontrolle des Impfstatus sagte Lauterbach, geplant sei, dass die Corona-Warn-App in den ersten drei Monaten nach der Impfung eine andere Status-Farbe habe. „Sodass beim Reingehen jeder sofort sieht: Aha, das ist ein frisches Zertifikat.“ Gaststätten hätten mit den Kontrollen bereits Erfahrung, 2G-plus etwa sei komplizierter gewesen.