Der deutsch-türkische Moscheenverband Ditib ist derzeit Partner des Landes Hessen in der Gestaltung des islamischen Religionsunterrichts. Diese Partnerschaft steht jetzt in Frage.
WIESBADEN. Bleibt der deutsch-türkische Moscheenverband Ditib Partner des Landes bei der Gestaltung des islamischen Religionsunterrichts? Der Fall ist heikel. Denn Ditib galt bislang als verlängerter Arm Ankaras. Weshalb Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) dem Landesverband die Auflage gemacht hatte, bis Ende vergangenen Jahres mehrere Nachweise zu liefern, um seine Unabhängigkeit nachzuweisen. Doch bislang hat der Verband nur einen Teil geliefert und will erst in den kommenden Tagen nachlegen. Ob das reichen wird? Das wird im Januar endgültig entschieden, so ein Sprecher des Kultusministeriums auf Anfrage dieser Zeitung.
In einem wesentlichen Punkt ist Ditib der Forderung des Ministers nachgekommen. Der Landesverband hat seine erst vor drei Jahren geänderte Satzung revidiert, die den Einfluss des Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten der Republik Türkei (Diyanet) zementiert hatte. Mit der revidierten Satzung versichert der Vorsitzende des Ditib Landesverbandes Salih Özkan, habe man jetzt „die nötigen und verlangten Strukturen bezüglich der Selbstständigkeit des Verbandes ausreichend dokumentiert“.
Chronische Geldnot in hessischen Ditib-Moscheen
Die neue Eigenständigkeit soll schon mit dem Namen deutlich werden. Denn der Landesverband will sich nunmehr „Islamische Religionsgemeinschaft Ditib Hessen“ nennen. Abgeschafft ist auch die Stelle des sogenannten Landeskoordinators, über die Ankara Einfluss auf das Geschehen im Landesverband nehmen konnte. Stattdessen soll dort nun ein Geschäftsführer arbeiten – auch um die Arbeit zu professionalisieren, was eine weitere Auflage des Ministers ist.
Das klingt einerseits nicht schlecht. Andererseits wird Ankara weiterhin Imame an hessische Ditib-Moscheen entsenden und bezahlen. Denn die leiden unter chronischer Geldnot, finanzieren sich aus freiwilligen Mitgliedsbeiträgen und Spenden, die nicht von allen Moscheebesuchern bezahlt werden. Gleichwohl hält Özkan eine Moscheensteuer, um in Deutschland ausgebildete Imame eigenständig zu finanzieren, für „nicht hilfreich“.
Mitglieder-Registrierung wird vorangetrieben
Und: Obwohl die von Lorz gesetzte Frist bereits abgelaufen ist, liegt dem Kultusministerium immer noch nicht das geforderte Mitgliederverzeichnis des Moscheenverbandes vor. Das hätte es bereits geben sollen, als Hessen 2012 – damals noch initiiert von Kultusministerin Nicola Beer (FDP) – Ditib zum Partner für islamischen Religionsunterricht gemacht hatte. Denn dieser Unterricht sollte vorrangig für jene Schüler sein, deren Eltern sich zu Ditib bekennen. Ohne Mitglieds-Register aber stand der Verdacht im Raum, der Verband wolle sich zum Repräsentanten aller Moslems im Land aufschwingen – auch jener, die mit Ditib nichts am Hut haben.
Die Registrierung der Mitglieder sei nun verstärkt wieder aufgenommen worden, sagt Özkan. Dem Ministerium werde eine aktualisierte Fassung in den nächsten Tagen zugestellt. Dann werde man auch auf einen Brief, den Kultusminister Lorz schon vor einem Jahr geschickt hatte, reagiert haben. Der Vorsitzende des Landesverbandes ist sich jedenfalls sicher: „Die Auflagen des Kultusministers werden alle erfüllt“.
Entscheidung hat juristische Dimension
Im Ministerium ist man sich da noch nicht so sicher: „Außer der Satzungsänderung ist bei uns nichts eingegangen“. Möglich, dass das Mitglieder-Register nachgereicht wird. Vielleicht aber auch nicht. Die Landesregierung jedenfalls will, wenn sie sich für oder gegen eine Fortführung der Partnerschaft mit der „Islamischen Religionsgemeinschaft Ditib Hessen“ entscheidet, auf sicherem Boden wähnen. Denn die Entscheidung hat nicht nur eine politische Dimension, weil 3.500 Schulkinder und 90 Lehrkräfte betroffen sind. Sie hat auch eine juristische Dimension: Der Landesverband könnte gegen eine Beendigung der Kooperation juristisch vorgehen.
CDU und Grüne haben sich in ihrem Koalitionsvertrag jedenfalls schon mal für den Fall der Fälle auf eine Sprachregelung verständigt. „Wir bekennen uns zum bekenntnisorientierten Religionsunterricht an den Schulen und wollen daher auch weiterhin ein religiöses Angebot für Schüler muslimischen Glaubens anbieten“, heißt es dort. Man akzeptiere aber keine Kooperationspartner, „die keine Gewähr dafür bieten, dass der Unterricht unserer verfassungsrechtlichen Ordnung entspricht“. Auch hat das Ministerium schon einen Plan B ausgearbeitet: eine Alternative für islamischen Religionsunterricht ohne Ditib.
Von Christoph Cuntz