Der Mainzer Sozialmediziner sowie die Kapitänin und Flüchtlingshelferin sollen aussichtsreiche Listenplätze bekommen. Bundesweit bekannt wurde Trabert als Steinmeier-Gegenkandidat.
Mainz/Berlin. Die Parteiführung der Linke nominiert die Kapitänin und Flüchtlingshelferin Carola Rackete sowie den Mainzer Sozialmediziner Gerhard Trabert auf aussichtsreichen Listenplätzen für die Europawahl 2024. Rackete soll auf Platz 2 hinter Parteichef Martin Schirdewan kandidieren, der derzeit Fraktionschef der Linken im Europaparlament ist. Trabert, ebenso wie Rackete parteilos, geht auf Platz vier ins Rennen, hinter Özlem Demirel auf Platz 3. Das teilte Parteichefin Janine Wissler am Montagmittag mit.
Derzeit hat die Linke im Parlament fünf Sitze. Bei der Wahl 2019 erreichte sie 5,5 Prozent und liegt derzeit in bundesweiten Umfragen bei um die fünf Prozent. Da es bei Europawahlen anders als bei Bundes- oder Landtagswahlen hierzulande noch keine Prozenthürde gibt, gilt bei derartigen Spitzenplätzen ein Einzug ins Parlament als sehr wahrscheinlich.
Trabert kandidiert erneut für die Linke
Die Kapitänin Rackete (35) wurde 2019 international bekannt, als sie mit aus Seenot geretteten Flüchtlingen auf dem Schiff „Sea Watch“ trotz eines Verbots der italienischen Behörden die Insel Lampedusa anlief. Es folgte ein Strafverfahren, das 2021 aber eingestellt wurde. Sie ist auch Unterstützerin der Klimagruppe Extinction Rebellion und sieht sich selbst vorrangig als Ökologin. Sie bezeichnete die Klimakrise als „Ergebnis kapitalistischer Misswirtschaft und Ausbeutung“ und als größte Gerechtigkeitskrise der Welt. Sie sieht ihre Kandidatur für den Linken-Landesverband Sachsen nach eigenen Worten als Chance, die sozialen und ökologischen Bewegungen im Europaparlament zu verankern. Sie wolle aber parteilos bleiben, kündigte sie an.
Trabert, der sich seit vielen Jahren unter anderem für Wohnungslose und Flüchtlinge engagiert, wurde 2022 bundesweit bekannt durch seine Kandidatur bei der Bundespräsidentenwahl gegen Frank-Walter Steinmeier (SPD). Der 67-jährige Trabert, Gründer und Vorsitzender des Vereins „Armut und Gesundheit in Deutschland“, holte 96 Stimmen und damit 25 mehr, als die Linke Vertreter hatte. Auch bei der vergangenen Bundestagswahl 2021 war er als parteiloser Kandidat für die Linke in Mainz angetreten. Mit 12,4 Prozent holte er das beste Erststimmenergebnis für die Partei in Westdeutschland. Neben seinem Engagement in Mainz und anderen Orten im Rhein-Main-Gebiet lehrt Trabert an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden.
„Ich bin wieder da“, so begann Trabert sein Statement bei der Pressekonferenz am Montag. Seit seiner Kandidatur gegen Steinmeier sei „nichts besser geworden, sondern vieles schlechter“. Armutsbekämpfung und soziale Ungerechtigkeit sei ein zentrales Problem in der EU. Jedes vierte Kind, insgesamt fast 80 Millionen Menschen in der Union seien von Armut betroffen. Dabei gebe es ein Gefälle zwischen dem Norden und dem Osten Europas, deshalb kämen sehr viele dieser Menschen nach Deutschland. „Die EU muss die Armut in Europa angehen, und das tut sie zu wenig.“
Die Linke-Parteichefs Wissler und Schirdewan sind wegen schlechter Wahlergebnisse und Umfragewerte der Linken und wegen des Dauerstreits mit der früheren Fraktionschefin Sahra Wagenknecht unter Druck. Mit dem Vorschlag grenzt sich die Parteispitze klar von Wagenknecht ab, die sich für eine striktere Migrationspolitik ausspricht. Auch aus diesem Grund ist bei der endgültigen Abstimmung über die Liste mit prominenten Gegenkandidaten zu rechnen. Offiziell wird die Liste für die Europawahl erst bei einem Linken-Parteitag in Augsburg Mitte November erstellt.